Düsseldorf Der Goldschmied malt jetzt Kriegsbilder

Düsseldorf · Georg Hornemann stellt in der Galerie Hölz sein bildnerisches Werk aus. Als Lehrmeister nennt er Markus Lüpertz.

 Georg Hornemann in der Galerie Hölz inmitten seiner Arbeit zum Thema Krieg.

Georg Hornemann in der Galerie Hölz inmitten seiner Arbeit zum Thema Krieg.

Foto: Andreas endermann

"Ich stelle mich", sagt Georg Hornemann, einer von Deutschlands bedeutendsten Goldschmieden mit internationaler Strahlkraft, der jetzt erstmals Malerei und Skulpturen in einer Galerie zeigt. Und wenn er das sagt, dann meint er, er stellt sich der Welt, registriert und verarbeitet den Terror und die Glaubenskriege. Er setzt sich mit der Realität auseinander, mit den Nachrichten, die er sich oft nicht mehr anhören und ansehen möchte. "Wir sind wieder im tiefsten Mittelalter angekommen!"

Der Meister des erlesenen Juwelenschmuckes begibt sich auf ein unerwartet rohes, abgründiges Gebiet. Ein brillanter, vielfach ausgezeichneter Handwerker ist er, der diese Nebenarbeiten bislang unter Ausschluss der Öffentlichkeit schuf und selten zeigte: Geschundene Tiere in millimeterfeiner Ausführung und Totenköpfe mit Brillanten gibt es in Hornemanns Privatarchiven, Diktatoren mit Rollatoren, die an Pershingraketen rumspielen, und andere gruselige Gestalten.

Markus Lüpertz war es, der seinen Freund Hornemann zur Ausstellung ermunterte. Und zum Malen auch. Das ist schon 25 Jahre her. Über Jahre hat der Goldschmied dem berühmten Maler und ehemaligen Akademierektor über die Schulter geschaut. Er ließ sich Techniken erklären, anleiten, inspirieren. Auch vom philosophischen Diskurs mit dem Universalisten Lüpertz profitierte der Handwerker Hornemann, der als Sohn eines Ingenieurs schon früh lernte zu schweißen. "Als kleiner Junge vermochte ich schon fast alles herzustellen, was sich ein Konstrukteur im Kopf ausdenken mag."

Irgendwann entschied sich Hornemann für den zweiten Weg neben seinem professionellen Metier. Er beschloss, Maler zu werden, machte sich mit großem Ernst an die Arbeit, kaufte Leinwände und Acrylfarben, Paletten und Pinsel. Neben dem klassischen Tafelbild baute er auch Wandreliefs und freischwebende Skulpturen, die er zuvor im metallischen Modell entwarf, um sie auf Standfestigkeit und Raumbezüge zu überprüfen.

"Malerei befreit mich von vielen schweren Dingen im Kopf", erzählt Hornemann, "sie hilft mir auch dabei, die Dinge, die hinter mir liegen, zu vergessen und auf den nächsten Tag zu schauen." Ein bekennender Tagträumer ist er, einer, der sich morgens zwei Stunden Zeit lässt, ehe er die Wohnung verlässt. In dieser Zeit hört er Musik und liest. "Ich bin ein Mensch, der gerne in die Wolken guckt", sagt er, "der dem Tag das Gute und Schöne abzuringen versucht."

Gefühlig sei er, und aus dieser Bewegtheit des Herzens und Kopfes heraus finde er seine Themen. Themen, die ihn bedrängen. In einem Buch über Afrika hat er ein Bild von Kindern in Flüchtlingsdörfern gefunden. Eines der Kinder spielte mit einem aus Holzlatten zusammengeschusterten Fahrrad. Dieses Gefährt sowie das Gefühl, das er bei der Situation des improvisierten Spielplatzes empfand, hat Hornemann nun nachgebaut und in seiner vielteiligen Installation zum Krieg verarbeitet. Vor dem Fahrrädchen aus Holz steht eine Kalaschnikow (entschärft), darüber hängt eine weiße herabstürzende Taube aus Acrylglas, eingesperrt in ein Moniereisen. Links und rechts flankieren zwei Raketen das Ensemble, im Hintergrund und an beiden Seiten schwarz-rote Bilder. Gemalte Feuerbilder sind es, das Rot ist die brennende Erde, im schwarzen Himmel spielen sich die Kampf- und Jagdszenen ab. Nur selten verleiht er Titel, doch diese Arbeit möchte er mit "Krieg - Frieden" überschreiben.

In der Galerie tönt dieses Ensemble den Raum, findet in der zweiten Hälfte noch eine dramaturgische Ergänzung. Filigrane, Giacometti nachempfundene kleine Menschenskulpturen sind in einiger Distanz aufgebaut. "Es sind die Menschen, die regungslos, mit offenen Mündern, womöglich auch traumatisiert, zuschauen, was passiert", sagt Hornemann. Dass er sie aus Silber und Bronze schuf, weist auf ihren Rang, ihre Erlesenheit und Einzigartigkeit hin. "Der Mensch hat alles in der Hand, aber er sieht nur zu." Zwei aufragende Wächter hat er intuitiv noch dazugestellt - ein beredtes Ensemble geschaffen.

Das malerische Werk, das Hornemann bei Hölz vorstellt, ist vielseitig und vielfältig, man spürt in vielen Bildern die Suche des spätberufenen Malers nach seinem eigenen Stil. Unverkennbar der Einfluss der Künstler, die ihm lebenslang viel bedeuteten: der Ungar Victor Vasarely, der Spiegelkünstler Adolf Luther, Willem de Kooning und Jackson Pollock - nicht zu vergessen die Düsseldorfer Zero-Gruppe, die er, jeden für sich genommen, bewundert. Hommagen sind es manchmal an diese Stars, die dennoch eigenständig genug sind.

Auch Markus Lüpertz klingt an. Obwohl Hornemann das nicht wissen will, erinnert doch sein dunkel gehaltenes Bildnis der Anna Boleyn an den Meister. Schwarz und Gold hat Hornemann eingearbeitet auf der Leinwand, herausgemalt, wieder drauf getupft. Ganz leicht und freudig erregt hingegen wirken die ersten Bilder, auf denen er Farbe in der breiten Skala lustvoll aufgebracht hat. Der Künstler sieht Tiere in diesen abstrakten Sprengseln. Wer sucht, wird sie entdecken.

Deutlicher sind Tiere - auch ein Markenzeichen des Goldschmiedes in seinem Schmuck - in einem seiner jüngsten Bilder zu erkennen, auf dem er sie assoziativ zusammengebracht hat: Echsenköpfe, Fabelwesen, Adler, Krokodile. "Plötzlich war dieses Bild da", sagt er. Dabei lacht er und weist auf die Augentiefe hin. "Die Tiere sind tot, denn die Menschen vernichten die Tiere." Auf dem Bild, das vielleicht sein bestes ist, holt er alle Tiere zurück. Er würde wohl gerne die Welt retten.

(RP)
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