Labelchef der umstrittenen Hiphopper Farid Bang und Kollegah Der Mann hinter „Jung, brutal, gutaussehend“

Düsseldorf · Elvir Omerbegovic bekommt derzeit viel Besuch. Alle großen Medien haben sich in seinem Büro in der Innenstadt angemeldet, Musikkonzerne wollen über eine Zusammenarbeit mit seinem Label "Selfmade Records" sprechen. Omerbegovic ist der Mann hinter dem Album, das gerade in Deutschland mehr Aufsehen erregt als jedes andere

Elvir Omerbegovic in seinem Büro. Der Labelchef war früher Basketballprofi — und hat einen Master in Politischer Kommunikation.

Elvir Omerbegovic in seinem Büro. Der Labelchef war früher Basketballprofi — und hat einen Master in Politischer Kommunikation.

Foto: Andreas Bretz

Es heißt "Jung, brutal, gutaussehend 2" und bricht Verkaufsrekorde. Mit mehr als 80 000 abgesetzten Einheiten in der ersten Woche landete das Werk der Hiphopper Farid Bang und Kollegah auf Platz eins der Charts — kein anderes Hiphop-Album hat sich direkt nach dem Erscheinen besser verkauft. Bei Facebook haben die Rapper 1,6 Millionen Anhänger, bei Youtube doppelt so viele Abonnenten wie Xavier Naidoo. Auf den Schulhöfen kennt man Songs wie "Bossmodus", "Stiernackenkommando" oder "Kriminell & breit gebaut".

Die Platte hat diesen Erfolg, obwohl die Radiosender die Lieder nicht spielen. Denn "Jung, brutal, gutaussehend 2" ist ein brutales Album, das man durchaus ziemlich schlecht finden kann. Die Sänger sind zwei muskelbepackte Jungs mit raspelkurzen Haaren. Farid Bang und Kollegah erzählen aus der Welt der harten Kerle, in der ein mit Steroiden vergrößerter Bizeps, coole Freunde und richtige Kleidung wichtig sind. Frauen nimmt man sich, wenn man sie haben will, Feinde beleidigt man und schießt, wenn es sein muss. Auf der Platte gibt es zwei Gruppen von Menschen: Helden und Opfer. Der Vorgänger, Teil eins, steht auf dem Index für jugendgefährdende Medien.

Wie ernst sind die Texte gemeint? Omerbegovic, 33 Jahre, muss grinsen, denn er hat diese Frage schon so oft gehört. Er selbst jedenfalls entspricht dem Klischee vom harten Jungen von der Straße nicht. Omerbegovic trägt zwar bei der Arbeit in seinem Büro den hiphopüblichen Trainingsanzug und ist gut trainiert, aber ein ruhiger, freundlicher Typ mit gewählter Ausdrucksweise, kein Sprücheklopfer. An die Wand seines Raums hat er die CDs gehängt, die er herausgebracht hat. Es sind ziemlich viele. Sechs sind in den Top Ten gelandet. An einer anderen Wand hängen seine Diplome: ein Bachelor in Sozialwissenschaften und ein Master in Politischer Kommunikation. Omerbegovic hat an der Heine-Uni studiert.

Den Vorwurf, die Erfolgsplatte sei frauenfeindlich und gewaltverherrlichend, will er nicht gelten lassen. In den Texten stecke natürlich viel Testosteron, es sei eben harter Battle-Rap, meint er. Man solle sie aber nicht ernst nehmen, vieles sei Ironie: Die Geschichten seien ausgedacht, mit dem echten Düsseldorf hätten sie schon gar nichts zu tun, auch wenn es dort sicher auch Kriminalität gibt. "Das sind fiktive Macho-Figuren." Die Hörer würden das verstehen. Das seien keine Dummköpfe, sondern eher Leute mit Bildungshintergrund, solche, die als Kind die Hörspiele von TKKG gehört haben. "Das ist nur Entertainment."
Und zwar gutes, findet er. Schon mehrere Germanistik-Abschlussarbeite hätten sich damit beschäftigt, wie Kollegah achtsilbige Reime in Reimketten rappt. In der ProSieben-Sendung "Galileo" hat er kürzlich den Weltrekord im Schnellrappen gebrochen. Und wenn Kollegah nicht rappt, heißt er Felix Blume und studiert Jura in Mainz.

Ob die jugendlichen Hörer die Ironie in den Texten wirklich verstehen? Ist "Jung, brutal, gutaussehend 2" wirklich gute Unterhaltung? Omerbegovic geht jedenfalls davon aus. Am liebsten redet der Labelchef aber ohnehin davon, wie er seine Künstler an die Spitze der Charts gebracht hat. Das ist der Job des gebürtigen Mettmanners, der mal Basketballprofi war. Als Spitzensportler habe er gelernt, strukturiert zu denken, sagt er.

Der Erfolg von "Jung, brutal, gutaussehend 2" wird in der Branche auch deshalb genau beobachtet, weil die Vermarktung fast nur über das Internet lief — das gilt als Zukunftsmodell. Vor allem die Videos bei Youtube, die Omerbegovics Mitarbeiter hochladen, haben die Rapper bekannt gemacht. Über die sozialen Netzwerke wurde das Interesse an dem Album angefacht. Deshalb schoss die Platte direkt nach oben — für einen Erfolg braucht man heute kein Radio und kein Fernsehen mehr. Dass zur Werbung auch ein paar Plakate aufgehängt wurden, war Nebensache.

Elvir Omerbegovic plant schon die nächsten Veröffentlichungen. Der Labelchef, der selbst gern die sanfte Sängerin Tori Amos hört, will bald wieder in die Charts. Und er ist gespannt, was die ganzen Besucher ihm anbieten werden, die ihn in seinem kleinen Büro aufsuchen wollen.

(top/ila)
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