Düsseldorf Der schwierige Kampf gegen den Bahnlärm

Düsseldorf · Der Stadtrat fordert ein Tempolimit von 60 Stundenkilometern für die Güterstrecke Rath-Eller. Das soll die Deutsche Bahn unter Druck setzen, mehr für den Lärmschutz zu tun. Nur: Für das Limit gibt es keine gesetzliche Grundlage. Das weiß auch das Unternehmen. Eine Analyse.

 Mehr als 60 000 Düsseldorfer sind betroffen vom Lärm der Güterstrecke zwischen Rath und Eller.

Mehr als 60 000 Düsseldorfer sind betroffen vom Lärm der Güterstrecke zwischen Rath und Eller.

Foto: Andreas Endermann

Die Idee klingt so vielversprechend: Bis die Bahn dafür gesorgt hat, dass die Güterzüge auf der Strecke durch Düsseldorf leiser fahren, gilt auf dem Abschnitt ein Tempolimit von nur 60 Stundenkilometern. Mit Unterstützung aller Fraktionen hat sich der Stadtrat in der vergangenen Woche für diese Strafmaßnahme ausgesprochen. Sie soll Druck auf das Unternehmen machen, mehr Geld in den Lärmschutz zu investieren. Denn die Politiker wissen: Nichts fürchtet der Logistikkonzern so sehr wie Züge im Bummeltempo.

Die Politiker wissen aber auch: Das Tempolimit wird wahrscheinlich nicht in Kraft treten. Die Stadtverwaltung wird der Bahn den Beschluss zukommen lassen - und die wird auf die Gesetzeslage verweisen. Im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) heißt es in Paragraf 14, dass Eisenbahnunternehmen ihr Schienennetz "diskriminierungsfrei" nutzen können müssen. Das bedeutet: Eine Kommune darf nicht einfach eine Höchstgeschwindigkeit oder ein Nachtfahrverbot erlassen. Wie schnell die Züge fahren dürfen, wird allein nach den technischen Gegebenheiten auf der jeweiligen Strecke festgelegt.

Auch dass der Gesetzgeber in absehbarer Zeit doch Tempolimits als Druckmittel zulässt, gilt als unwahrscheinlich. Trotzdem, so meinen die Düsseldorfer Kommunalpolitiker von Union bis Grüne einhellig, ist die Forderung nach einem Tempolimit nicht sinnlos. Denn im Streit um den Bahnlärm geht es derzeit für Düsseldorf wie für andere Kommunen vor allem darum, auf allen Ebenen Alarm zu schlagen - und dadurch die Bahn und den Bund dazu zu bringen, das Thema Lärmschutz entschiedener anzugehen und deutlich mehr Geld für leisere Waggons, dämpfende Gleisbetten und Lärmschutzwände freizugeben.

Das würde einem großen Teil der Düsseldorfer helfen. Mehr als 60 000 Anwohner sind vom Lärm durch die Güterstrecke betroffen. Und der nimmt massiv zu: Die Strecke Rath-Eller gehört zum Korridor vom niederländischen Rotterdam bis zum italienschen Genua, die zu einer der wichtigsten Güterachsen des Landes ausgebaut wird. Die Zahl der Züge soll sich deshalb verdoppeln, zudem - so berichten Anwohner - hat sich die Geschwindigkeit der Züge bereits erhöht, was zu mehr Lärm führt.

Dass mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden soll, ist dabei auch in Düsseldorf politisch unstrittig. Die Diskussion kreist um die Frage, wie schnell und wie stark deshalb der Lärmschutz verbessert werden muss. Die Städte argumentieren damit, dass durch die Verdoppelung des Verkehrs kein sogenannter Bestandsschutz für die Strecken mehr besteht. Das bedeutet: Die Vorgaben für den Lärmschutz müssen ihrer Ansicht nach so streng gefasst werden wie bei der Genehmigung einer neuen Strecke. Bislang ist das nicht so. Deshalb kann sich die Bahn mit der Sanierung der Strecken Zeit lassen. Das Unternehmen argumentiert mit den hohen Kosten: Allein die Erneuerung der 60 000 Güterwaggons der Bahn würde Hunderte Millionen verschlingen.

Hoffnung auf schnelle Besserung können weder die Ratsmitglieder noch die Stadtspitze, die sich ebenfalls für das Thema engagiert, den betroffenen Anwohnern machen. Möglicherweise helfen Appelle wie der des Düsseldorfer Stadtrats, mehr Bewegung in die Angelegenheit zu bringen. Wie die Bahn die Forderung nach einem Tempolimit bewertet, ist allerdings unklar. Ein Sprecher wollte dazu auf Anfrage nichts sagen.

(RP)
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