Düsseldorf Der Stadtrat ist zu männlich

Düsseldorf · Der Wähler bestimmt, wer ihn im Plenum des Rathauses vertreten soll. Der Düsseldorfer Soziologe Uwe Marquardt hat die Zusammensetzung im Detail untersucht. Sein Fazit: Die Struktur der Stadt spiegelt sich im Rat kaum wider.

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Foto: dpa

Ein Parteibuch hat Uwe Marquardt nicht, die Politik ist aber sein Hobby. Das liegt nicht nur daran, dass er 34 Jahre als Referatsleiter im NRW-Wissenschaftsministerium gearbeitet hat, sondern an seiner universitären Prägung: Marquardt ist Diplom-Sozialwissenschaftler und Sprecher des Berufsverbands deutscher Soziologinnen und Soziologen. Der Mikrokosmos Kommunalpolitik ist da ein gutes Forschungsfeld.

Detailliert unterzog der 69-Jährige den Düsseldorfer Stadtrat einer Analyse. Sein Fazit: "Die Parteien haben ein Problem, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu repräsentieren." Die Struktur der Einwohnerschaft Düsseldorfs spiegelt sich in der Zusammensetzung des Stadtrats kaum wider.

Männer-Frauen-Anteil Bei den Einwohnern Düsseldorfs haben Frauen mit 52 Prozent die klare Mehrheit. Nicht so im Düsseldorfer Rathaus: Gerade mal 27 der 82 Ratsleute sind Frauen - das entspricht einem Anteil von 33 Prozent, drei Punkte weniger als im alten Stadtrat. Der Oberbürgermeister, der dem Rat angehört und ihn leitet, macht das nicht wett: Der zum neuen OB gewählte Sozialdemokrat Thomas Geisel ist ebenfalls ein Mann. Besonders die CDU sorgt als größte Fraktion für einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Männern: Nur sechs ihrer 31 Mitglieder sind Frauen. Parteiübergreifend, auch das hat Marquardt recherchiert, gilt, dass die Ratsherren meist auch Mitglied der "Düsseldorfer Jonges" sind. "Müssen sich auch Frauen besser organisieren?", fragt der Soziologe deshalb.

Altersgruppen Das jüngste Ratsmitglied ist mit 27 Jahren Paula Elsholz (Grüne), das älteste mit 75 Jahren Annelies Böcker (CDU) - dazwischen sind alle Altersgruppen vertreten, jedoch unterschiedlich stark und nicht der Verteilung in der Gesamtbevölkerung entsprechend. Der Wert der stärksten Bevölkerungsgruppe, den 30- bis 49-Jährigen (32 %), ist im Rat zwar mit 32 Prozent ähnlich hoch. Weitaus stärker sind aber mit 55 Prozent die 50- bis 64-Jährigen vertreten. Auch Geisel gehört mit 50 Jahren zu dieser Gruppe. Im wahren Düsseldorfer Leben bilden die 50- bis 64-Jährigen nur einen Anteil von 18 Prozent. Bei den Senioren über 65 weist die Statistik in der Bevölkerung einen Wert von 19 Prozent aus, im Stadtrat sind es gerade mal acht von 82 Mitgliedern (rd. 10 %). Das Durchschnittsalter liegt bei der Linken mit 67,5 Jahren am höchsten, gefolgt von FDP (47,5 Jahre), CDU (53), Grünen (51,5), SPD (50) und den übrigen sechs Ratsmitgliedern (46,5 Jahre).

Geburtsort Von den 82 Ratsmitgliedern sind 56 Prozent in Düsseldorf geboren. Der gewählte OB bildet da eine Ausnahme - Geisel ist gebürtiger Schwabe und liegt damit voll im Düsseldorfer Trend: Denn nur 37 Prozent aller Bürger mit Hauptwohnsitz Düsseldorf sind hier auch geboren. Eine klare Minderheit. Jeder dritte Düsseldorfer hat einen Migrationshintergrund - bei den Ratsmitgliedern liegt der Anteil nur bei rund zehn Prozent.

Berufe/ Ausbildung Die meisten Ratsmitglieder haben studiert und gehen kaufmännischen Berufen nach (28 Prozent) - was laut Marquardt für eine wirtschaftsstarke Stadt nicht ungewöhnlich ist. Lehrer (12 Ratsleute) und Juristen (11 plus OB Geisel) sind der Bevölkerung entsprechend gut repräsentiert; Mitarbeiter öffentlicher Verwaltung sind mit 20 Prozent überrepräsentiert, die Branchen Handel (9 %) und produzierendes Gewerbe (4 %) sind laut Marquardt extrem unter dem Stadt-Schnitt vertreten.

Typisch/untypisch Das typische Ratsmitglied gehört laut dem Soziologen der stärksten Fraktion an, ist männlich, zwischen 50 und 64 Jahre alt, hat studiert, arbeitet in der Privatwirtschaft und ist in der katholischen Kirche aktiv: Dem entspreche am besten CDU-Ratsherr Andreas Hartnigk (50), Rechtsanwalt. Das Gegenprofil erfüllt am besten Chomicha El Fassi (31) von den Freien Wählern, Betriebsratschefin und in Marokko geboren.

(RP)
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