Akio Ando Der Thunfisch-König von Düsseldorf

Düsseldorf · Akio Ando war Friedensaktivist und Bergmann. Und er brachte die Deutschen auf den Geschmack von rohem Fisch mit saurem Reis.

Akio Ando ist 74 Jahre alt und steht noch immer hinter der Theke seines Restaurants in den Schadow Arkaden.

Akio Ando ist 74 Jahre alt und steht noch immer hinter der Theke seines Restaurants in den Schadow Arkaden.

Foto: Torsten Thissen

Doch, es gibt Momente, in denen Akio Ando lächelt, wenn er hinter der Kühltheke seines Restaurants steht und die Gäste bedient. Das passiert meistens im Zusammenhang mit einer Bestellung Sushi vom Bauchfleisch des Thunfischs. Das ist zwar ein wenig teurer als etwa Filet oder Steak, aber wer es bei Herrn Ando bestellt, gibt sich schließlich als Liebhaber zu erkennen, der sich ein bisschen mit der japanischen Küche beschäftigt hat. Herr Ando lächelt. Für einen kurzen Moment nur. Dann weist er kaum wahrnehmbar seine Mitarbeiter an, dem Gast einen kleinen Algensalat oder ein paar Gyoza, was eine maultaschenähnliche Spezialität ist, extra zu geben.

Manchmal rät er seinen Gästen auch zu jenem oder einem anderen Stück Sushi, denn Herr Ando sieht es als seine Aufgabe an, den Menschen seine Kultur nahe zu bringen. Immer noch. Er ist inzwischen 74 Jahre alt, stets tadellos gekleidet mit Krawatte, die im Revers des Hemdes verschwindet, wenn er bedient. Herr Ando spricht bis heute wenig Deutsch, kommt aber von Dienstag bis Samstag ins Restaurant, obwohl er es natürlich nicht mehr müsste wie sein Sohn Takamasa Ando sagt. Doch der Vater kann schon diesen freien Montag kaum ertragen, weil er immer befürchtet, dass ein Stammgast kommt und sich nach seiner Gesundheit erkundigt. Herr Ando will kein Aufhebens um seine Person. Und er will keine Schwäche zeigen.

1965 arbeitete Herr Ando als Landschaftsgärtner in Mikasa auf der Insel Hokaido, sein Vater war schwer krank, und er musste gemeinsam mit seiner Mutter und einer älteren Schwester für den Lebensunterhalt der siebenköpfigen Familie sorgen. Doch die Andos waren auch Teil einer buddhistischen Laienorganisation, die sich für den Frieden in der Welt einsetzen wollte, indem sie den Buddhismus verbreitet. Tausende Mitglieder brachen von Japan in die Welt auf.

Herr Ando wollte nach Deutschland, und seine Mutter ließ ihn gehen. Er bestieg in Yokohama ein Schiff, dass an der sibirischen Küste halt machte, von dort fuhr er mit der Bahn nach Moskau, dann stieg er in den Flieger nach Deutschland. Die Reise dauerte acht Tage, Herr Ando bekam ein kleines Zimmer in Duisburg, nahe der Zeche, in der er von nun an als Bergmann arbeiten sollte. Herr Ando fing wirklich ganz unten an: 1000 Meter tief, bei 30 Grad Lufttemperatur, mit einem Presslufthammer in der Hand, der solche Schwielen machte, dass er nach kurzer Zeit seine Finger wegen der Hornhaut nicht mehr strecken konnte. Es war kein einfaches Leben, doch Herr Ando fand nach Feierabend noch Zeit, in der Laienorganisation mitzuarbeiten. Dort, bei einem der Treffen, traf er seine spätere Frau, Kimiko.

Herr Ando wäre wohl Bergmann geblieben, hätte es nicht vier Jahre nach seiner Ankunft einen Zwischenfall in der Zeche gegeben. Drei Kumpel von Herrn Ando wurden von herabfallendem Gestein begraben, als sie die Stempel, die die Decke tragen sollten, verschoben. Seitdem hatte Herr Ando Angst unter Tage, zumal der erste seiner drei Söhne unterwegs war. Herr Ando suchte etwas anderes, weniger gefährliches.

Er wurde Lagerverwalter eines Unternehmens, dass japanische Lebensmittel importierte. Das Unternehmen gibt es inzwischen nicht mehr, doch Herr Ando ist immer noch dankbar, wenn er an die Zeit dort zurückdenkt. Es lag nahe, sich irgendwann selbstständig zu machen, indem er die japanische Gemeinde in Düsseldorf belieferte. Mehr als zehn Jahre dauerte es, bis Herr Ando das Kapital hatte, um sein Unternehmen Maruyasu zu gründen: ein kleines Lager, eine Küche, ein Lieferwagen. Mehr nicht. Sie kochten japanische Gerichte aus deutschem Gemüse, was nicht immer einfach war, doch es kam bei seinen Düsseldorfer Landleuten an. Ando und seine Frau kochten morgens und lieferten bis in die Nacht. Und sie zogen drei Söhne groß, wobei Herr Ando zwar streng war, wie sein Sohn sagt, aber eher selten anwesend.

Drei Jahre später vergrößerte sich der Betrieb, zog auf die Bismarckstraße, noch ein paar Jahre später schließlich eröffnete Herr Ando sein erstes Restaurants in den Schadow Arkaden, das sich diesmal auch an deutsche Kunden richtete. Es war ein großes Wagnis, denn Sushi waren damals noch neu. So lief es am Anfang auch schlecht für Herrn Ando, immer wieder dachte er sich neue Rezepturen aus, führte seine Kundschaft langsam an die japanische Küche heran, bot etwa Sushi mit gegartem Fisch an, mehr als 85 Varianten. Und irgendwann lief es dann doch. Immer besser. Schließlich sehr gut. Inzwischen betreibt die Familie Restaurants an zwölf Standorten im Raum Düsseldorf und in Frankfurt, Herr Ando hat es geschafft, könnte man sagen. Natürlich ist er stolz, auch wenn er das nicht zugeben würde. Ein- bis zweimal im Jahr fliegt er nach Japan, obwohl er es eigentlich nicht mehr sollte, wie sein Sohn sagt. 50 Jahre Deutschland sind für ihn eine Erfolgsgeschichte, und das nicht nur wirtschaftlich, denn Herr Ando hat sein ursprüngliches Ziel, den Buddhismus und die japanische Kultur zu verbreiten, nie aus den Augen verloren. Bis heute.

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Foto: Shutterstock/Standret

In Japan wird Sushi mit der Hand gegessen

Gericht Sushi ist seit dem siebten Jahrhundert in Japan dokumentiert. Ursprünglich war es eine Methode Fisch durch die Beigabe von Reis haltbar zu machen und kommt aus dem Mekong-Gebiet.

Essen Gegessen werden die Stücke mit Wasabi und Sojasoße, wobei in Japan die Stücke handwarm mit der Hand gegessen werden. Hier würzt der Sushi-Koch auch. Die Reihenfolge ist traditionell von Omelett zu fettarmem Fisch und am Ende gibt's fettreichen Fisch.

(RP)
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