Düsseldorf Der Wächter des Schadowplatzes

Düsseldorf · Vom Balkon des Hauses mit der Nummer 11 beobachtet Hund Sammy seit zehn Jahren das Geschehen auf dem Platz in der Innenstadt.

 Der zehnjährige Bearded Collie-Rüde Sammy hat das Geschehen auf dem Schadowplatz immer im Blick.

Der zehnjährige Bearded Collie-Rüde Sammy hat das Geschehen auf dem Schadowplatz immer im Blick.

Foto: Andreas Bretz

Er ist etwa 60 Zentimeter groß, hat ein langes, wuscheliges grau-weißes Fell, ist zehn Jahre alt und gehört zur Rasse der Bearded Collies. Gestatten: Sammy, Wächter des Schadowplatzes.

Warum? Naja, weil Sammy seit zehn Jahren genau das tut: Jeden Morgen, wenn er mit Herrchen Heinz-Josef und Frauchen Juditha Radermacher zu deren Maßschneiderei am Schadowplatz Nummer 11 kommt, betritt er seinen Arbeitsplatz, den Balkon im ersten Stock des Hauses. Von dort aus beobachtet er das Treiben auf dem Platz - von Januar bis Dezember.

 Im ersten Stock des Hauses Nummer 11 befindet sich Sammys Balkon. Dort sitzt er im Sommer und im Winter draußen.

Im ersten Stock des Hauses Nummer 11 befindet sich Sammys Balkon. Dort sitzt er im Sommer und im Winter draußen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

"Wir haben die Balkontür immer auf, auch im Winter. Dann frieren wir zwar, aber Hauptsache, der Hund kann draußen sitzen und hat den Platz im Blick", sagt Juditha Radermacher. Sie arbeitet schon seit ihrer Jugend in der Schneiderei, hat dort gelernt, bevor ihr Mann das Geschäft vor vielen Jahren übernommen hat. Und weil das Ehepaar fast täglich im Geschäft ist, kam Sammy sogar schon als Welpe mit zum Schadowplatz.

Schnell hat er dann seinen Lieblingsplatz, den Balkon, gefunden. Schließlich lässt es sich dort gut aushalten im Körbchen mit Wasser und Futter in Reichweite und dem Blick auf die Menschen unten. Der Schadowplatz ist Sammys Revier. Und wenn andere Hunde dieses betreten, was natürlich nicht ausbleibt, schließlich gehört der Schadowplatz zu den belebtesten Plätzen der Innenstadt, dann bellt Sammy von oben zu ihnen hinunter, damit auch alle Artgenossen wissen, dass sie nur zu Gast auf dem Schadowplatz sind und von seinem Wächter geduldet werden.

Über menschlichen Besuch freut sich Sammy aber immer: Sobald ein neuer Kunde die Schneiderei betritt, verlässt er seinen Balkon für einen Moment, schnuppert neugierig, wedelt mit dem Schwanz - und bellt natürlich. "Es gab mal einen Kunden, der ein bisschen Angst vor Hunden hatte. Sonst ist Sammy bei allen Besuchern beliebt", erzählt Juditha Radermacher. Eine Kundin rufe sogar zuerst von draußen nach Sammy, wenn dieser mal nicht auf dem Balkon sitze. Erst wenn er rauskomme und sie mit einem Bellen begrüße, käme sie dann nach oben ins Geschäft. "Und dass Hunde Postboten nicht mögen, ist auch nur ein Klischee. Unser Bote bringt Sammy sogar manchmal ein Leckerli mit."

Ein echter Wachhund muss aber natürlich auch auf Patrouille durch sein Revier gehen. Zusammen mit Frauchen geht es deshalb jeden Tag in der Mittagspause in den Hofgarten. Dort kennt Sammy sie alle: Enten, Entenfütterer, Spaziergänger, Jogger und all die Menschen, die in der Stadt arbeiten und ihre Mittagspause in dem Park verbringen.

Sammy ist übrigens bereits der zweite Hund, der den Schadowplatz bewacht: Sein Vorgänger Benny (ebenfalls ein Bearded Collie) kam auch schon täglich mit dem Ehepaar Radermacher in die Schneiderei. Seit einem Jahrzehnt aber ist das ausschließlich Sammys Job. Und was er da nicht alles gesehen hat: Früher, bevor die modernen Libes-kind-Bauten auf dem Jan-Wellem-Platz entstanden, konnte er weit in den Hofgarten hineinblicken. Bis sie dann vor ein paar Jahren angefangen haben, zu buddeln und zu bauen. "Es war ganz schön staubig bei uns, aber Sammy wollte trotzdem weiter auf dem Balkon sitzen", sagt Radermacher.

Jedes Jahr in der Weihnachtszeit werden dann die bunten Hütten auf dem Platz für den Weihnachtsmarkt aufgestellt. Im vergangenen Jahr war er ganz anders, die Hütten sahen alle gleich von oben aus bei der Premiere des "Schwabenmarktes". Auch der riesige Glaskasten, der bis vor anderthalb Jahren noch auf dem Platz stand, ist verschwunden. Neu ist dagegen etwas anderes: Seit ein paar Wochen stehen diese grünen, asymmetrischen Bänke auf dem Platz. Ständig sitzen dort nun Leute drauf und sind irgendwie ganz aufgeregt. Sammy wird sie auf jeden Fall im Auge behalten.

(lai)
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