Düsseldorf Die Dreihausfrauen und ihr Erfolgsrezept

Düsseldorf · Architekturbüros sind meist Männerdomänen. Defne Saylan und Shidokht Shalapour, Absolventinnen der Düsseldorfer Kunstakademie, führen seit 2008 ein rein weibliches Büro. Nun erhielten sie zum zweiten Mal einen Landespreis.

 Defne Saylan (l.) und Shidokht Shalapour ziehen mit ihrem Büro "Dreihausfrauen" nach Oberbilk. Die Dritte, Patricia Gola, ist meist in Stuttgart.

Defne Saylan (l.) und Shidokht Shalapour ziehen mit ihrem Büro "Dreihausfrauen" nach Oberbilk. Die Dritte, Patricia Gola, ist meist in Stuttgart.

Foto: H.-Jürgen Bauer

Der Eingang an der Josefstraße in Oberbilk ist unscheinbar. Dahinter verbirgt sich aber ein noch unfertiges Loft-Paradies von 300 Quadratmetern. Staub, Geruch von Farbe. In einem Raum stehen verpackt die Bilder des Malers Florian Fausch. Es ist das aktuellste Projekt, das Defne Saylan und Shidokht Shalapour architektonisch begleiten. In eigener Sache: Denn es wird die neue Adresse ihres Architekturbüros "Dreihausfrauen". In den Eingangsbereich zieht eine Galerie der Künstlerin Marianne Rogalli, der Maler Fausch ist ebenfalls dabei.

Der Mix aus Architektur und Kunst ist das Rezept von "Dreihausfrauen". Es waren drei Absolventinnen der Düsseldorfer Akademie, Meisterschülerinnen, die sich 2008 unter diesem Namen in der Männerdomäne zu einer Architektinnengruppe zusammenfanden. "Das war nicht als Frauentrio geplant, wir lagen einfach auf einer Linie", sagt Saylan. Das Konzept heißt übrigens "goldenes Kochbuch". Außer Saylan (34) und Shalapour (39) gehört Patricia Gola (36) dazu - sie habe aber inzwischen ihren Schwerpunkt in Stuttgart. Zu dritt oder viert sind sie bei Projekten dennoch. "Meist nehmen wir Künstler dazu", so Saylan.

 Mit diesem Entwurf gingen die "Dreihausfrauen" mit dem Bildhauer Thomas Woll 2014 in den Wettbewerb für den Schneider-Esleben-Platz in Düsseldorf.

Mit diesem Entwurf gingen die "Dreihausfrauen" mit dem Bildhauer Thomas Woll 2014 in den Wettbewerb für den Schneider-Esleben-Platz in Düsseldorf.

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So war es auch, als sie in diesem Jahr an dem Wettbewerb für die Gestaltung des Schneider-Esleben-Platzes im Düsseldorfer Stadtteil Mörsenbroich teilnahmen. Gemeinsam mit dem Bildhauer Thomas Woll machten sie aus dem Platz eine Plastik, fassten ihn mit Kanten, formten begrünte Wellen, in denen Bänke ebenso Platz finden wie die Zugänge zur Tiefgarage. Die Jury entschied sich für einen anderen Entwurf. Dem NRW-Kulturministerium jedoch war die Arbeit der "Dreihausfrauen" jetzt einen Kunstförderpreis wert - "für den eigenständigen Weg zwischen Baukunst und Architektur". 2010 wurden sie schon einmal vom Land ausgezeichnet. Die Grenzen zwischen Kunst und Architektur verwischen, dennoch ist der Unterschied klar: "Unsere Projekte haben eine Funktion", sagt Shalapour. Das gilt selbst für skulpturale Innenraumgestaltungen wie in der "Botschaft" am Worringer Platz, wo sie Rohrisolierungen zu Sitzen verarbeitet hatten.

 Auch Innenräume gestalten die Architektinnen: hier Raum- und Sitzelemente aus Rohrisolierungen für die "Botschaft" am Worringer Platz

Auch Innenräume gestalten die Architektinnen: hier Raum- und Sitzelemente aus Rohrisolierungen für die "Botschaft" am Worringer Platz

Foto: Dreihausfrauen

Zwischen innen und außen ziehen die Architektinnen, die auch einen Lehrauftrag "Grundlagen des Entwerfens" an der TU Dortmund haben, keine scharfe Grenze: "Wir beschäftigen uns mit Raum - ob klein, groß, städtisch oder privat", sagt Shalapour. Sie haben Ideen für Wohnhäuser auf einer Brücke in Duisburg entwickelt, einen Literaturturm für einen Bücherfreund und einen Erweiterungsbau für das Künstlerhaus bHK in Bellheim. In Düsseldorf waren sie mit dem Büro Ortner + Ortner am Wettbewerb zum Kö-Bogen II beteiligt.

Der große Auftrag blieb bisher aus. Oft fehle Investoren der Mut zu Ungewöhnlichem, auch als Frauen stoßen sie immer noch auf Vorbehalte. "Die Stadt müsste den vielen Kreativen öfter eine Chance geben", sagt Shalapour. Zum Beispiel beim Kö-Bogen-Pavillon oder bei der Stadtmöblierung. Ihr Wunschrezept? "Sollte für den Bahnhofsvorplatz noch einmal ein Wettbewerb ausgelobt werden, sind wir dabei."

(RP)
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