Ein Jahr Wehrhahn-Linie Die Geheimnisse der neuen U-Bahnhöfe

Düsseldorf · Dass die Stationen der Wehrhahn-Linie Kunstwerke beheimaten, zählt in Düsseldorf zum Alltag. Aber einige Rätsel sind noch nicht gelüftet. Was ist auf den Bildschirmen an der Benrather Straße zu sehen?

 Dieses Bild verdeutlicht, wie das Raumschiff funktioniert: Der Planet ist in dieser Flugphase sowohl im linken als auch im vorderen Fenster des Schiffs zu sehen.

Dieses Bild verdeutlicht, wie das Raumschiff funktioniert: Der Planet ist in dieser Flugphase sowohl im linken als auch im vorderen Fenster des Schiffs zu sehen.

Foto: Endermann Andreas

Dies sind die ersten Szenen aus einer gut 90-minütigen Videoschleife, die im U-Bahnhof an der Benrather Straße läuft. Wer durch den Bahnhof kommt und auf die Wände mit den jeweils neun Monitoren guckt, sieht mal die unendlichen Weiten des Weltraums, mal einen Planeten, Mond oder Asteroiden. Wer weiter eilt, hält die Bilder für zufällig eingespielte Motive aus dem All. Tatsächlich ist es aber eine fantastische Reise durch unser Sonnensystem und darüber hinaus, die der Künstler Thomas Stricker und das Unternehmen 235Media geschaffen haben.

Der Bahnhof ist von silbernen Platten und Säulen geprägt, Stricker hat ihn auch deshalb als Raumschiff definiert. Das Schiff hat sechs Fenster, zwei an den Seiten und vier, aus denen die Düsseldorfer Astronauten nach vorne blicken können. Diese Fenster werden von den erwähnten Videowänden gebildet. Wer den Flug verstehen möchte, muss sich dieses Raumschiff mit seinen Blickrichtungen in einem dreidimensionalen Raum vorstellen. Diesen Raum hat 235Media programmiert, anschließend haben die Techniker und der Künstler in diesen Raum Aufnahmen gesetzt, die von den Weltraumorganisationen Nasa und Esa stammen. Durch diesen mit eindrucksvollen Bildern gefüllten Raum fliegt dann das Raumschiff.

 Die Station an der Benrather Straße ist als Raumschiff zu verstehen, das durch unser Sonnensystem fliegt. In diesem Moment passiert es gerade den Saturn.

Die Station an der Benrather Straße ist als Raumschiff zu verstehen, das durch unser Sonnensystem fliegt. In diesem Moment passiert es gerade den Saturn.

Foto: Endermann Andreas

Krater, Wirbel, Berge

Die Reise mitten durch und dann raus aus unserem Sonnensystem führt aber keineswegs immer nur geradeaus. Das Raumschiff taucht mal unter einem Planeten hinweg, steuert zwischen zwei Monden hindurch oder dreht eine Kurve. Diese Bewegung im virtuellen Raum wird für den U-Bahn-Nutzer ganz realistisch dank der Fenster. Der Himmelskörper, der umkurvt wird, taucht zum Beispiel erst rechts im Fenster auf, dann in der Mitte und verschwindet links. Der Effekt ähnelt dem in einem Bahnhof, in dem zwei Züge nebeneinander stehen. Sitzt man in einem und blickt zum anderen, während einer der beiden Züge anfährt, lässt sich nur schwer sagen, welcher von beiden sich bewegt.

Die heimische Erde ist auf dieser Tour auch nur eine, dafür aber besonders schöne Zwischenstation. Weiter geht es zum Mars mit seinen Monden Phobos und Deimos, durch einen Asteroidengürtel, zum riesigen Jupiter und dem Saturn mit seinen Ringen. Die Bilder der Planeten und Monde beeindrucken reichlich, denn Krater, Wirbel, Berge sind gut zu erkennen.

Während dieser Teil der Reise trotz der starken Eindrücke noch recht ruhig verläuft, gleicht das Finale der Videoschleife einem Feuerwerk. Nachdem das Raumschiff die Milchstraße verlassen hat, sind rechts, links, vorne Szenen zu sehen. Spiralgalaxien, Sternenhaufen, der Andromeda-Nebel rauschen vorbei, ihre Farben werden von den silbernen Wänden wieder und wieder durch den Raum geworfen. Diese Aufnahmen des Weltraum-Teleskops Hubble sind nicht mehr präzise in die Reise programmiert, sondern dienen dem puren Vergnügen. Schließlich gelangt das Raumschiff in den Bann eines Schwarzen Lochs, wird hineingezogen - und taucht hinter der Venus wieder auf. Der Film beginnt von vorne.

Das Kunstwerk an der Benrather Straße ist bis ins Detail gedacht worden. So wie Stricker den Himmel unter die Erde holt, so hat auch der Architekt das Licht von der Oberfläche nach unten gebracht. An einigen Tagen im Jahr scheint die Sonne sogar auf den Bahnsteig und minimiert so den Angstraum. Weitere schöne Details: So wie die Kühler der Monitore brummen, klingt es, als wäre dies der Motor eines Raumschiffs. Und die 90 Minuten lange Endlosschleife ist extra so programmiert, dass sie jeden Tag zeitversetzt läuft. Wer also immer zur selben Zeit zur Arbeit durch die Station geht, bekommen immer etwas Neues aus dem Weltraum zu sehen.

Literatur Große Bilder und zweisprachige Texte zu den neuen U-Bahnhöfen sind im Katalog "Wehrhahn-Linie", der im Kerber-Verlag erschienen ist. Er ist vergriffen und deshalb im Moment ausschließlich in Antiquariaten zu finden.

(hdf)
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