Amts- und Landgericht ziehen um Die letzten Prozesse in der Altstadt

Düsseldorf · In zwei Monaten soll der Umzug von Amts- und Landgericht ins neue Justizzentrum am Oberbilker Markt beginnen. Doch vor dem Abschied vom angestammten Altstadtgericht an der Mühlenstraße stehen in den nächsten Wochen dort noch etliche Prozesse an – teils spektakulär, teils kurios.

In zwei Monaten soll der Umzug von Amts- und Landgericht ins neue Justizzentrum am Oberbilker Markt beginnen. Doch vor dem Abschied vom angestammten Altstadtgericht an der Mühlenstraße stehen in den nächsten Wochen dort noch etliche Prozesse an — teils spektakulär, teils kurios.

Das Schwurgericht eröffnet das Prozessjahr am 5. Januar, 13 Uhr, Saal L 111 mit der Verhandlung über eine blindwütige Messerattacke im Hauptbahnbahn, der im Juni ein Paar zum Opfer fiel. Nach einem Streitgespräch soll ein 38-jähriger Bahnhofsbesucher plötzlich ein Klappmesser gezückt und einer Frau ins Gesicht gestochen haben. Ihr Begleiter erlitt anschließend zwei Stiche in Gesicht und Bauch, konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden.

Unter dem Vorwurf des versuchten Totschlags wird dem 38-Jährigen, der als psychisch krank gilt, der Prozess gemacht. Unter Medikamentenmissbrauch soll der Mann, der laut Gutachten an Verfolgungswahn leidet und zugleich schizophren ist, zur Tatzeit aber schuldunfähig gewesen sein. Da er als gemeingefährlich gilt, will die Staatsanwaltschaft den 38-Jährigen jetzt dauerhaft in einer geschlossenen Psychiatrie-Klinik unterbringen.

Ebenfalls in die Psychiatrie eingewiesen werden soll jetzt (6.1., 9.30 Uhr, Saal L117) ein 45-Jähriger wegen Verstümmelung eines Trinkkumpans. Nach einem Zechgelage in einer Neusser Wohnung soll der Täter den Besucher zum Sex gedrängt haben. Als das Opfer nicht entsprechend reagierte, habe der 45-Jährige seinen Besucher aus Wut im Genitalbereich verstümmelt. Da der alkoholkranke und intellektuell minderbegabte Beschuldigte wegen einer ähnlichen Tat vorbestraft ist, werden von ihm weitere schwere Taten befürchtet.

Am selben Tag (6.1., 9 Uhr, Saal R257) entscheidet das Landgericht, wer im Ideenstreit um "Kunst mit Kunststoffen" als Erfinder gelten darf. Ein 58-jähriger Künstler aus Düsseldorf reklamiert die Idee für sich. Doch der Geschäftsführer einer Neusser Firma widerspricht. Angeblich habe die Firma das Konzept ausgearbeitet und will jetzt verbieten lassen, dass der Künstler in Briefen an ein Ministerium und die Kunstakademie von "Ideenklau" spricht.

Urteil im Kerzenstreit

Auch im Zivilstreit zwischen dem Erfinder einer feuersicheren Kerze und einer Straelener Firma muss das Landgericht jetzt urteilen. (12.1., 9 Uhr, Saal R228) Der Kläger fühlt sich von der Firma, für die er lange als Handelsvertreter tätig war, mit seiner Erfindung über den Tisch gezogen und verlangt einen höheren Anteil an den verkauften Kerzen. Durch die Einarbeitung eines dünnen Aluplättchens am Kerzenboden kann die Flamme nämlich nicht mehr auf Gestecke übergreifen, vorher erlischt die Kerze eigenständig.

Den 20. Januar (9 Uhr, Saal L3) haben sich etliche Ex-Freundinnen von "Macho-Manne" als Termin vorgemerkt. Im Oktober 2009 sollte dem smarten Frauenheld (45) mit dem Hang zu schweren Motorräder und leichtfertigen Versprechen beim Amtsgericht wegen Betruges der Prozess gemacht werden. Damals saß der Serienschwindler aber bereits wegen ähnlicher Vorwürfe in Wuppertaler U-Haft. Dort inzwischen zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, soll sein Verfahren jetzt nachgeholt werden. Zwei seiner Ex-Geliebten, die er mit Charme und Tricks um ihr Geld gebracht haben soll, haben eine Selbsthilfegruppe für "Manne-Opfer" gegründet. Die Mitglieder haben zum neuen Prozesstermin zahlreiches Erscheinen angekündigt.

Fortgesetzt werden die Prozesse beim Landgericht um die Ermordung des Ex-Bankräubers Wolfgang Leifels sowie um den Tod der 87-jährigen Millionärs-Witwe Juri Röhrig, die 2000 in ihrer Wohnung erdrosselt worden war. In beiden Verfahren, die vor Monaten begonnen haben, wird noch vor dem Umzug mit Urteilen gerechnet.

Eine der kuriosesten Verhandlungen beginnt am 4.2., 9.30 Uhr, Saal A103 vor dem Amtsgericht. Um eine Restforderung von lediglich 18 Cent geht es im Zivilprozess einer Geschäftsfrau gegen einen Kunden, für den sie Schreibarbeiten ausgeführt hatte. Monate später hat der Auftraggeber die fällige Rechnung plus Gebühren bezahlt, aber nicht vollständig: Weil 18 Cent offen geblieben sind, klagt die Frau jetzt gegen ihn. Die Justiz hat keine Möglichkeit, solche Prozesse wegen Geringfügigkeit zurückzuweisen.

(RP)
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