Analyse Die nächste Notlösung für Flüchtlinge

Düsseldorf · Bei der Unterbringung von Flüchtlingen spitzt sich die Lage zu. Erstmals wird eine noch benutzte Schulturnhalle bezogen. Die Probleme in Düsseldorf sind auch hausgemacht. Jetzt muss die Stadt unter Hochdruck den Engpass beheben - und für die Zukunft planen.

 Ein DRK-Mitarbeiter stellt Wohnpavillons in der Turnhalle an der Lacombletstraße auf. Auch die Halle in Garath wird so eingerichtet.

Ein DRK-Mitarbeiter stellt Wohnpavillons in der Turnhalle an der Lacombletstraße auf. Auch die Halle in Garath wird so eingerichtet.

Foto: Andreas Bretz

In Düsseldorf klafft immer noch eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, wenn es um die Unterbringung von Flüchtlingen geht. Oberbürgermeister Thomas Geisel hatte zum Amtsantritt im September 2014 angekündigt, man wolle möglichst schnell verzichten auf die teure und für die Menschen unwürdige Anmietung von Hotelzimmern. Davon ist nichts zu sehen: Derzeit sind mehr als 850 Flüchtlinge in Hotels untergebracht, Tendenz steigend. Diese Praxis kostet Düsseldorf im laufenden Jahr mehr als zehn Millionen Euro und damit fast die Hälfte der 23,5 Millionen, die insgesamt für die Unterbringung aufgewendet werden. Keine andere Wohnform ist im Ansatz so teuer.

Auch eine andere, noch problematischere Notlösung hat Bestand - und wird jetzt sogar ausgebaut. Bereits seit längerem werden zwei leerstehende Schulen mit ihren Turnhallen als Unterkünfte genutzt, obwohl es immer wieder hieß, sie sollten bald aufgegeben werden, weil die Bedingungen so schlecht sind. Jetzt kommt sogar noch eine weitere Schulturnhalle hinzu, und erstmals ist es eine, die noch in Betrieb ist. In diesen Tagen werden Betten in der Halle der Fritz-Henkel-Schule in Garath aufgestellt. Die Halle soll nur vorübergehend belegt werden und nach den Ferien wieder für die Hauptschule zur Verfügung stehen. Ob das klappt, ist aber ungewiss.

Das alles sind Zeichen dafür, was die Unterbringung von Flüchtlingen in Düsseldorf derzeit vor allem bedeutet: Löcher stopfen. Die Zahl der Menschen ist auf über 3000 gestiegen, das sind fast 1000 mehr als im Januar. Wenn das Land eine weitere Zuweisung ankündigt, muss sich die städtische Steuerungsrunde immer wieder mit Übergangslösungen behelfen. Das kann gut auch noch eine Weile so weitergehen: Nach den aktuellen Vorhersagen werden in Düsseldorf zum Ende des Jahres bis zu 5000 Flüchtlinge leben.

Dass so viele Notlösungen nötig sind, ist aber nicht nur eine Folge der steigenden Zahlen, sondern zu großen Teilen ein hausgemachtes Problem. Lange Zeit wurden in der Stadtverwaltung die Prognosen nicht ernst genommen, in der Stadt gab es zu Anfang dieses Jahres fast keine Flüchtlingsheime, die dauerhaft nutzbar sind. Jetzt muss man fast bei Null anfangen - und zugleich mehr Platz schaffen.

Für erste Entspannung sollen die Wohncontainer-Anlagen für je rund 200 Menschen sorgen, von denen vier nach den Ferien aufgebaut werden. Weitere fünf sollen noch in diesem Jahr gebaut werden. Derzeit denkt man darüber nach, auch den Bau der letzten vier der 14 bislang geplanten Anlagen vorzuziehen. Wenn alle stehen, soll das die Unterbringung in Schulen oder Turnhallen überflüssig machen. Dann könnte Düsseldorf die Standards für die Unterbringung einhalten, die man sich selbst gesetzt hat.

Der Platz wird aber nicht reichen, um die Hotels aufzugeben. Stadt und Politik müssen deshalb bald entscheiden, wie es weitergehen soll - wenn man auf weitere Notlösungen verzichten will. Es existiert eine Liste mit möglichen weiteren Standorten für Wohncontainer. Die Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch bringt auch den Bau von Sozialwohnungen ins Spiel, möglicherweise durch einen privaten Investor - wie beim Balletthaus am Steinberg. Das wäre in jedem Fall eine langlebigere Lösung als die Container: Wenn wieder weniger Flüchtlinge kommen, könnte man die Wohnungen anders nutzen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort