Rund ums Rathaus Die Polit-Prominenz aus Düsseldorf

Düsseldorf · Die Wahl der Bürgermeisterin zur FDP-Vize setzt eine Serie fort: Auch im Land und Europa sitzen Düsseldorfer auf machtvollen Posten.

Rund ums Rathaus: Die Polit-Prominenz aus Düsseldorf
Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Zufriedenheit, Wirtschaftskraft, gut im Kurs bei Ansiedlungen internationaler Unternehmen — die Düsseldorfer sind inzwischen daran gewöhnt, dass ihre Stadt bei solchen Rankings regelmäßig obere Plätze belegt. Ob sie auf solche Wettbewerbe wirklich Wert legen, steht auf einem anderen Blatt. Bisher unerforscht blieb ein anderes Phänomen: Die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt ist offenbar ein Sprungbrett für politische Karrieren. Und zwar nicht nur für die jugendlich Ungestümen, sondern auch für Politiker, die einiges an Lebenserfahrung vorweisen können.

Rund ums Rathaus: Die Polit-Prominenz aus Düsseldorf
Foto: Bußkamp, Thomas (tbu)

Jüngstes Beispiel: Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Mit 55 Jahren startet die Erste Bürgermeisterin noch einmal voll durch, auf Vorschlag des neuen Vorsitzenden der Bundes-Liberalen Christian Lindner (auch er lebt übrigens in Düsseldorf) wurde sie am Wochenende zu einer von drei Vize-Vorsitzenden der Bundes-FDP gewählt. Sie gilt, wie der 34-jährige Lindner, als Hoffnungsträgerin der nach Jahrzehnten aus dem Bundestag ausgeschiedenen Partei. Und wer sie kennt, weiß, dass Strack-Zimmermann einen guten Job machen wird.

Auch die Düsseldorfer FDP-Chefin Gisela Piltz saß vor ihrem nicht freiwilligen (und angesichts des zweitbesten Ergebnisses deutschlandweit nicht verdienten) Ausscheiden aus dem Berliner Parlament an den Hebeln der Macht: Sie war Vize-Chefin der Bundestagsfraktion; als stellvertretende Landeschefin wurde die 49-Jährige jetzt als NRW-Vertreterin ins erweitere Präsidium ihrer Partei gewählt. Mit Alexander Alvaro stellt der Kreisverband auch den Vize-Präsidenten des EU-Parlaments. Nach einem schweren Unfall Anfang des Jahres, bei dem er auch Beschuldigter ist, tritt der 38-Jährige 2014 aber nicht mehr bei der Europawahl an.

Die Düsseldorfer Liberalen haben ohnehin eine an Polit-Prominenz reiche Vergangenheit: Walter Scheel (94), der spätere Minister und Bundespräsident, war Kreisvorsitzender. Der frühere NRW-Innenminister und Bundestags-Vizepräsident Burkhard Hirsch (83) ist bis heute das prominenteste Mitglied und bei jedem Kreisparteitag dabei.

Auch die Düsseldorfer Grünen mischen politisch kräftig mit: Die Landeschefin Monika Düker saß elf Jahre im Stadtrat (sie war 1989 mit 26 Jahren das jüngste Mitglied), bevor sie 2000 in den Landtag gewählt wurde. Dort machte sie sich als Expertin für Inneres einen Namen, war sogar zwei Jahre lang Vorsitzende des Fachausschusses im Landtag. Seit 2010 ist die 50-Jährige die Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Grünen — in der Doppelsitze mit Sven Lehmann aus Köln.

Bevor Düker in den Landtag einzog, war sie Mitarbeiterin bei dem damaligen Minister für Bauen und Wohnen, Michael Vesper. Auch er kam aus den Reihen der Düsseldorfer Grünen. Inzwischen arbeitet der 61-Jährige als Sportfunktionär, ist Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes. In der Landtagsfraktion, die mit der SPD seit 2012 die Regierung bildet, sind die Düsseldorfer Grünen nicht nur mit drei Mitgliedern vertreten, sie stellen mit Stefan Engstfeld (43) auch den Vize-Vorsitzenden der Grünen im Landtag. Allen genannten Grünen ist gemeinsam, dass sie dem Realo-Flügel zugerechnet werden und — trotz der aktuell rot-grünen Landesregierung — auch offen für eine Koalition mit der CDU wären. Bei dem berühmtesten Düsseldorfer Grünen, dem Künstler Joseph Beuys, der zu den Gründungsmitgliedern der Partei gehörte, wäre das wohl nicht denkbar gewesen.

Auch die Düsseldorfer CDU kann reichlich Prominenz vorweisen. Einer davon ist der Kreisvorsitzende Klaus-Heiner Lehne. Der 56-jährige Jurist sitzt seit fast 20 Jahren im Europaparlament, leitet seit 2009 den mächtigen Rechtsausschuss. Anfang nächsten Jahres soll er zum Europäischen Rechnungshof wechseln — ein gut dotierter, noch mächtigerer und ausdrücklich unpolitischer Posten. Seit 1999 stellt die CDU außerdem den OB in Düsseldorf, aktuell ist es Dirk Elbers. In der Landes- und Bundespolitik mischen die Christdemokraten aus der NRW-Landeshauptstadt inzwischen aber eher aus der zweiten Reihe mit. Das war mal anders. Mit Karl Arnold stellten sie in den 1950er Jahren einen Ministerpräsidenten. Josef Gockeln war von 1947 bis 1958 Präsident des Landtags. Und Paul Mikat wurde in den 1960ern als NRW-Kultusminister wegen der "Mikätzchen" berühmt: Lehrer, die mit Kurzausbildung und nicht über ein Studium in den Staatsdienst kamen, um den Lehrermangel zu dämpfen.

Auch die Düsseldorfer SPD hat aktuell wenig Polit-Prominenz in den eigenen Reihen vorzuweisen. Dabei war sie in der letzten großen Koalition stark vertreten: Karin Kortmann (54), einige Jahre auch Vorsitzende des Unterbezirks, war Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium, Michael Müller (65) im Bundesumweltministerium. Müller war in den 1970 Bundesvize-Chef der Jusos und später im Bundestag Sprecher der Parlamentarischen Linken. Kortmann und Müller haben bei der Bundestagswahl 2009 beide ihre Mandate verloren. Mit Karl-Heinz Krems (57) stellt die Düsseldorfer SPD den Staatssekretär im Justizministerium NRW. Zu den Prominentesten in der der 150-jährigen Parteigeschichte gehört Josef Neuberger, der bis zur Machtergreifung der Nazis als Rechtsanwalt Sozialdemokraten vertrat, nach dem Krieg und der Rückkehr aus dem Exil NRW-Justizminister wurde. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf verleiht jedes Jahr eine nach ihm benannte Medaille.

Auch die Düsseldorfer Linkspartei hat Prominenz in ihren Reihen: Sahra Wagenknecht (44), Vize-Chefin der Linken in Bund und Bundestag, hat zwar keine Wohnung, aber immerhin ihren Wahlkreis in Düsseldorf.

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(dr)
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