Die Woche im Rathaus Die Schadowstraße braucht neue Ideen

Meinung | Düsseldorf · Die einst meistfrequentierte Einkaufsstraße des Landes wird überplant. Bislang fehlt dabei leider ein weitgefasster Begriff der Stadtentwicklung.

 Die Schadowstraße soll nach dem Abschluss der Bauarbeiten neu gestaltet werden.

Die Schadowstraße soll nach dem Abschluss der Bauarbeiten neu gestaltet werden.

Foto: Andreas Endermann

Mehr Mut! Diesen Zuruf muss man den Politikern und beamteten Planern Düsseldorfs machen. Was da beim jüngsten Workshop an Ideen durch eine Künstlergruppe präsentiert wurde, war unter dem Strich sehr dürftig. Zwar gibt es Spitzenvertreter des Bundes Deutscher Architekten wie Matthias Pfeifer, denen die Gestaltungskraft der vier Kreativen sogar zu weit ging - sie haben unter anderem eine Pflasterung entworfen und Leuchtwände - , bei den meisten Betrachtern blieb jedoch vor allem eines hängen: Sollte sich ein solches Konzept durchsetzen, wäre die Schadowstraße eine hässliche kahle Straße, in deren Mitte die Radfahrer entlangzischen. Ausnahme wäre allein die große Fläche vor Karstadt, die begrünt würde.

Die intensive Debatte, die der Vorschlag ausgelöst hat, zeigt vor allem eins: Die Bürger begreifen die Schadowstraße als einen wichtigen öffentlichen Raum, nicht als irgendeine Einkaufsstraße - viele haben die guten Zeiten dieser Meile im Kopf, wissen noch, dass sie einst die meistfrequentierte Einkaufsstraße Deutschlands war. Mit der Anbindung an den Kö-Bogen und als Fußgängerzone, aus der Straßenbahn und Autos verbannt sind, kann sie diesen Status wieder erreichen. Dazu ist es aber nötig, den Begriff der Stadtentwicklung weit zu fassen und viele Tendenzen aufzunehmen, die Düsseldorf in den nächsten Jahren kennzeichnen: Die Stadt wird statistisch jünger oder hält den Schnitt, weil immer mehr 18- bis 30-Jährige hierher ziehen. Gleichzeitig werden viele Menschen immer älter, die Zahl der über 80- und 90-Jährigen nimmt dramatisch zu.

Das müssen die Planer einer konsumigen Einkaufsstraße, die bald über viel Platz verfügt und per definitionem für alle da ist, berücksichtigen. Die Aufenthaltsqualität auf der neuen Schadowstraße muss hoch sein. Man muss sich vielerorts setzen, vielleicht etwas konsumieren können (Cafés, moderne Garküchen, der tägliche Foodtruck?), vielleicht gibt es sogar etwas anzuschauen (Freiflächen für Straßentheater, Kunst?). Mit anderen Worten: Der frei werdende Straßenraum ist so groß, dass die Straße wie ein langgezogener Platz begriffen werden kann - der, ganz nebenbei bemerkt, für alle Menschen, die aus dem Bergischen und dem Düsseldorfer Osten kommen, den Beginn der Innenstadt darstellt.

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Foto: obs/Jones Lang LaSalle GmbH/Stephan Geiger

Die Architektenverbände nehmen die Politik beim Wort und fordern nun einen Planungswettbewerb, wie ihn die Ampel-Kooperation von SPD, Grünen und FDP bei wichtigen Vorhaben eigentlich will. Dazu ist es in der Tat noch nicht zu spät. Denn selbst wenn Ende Februar 2016 die Wehrhahnlinie in Betrieb genommen wird, folgt noch viel Bauverkehr. Der Bau des Ingenhoven-Tals mit neuer Tiefgarage wird für einigen Lärm und Dreck sorgen. Aber ob es nun ein Wettbewerb wird oder nicht: Warum nicht die Zeit nutzen, gründlicher überlegen und sich eine moderne Stadt vor Augen halten, in der nicht nur darauf geachtet wird, wie nah die Menschen an Schaufenstern vorbeilaufen?

(ujr)
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