Düsseldorf Die Stadt der schlauen Köpfe

Düsseldorf · Die drei Düsseldorfer Hochschulen organisierten die erste "Nacht der Wissenschaften." Trotz Shuttle-Bus war die Vielfalt der Angebote kaum zu bewältigen.

 Die freien Künstler Moritz Ellerich (links) und Tobias Daemgen mit ihrer Lichtinstallation

Die freien Künstler Moritz Ellerich (links) und Tobias Daemgen mit ihrer Lichtinstallation

Foto: Andreas Bretz

Heinrich Heine lebt. Er schwingt seinen bronzenen Leib vom Sockel, geht in die Stadt und singt in der Tonhalle "Im wunderschönen Monat Mai". Wie das möglich ist? Absolventen der Fachhochschule haben die Dichter-Statue vom Uni-Campus in einen Avatar verwandelt, ein virtuelles Wesen, das zum Hauptdarsteller ihres Sechs-Minuten-Films wurde. So hat man den Dichter garantiert noch nie gesehen. Aber die erste "Nacht der Wissenschaft" bot gestern an etlichen Orten verblüffende Einblicke und Erkenntnisse. Vor allem die: Düsseldorf ist die Stadt der schlauen Köpfe.

Wo ist denn die Leber? Das fast zwei Meter hohe Kunststofforgan sorgte für die erste Panne der Wissenschaftsschau. Denn sie passte nun mal nicht in den Fahrstuhl des Museums Kunstpalast. Also musste die Leber draußen bleiben. Dort hielt sie mancher Besucher für einen Würstchenstand, erst bei näherem Augenschein entpuppte sich der vermeintliche Imbissstand als Objekt der Medizin, eine Nachbildung eines menschlichen Organs, mit Adern dick wie Baumstämme. Erläuterungen zu Arbeitsweise und Gefährdung gab's zwei Stockwerke höher. Vorbei an drei Alphornbläsern, die ebenfalls im Dienste der Wissenschaft Lippenbekenntnisse abgaben (denn ein neues Verfahren dokumentiert die Lippenbewegungen beim Spiel). Dann durch ein enges Treppenhaus, denn der Fahrstuhl hatte schlapp gemacht, noch bevor der Abend richtig in Schwung kam.

Das hielt die Schar der Neugierigen nicht davon ab, die gemeinsame Leistungsschau der drei großen Düsseldorfer Hochschulen im Eiltempo oder oft auch mit Muße zu durchstreifen. Vielen dürfte es wie Familie Berger aus Holthausen ergangen sein, die mit dem kostenlosen Shuttlebus unterwegs war und schon nach kurzer Zeit feststellte: "Das ist ja alles gar nicht zu schaffen." Soll man sich nun lieber über die Stadt der Zukunft informieren oder im Elektroauto eine Proberunde drehen? Oder doch erst zum Stand der Uni-Biologen, um sich über den Fortbestand des Blauflossenthunfischs zu sorgen, der mit einem ausgetüftelten Verfahren made in Düsseldorf vor dem Aussterben gerettet werden soll? Da auch Erkenntnis möglicherweise durch den Magen geht, wurden anschließend von einem zwei Meter langen Prachtexemplar, das vor Malta gefangen worden war, Häppchen serviert. Familie Berger fand die Kostprobe delikat, die Informationen erhellend: "Da sieht man ja, dass Forschung was mit dem Leben zu tun hat."

Nur ein paar Schritte weiter wurde diese Erkenntnis in unzähligen Varianten bestätigt. Dass sich die Wissenschaft dabei gelegentlich von der Kunst beflügeln lässt, das galt zumindest an diesem informativen Freitagabend. Da wurden durch spezielle Mikroskope eigenwillige Kreationen an die Wände des Kunstpalastes geworfen: Zigtausendfache Vergrößerung von menschlichen Blutgefäßen. Oder ein virtueller Operntenor zum Leben erweckt: Besucher erzeugten über Mundbewegungen und Gesten Musik, die ein Grammophon hörbar machte.

Irgendwo zwischen Wissenschaft, Kunst und Poesie schweben die Objekte des Künstlerduos "DieRaumZeitPiraten", das aus medizinischen Geräten Instrumente baut, die wiederum Klang und Licht produzieren. Skurrile Objekte zum Staunen für mehr als einen Abend.

(RP)
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