Düsseldorfer OB-Kandidat Thomas Geisel "Die Stadt wird unter Wert regiert"

Düsseldorf · Der OB-Kandidat der Düsseldorfer SPD spricht über politische Erfahrung und darüber, weshalb er das Rathaus besser regieren würde. Die Schuldenfreiheit sieht er nicht als Monstranz, als gebürtigem Schwaben liege ihm das Sparen aber in den Genen.

 Der OB-Kandidat der SPD, Thomas Geisel, im Gespräch mit RP-Redakteurin Denisa Richters.

Der OB-Kandidat der SPD, Thomas Geisel, im Gespräch mit RP-Redakteurin Denisa Richters.

Foto: Andreas Endermann

Herr Geisel, Sie haben in verschiedenen Unternehmen als Manager gearbeitet. Was reizt Sie daran, in die Politik zu wechseln?

Geisel Alles hat seine Zeit. Ich bin ja nicht ein Quer-, sondern ein Wiedereinsteiger in die Politik, wenn Sie meine Biografie anschauen. Und mit Blick auf meine Jahre in der Privatwirtschaft: Es ist schön, auch mal für den Shareholder Bürgerschaft der Stadt Düsseldorf zu arbeiten. Es ist eine reizvolle Herausforderung, die Stadtverwaltung mit 9000 Mitarbeitern, aber auch den Konzern Stadt mit seinen Tochterunternehmen zu führen.

Welche politischen Erfahrungen haben Sie?

Geisel Mein Vater war 24 Jahre lang für die SPD im Landtag Baden-Württemberg. Wahlkampf und Plakate kleben wurden mir quasi in die Wiege gelegt. Ich bin am Tag meines Abiturs in die SPD eingetreten und seit 30 Jahren Mitglied. In Berlin war ich Vize-Parteichef im Unterbezirk Prenzlauer Berg.

Was ist Ihr Ansatz?

Geisel Düsseldorf braucht einen OB, der es kann. Wenn ich mir das Gebaren des derzeitigen Amtsinhabers ansehe, ist das nicht der Fall.

Weshalb?

Geisel Es ist wie eine Episode aus Pleiten, Pech und Pannen. Wobei es wohl kein Pech, sondern Unvermögen ist.

Was meinen Sie konkret?

Geisel Die Reaktion auf die Facebook-Einträge der Feuerwehrleute war völlig überzogen, der Streit mit dem Sponsor-Partner bei der Esprit-Arena ist unprofessionell, und die Suche nach dem Schauspielhaus-Intendanten gerät zur Provinzposse. Die Bürger fragen sich, was los ist.

Und Sie werden es besser machen?

Geisel Ich bin ein Angebot für alle Bürger Düsseldorfs, die wollen, dass die Stadt wieder professionell regiert wird. Düsseldorf braucht einen OB, der die Stadt voranbringt und nicht einen, der nur den Nachlass seines Vorgängers verwaltet. Ich glaube, dass ich von meiner Ausbildung, dem Beruf und der Erfahrung her die richtigen Impulse setzen kann. Die Stadt wird unter Wert regiert. Ohne Impulse lebt sie nur von ihrer Substanz, und die ist schnell verbraucht.

Welche Impulse wollen Sie setzen?

Geisel Ich will den Wirtschafts- und den Wissenschaftsstandort stärker vernetzen. Als Familienvater weiß ich auch, wie wichtig Bildungseinrichtungen wie Kitas und Schulen sind. Dafür werde ich mich einsetzen. Düsseldorf muss außerdem bezahlbar bleiben für diejenigen, die hier arbeiten. Ein OB muss den sozialen Zusammenhalt stärken und nicht die Spaltung verstärken.

Wie meinen Sie das?

Geisel Ich sehe eine gefährliche Entwicklung: Hier die Reichenghettos, dort die Armenviertel. Dabei lebt eine Großstadt wie Düsseldorf von der Vielfalt und dem Miteinander. Wer anderes denkt, ist zynisch. Als OB werde ich alles dafür tun, dass Leben und Wohnen in Düsseldorf für alle bezahlbar bleiben.

Düsseldorf steht wirtschaftlich gut da. Spüren Sie Wechselstimmung?

Geisel Ja. Selbstverständlich ist die Stadt wirtschaftlich gut aufgestellt. Wer aber auf Dauer von der Substanz lebt, gefährdet die wirtschaftliche Stärke. Nichts ist von Dauer, das hat schon Willy Brandt gesagt.

Was halten Sie von der - rechnerischen - Schuldenfreiheit?

Geisel Als gebürtiger Schwabe liegt mir die Sparsamkeit in den Genen Ich glaube aber nicht, dass die Schuldenfreiheit wie eine Monstranz ideologisch vor sich hergetragen werden sollte. Wichtig ist eine nachhaltige Finanzpolitik.

Gibt es Projekte, für die es sich lohnt, Schulden aufzunehmen?

Geisel Ein guter Kaufmann nimmt Kredite für Projekte auf, die sich rentieren. Das sind grundsätzlich sinnvolle Investitionen.

Sie sind in Schwaben geboren, waren im Studium und beruflich viel in der Welt unterwegs. Fehlt Ihnen in Düsseldorf nicht der Stallgeruch?

Geisel Ich kenne viele Menschen in Düsseldorf, die ihre Wurzeln nicht hier haben und sich hier zu Hause fühlen.

Wie viele Parteitage der SPD haben Sie in Düsseldorf erlebt?

Geisel Einige Themenparteitage, auch wenn ich nicht selbst Delegierter war. Ich gehöre dem Ortsverein Düsseldorf-Golzheim an.

Was ist, wenn Sie die OB-Wahl verlieren? Ziehen Sie in den Stadtrat ein?

Geisel Ich spekuliere nicht. Ich will OB werden.

Sind die Grünen Ihr Wunschpartner?

Geisel Mit ihnen gibt es die größte Schnittmenge. Aber ich halte nichts von Ausschließeritis.

Sie sind bei Eon-Ruhrgas für den Gasimport zuständig. Wie gut kennen Sie Gerhard Schröder, der sich ja für Gazprom engagiert?

Geisel Ich kenne ihn besser aus meiner Zeit als Referent des Bundesgeschäftsführers Karl-Heinz Blessing. Beim Gasgeschäft gibt es zwischen uns keine Berührungen.

Wie sehr berühren Sie als Marathonläufer die Anschläge beim Marathon in Boston?

Geisel Sehr, denn ich habe zwei Jahre in Boston gelebt und wollte dieses Jahr zum ersten Mal mitlaufen. Aus familiären und terminlichen Gründen hat es nicht geklappt. Zum Glück, muss ich inzwischen sagen.

Was ist schwieriger zu führen: eine Stadt oder fünf Töchter?

Geisel Es ist als OB sicherlich von Vorteil, wenn man fünf Töchter hat.

DAS INTERVIEW FÜHRTE DENISA RICHTERS.

(RP/jco)
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