Serie Mit der RP und den Stadtwerken durch die Düsseldorfer Viertel Die Straße der Jungen

Düsseldorf · Vielleicht weiß nur derjenige die Kurze Straße in Gänze zu schätzen, der vorher auf der Bolkerstraße war. Dort, wo aus jedem zweiten Laden dieselbe Musik ballert und es in jedem anderen das gleiche Schnitzel zu essen gibt und sich bloß die Namen ändern. Wo Auswärtige den Spaß ihres Lebens suchen und Junggesellenabschiede keine Gelegenheit verstreichen lassen, Alkohol aus Klo-Keramik zu trinken.

Serie Mit der RP und den Stadtwerken durch die Düsseldorfer Viertel: Die Straße der Jungen
Foto: Hans-Juergen Bauer

Die Kurze Straße ist nur hundert Meter entfernt, sie verläuft parallel, aber gefühlt liegt sie in einem anderen Viertel. "Die Kurze Straße war schon immer eine Anlaufstelle für das junge Düsseldorf", sagt Stefan Gehlhaar. Der 46-Jährige betreibt an der Kurzen Straße 3 den Suppenimbiss "et‘ Süppche", das bis 2013 noch "Qüche" hieß und wochentags von 12 bis 16 Uhr geöffnet hat. Gehlhaar ist in Düsseldorf aufgewachsen und kennt die Kurze Straße seit mehr als 20 Jahren. "Die Leute gehen hier gezielt weg." Dass sich Ortsunkundige nur selten auf die Kurze Straße verirren, wird schon allein dadurch sichergestellt, dass die U-Bahn-Haltestelle "Heinrich-Heine-Allee" die Fahrgäste nur zum Einkaufen Richtung Flinger Straße entlässt und zum Durchdrehen Richtung Bolkerstraße. Die Kurze Straße ist nun ja kürzer als die Bolkerstraße und trotzdem hat sie deutlich mehr zu bieten. Es ist die Vergnügungsmeile der jungen Düsseldorfer.

Das beginnt schon mit den vier Pizzabuden, die an der Kurzen Straße und den Nachbargassen liegen, keine halbe Minute voneinander entfernt. Es gibt Zeiten, da ist es in jeder von ihnen so voll, dass man nicht mal hineinkommt. Nach Mitternacht, wenn es auf der Kurzen Straße erst richtig losgeht. Vorher geht es so gediegen zu wie auf der Ratinger Straße, danach vibriert sie. Das liegt nicht nur, aber besonders an einer Kneipe. Vielleicht muss man die Geschichte der Straße in zwei Abschnitte einteilen: vor und nach Eröffnung der Brauerei Kürzer. Seit 2010 steht sie dort, die fünfte Hausbrauerei der Stadt. Der Betreiber hatte ein Altbier für die jungen Düsseldorfer schaffen wollen und es ist ihm gelungen. "Das hat noch mal eine Menge Leute angezogen", sagt Gehlhaar. "Es ist ein Brauhaus, aber ein modernes."

Wenn es hoch hergeht, findet man dort und im benachbarten "Schaukelstühlchen", das denselben Betreiber hat, keinen Platz mehr, und die Straße davor wird zur Engstelle. Die Leute stehen beinahe bis in die gegenüberliegende "Siam Cocktailbar", in der es immer einen Platz gibt, weil sie laut Eigenaussage die größte in NRW ist. Dafür fehlt ihr die Gemütlichkeit. Ganz im Gegensatz zum "Engelchen", einem der Treffpunkte für Alternative. Zu fortgeschrittener Stunde muss man allerdings laut sprechen, um sich gegen den Punkrock Gehör zu verschaffen. Das ist im "Tube" fast nicht mehr möglich, dort läuft ebenfalls laute Gitarrenmusik, regelmäßig auch direkt von der Bühne. "Das Tube ist einer der wenigen Orte in der Altstadt für Live-Musik", sagt Gehlhaar.

Auf der zweiten Hälfte wird die Kurze Straße etwas ruhiger. Im "Ham Ham" lässt sich mit deftiger Küche und besonders dem Schweinebrötchen eine Grundlage für den Alkohol schaffen. Die Bar "Q-Stall" ist auch dank Türsteher ein Rückzugsort, zu später Stunde wird dort allerdings zu Rock, Soul und Funk getanzt. Eine Oase seit 20 Jahren ist für Gehlhaar das "Melody" auf der anderen Seite mit seinen viel gepriesenen Cocktails und einer Tür, die den Lärm draußen hält, Auch das französische Café "Bar Chérie" bietet einen Platz für alle, die sich zurücklehnen wollen.

Es gibt allerdings ein paar Läden, die passen nicht unbedingt an die Kurze Straße, eine Entwicklung, die Gehlhaar seit fünf Jahren beobachtet. Man erkennt sie daran, dass sie Kurze für einen Euro anbieten, dass dort ähnliche Musik rausknallt wie auf der Bolkerstraße. Für Gehlhaar sind das Fremdkörper, die die Hemmschwelle für Gewalt gesenkt haben, weil der Alkohol dort so günstig ist. Eine Tendenz, die Gehlhaar beunruhigt. "Ich hoffe, dass die Kurze Straße nicht ein Abklatsch der Bolkerstraße wird."

Die Straße ist zwar die Straße der Jungen, hält aber auch ein paar Orte für Leute über 40 bereit. Die Kurze Straße beginnt jung, aber sie endet älter. Die Kneipe "Knoten" steht dort schon seit Jahrzehnten, der Brauereiausschank "Zum St. Sebastian" wird dank Partymusik nach Mitternacht zu einer unvermuteten Feierstätte. Danach ist es nur noch eine Minute bis zu den Treppenstufen am Burgplatz. Noch so ein Ort des jungen Düsseldorfs.

(ac)
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