Düsseldorf Die Taxi-Dynastie der Pawigs

Düsseldorf · Bereits seit 1914 lenkte die Familie Pawig Droschken in Düsseldorf. Es begann noch mit Pferden. Günter Pawig war dann der letzte Taxifahrer in der Familie.

 Günter Pawig mit Fotos der Taxifahrer in seiner Familie: Auf dem Foto rechts in seiner Hand der Vater, links er selbst in jungen Jahren.

Günter Pawig mit Fotos der Taxifahrer in seiner Familie: Auf dem Foto rechts in seiner Hand der Vater, links er selbst in jungen Jahren.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Etwas vergilbt und an einigen Stellen angerissen, ist das alte Papier, aber die Schrift ist noch deutlich zu erkennen. Günter Pawig hütet das Schriftstück wie seinen Augapfel. Es ist der Erlaubnisschein seines Opas, ein motorisiertes Taxi fahren zu dürfen. "Er fuhr schon lange Pferdedroschke, 1914 erhielt er die Lizenz für eine Kraftdroschke und war damit wahrscheinlich einer der ersten in Düsseldorf", sagt Günter Pawig.

Die Regeln waren klar vorgegeben: Für jede Kraftdroschke musste der Fahrer eine Kutsche außer Betrieb nehmen. Die Uniform für den Fahrer blieb gleich, außer dass der Opa die silberne Borde an seiner Mütze gegen eine goldene tauschen durfte. Ein altes Foto zeigt den Großvater stolz am Steuer seines Dreirads, einer Cyclonette. Als Passagiere haben seine Frau und seine Kinder Platz genommen. Pawig war zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht auf der Welt, aber er erinnert sich gut an die Erzählungen seines Großvaters: "Die Zeiten waren damals noch ganz anders. Es konnte vorkommen, dass er auf einer Fahrt vom Bahnhof nach Oberkassel zweimal den Reifen wechseln musste", sagt Pawig.

Nach seinem Tod übernahmen die Großmutter und eine Tante gemeinsam das Geschäft - in einer Zeit, als es für Frauen noch nicht üblich war, selbstständige Geschäftsfrauen zu sein. "Sie hatten zwar einen Fahrer, aber meine Tante hat auch selbst den Taxischein gemacht und ist hin und wieder gefahren." Auch wenn seine eigene Mutter persönlich nichts mit dem Taxiunternehmen zu tun hatte - ihren Mann hat sie dennoch darüber kennengelernt. Der kam nämlich auch aus einer Taxifahrerfamilie.

Wie viele seiner Verwandten gefahren sind, kann Pawig kaum auflisten. Beide Opas, sein Vater, einige Onkel und Neffen - und selbstverständlich auch er selbst. Sein erster Aufenthalt im Taxi währte allerdings nicht sehr lange; "Als kleiner Junge hat mein Vater mir mal erlaubt, mich auf den Beifahrersitz zu setzen, aber ich durfte nichts anfassen. Als ich doch nach vorne zur Ablage gegriffen habe, hat er mich schnell wieder herausgeholt", sagt er.

Günter Pawig machte eine Ausbildung zum Großhandelskaufmann und arbeitete auch in diesem Lehrberuf, doch mit 28 Jahren machte auch er seinen Taxischein - und fuhr für einen zusätzlichen Verdienst. Für seine Familie blieb kaum noch Zeit. Weihnachten, Silvester, Karneval - während andere Familien gemeinsam feierten, saß er im Taxi. An eine technische Ausstattung wie Funk war damals noch nicht zu denken. Jeder hatte einen festen Stellplatz, zu dem er wieder zurück musste. Von einem Haltepunkt in Derendorf nach Benrath zu fahren und dort im Süden wieder neue Passagiere aufnehmen - das wäre nicht erlaubt gewesen. Über Navigationsgeräte kann der 82-Jährige nur den Kopf schütteln. Er hatte alle Straßennamen und die schnellsten Routen im Kopf. Etwa zwei Millionen Kilometer, so schätzt er, ist er in seinem Leben gefahren. Das Taxifahren hat er erst vor zehn Jahren - als er schon längst im Rentenalter war - an den Nagel gehängt. Privat fährt er bis heute gerne.

Mit ihm ist die Taxi-Ära der Familie wahrscheinlich beendet, die jüngere Generation geht heute anderen Berufen nach.

(RP)
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