Düsseldorf Die "Waldschänke" bleibt Chefsache

Düsseldorf · Anwohner, Bezirkspolitiker, Eigentümer, Investoren und der Oberbürgermeister trafen sich am Runden Tisch, um das Schicksal einer ehemaligen Kneipe in Vennhausen zu diskutieren. Das ist gelebte Demokratie. Und ziemlich mühsam.

 Viele Menschen kamen am Dienstagabend in Rathaus, um über die "Waldschänke" zu diskutieren. Die Anwohner fürchten um die Siedlung Freiheit.

Viele Menschen kamen am Dienstagabend in Rathaus, um über die "Waldschänke" zu diskutieren. Die Anwohner fürchten um die Siedlung Freiheit.

Foto: Bernd Schaller

Den Anfang macht der Oberbürgermeister, weil der ja schließlich Hausherr ist. "Ich bin froh darüber, dass alle Parteien noch einmal bereit sind, zu reden", sagt Thomas Geisel, dann übergibt er das Wort an den Moderator dieses Runden Tisches, Bruno Braun, Architekt. Er habe sich alles angesehen, sagt der und legt die Reihenfolge fest, in der die Gruppen ihre Sicht der Dinge darlegen können. Es gehe um eine Annäherung der Positionen, sagt Braun, die Polemik soll rausbleiben, beim Eigentümer, beim Investoren, bei der Politik, beim Tennisverein und bei den Anwohnern. Und spätestens jetzt wird klar: Das wird nicht der letzte Runde Tisch zum Thema "Waldschänke" sein. Geisel hat seine Lesebrille aufgesetzt, der Saal ist voll, es grummelt, als die Verwaltung einen Sachstandsbericht gibt - die Ouvertüre nach Aktenlage.

So geht Demokratie, könnte man nun sagen. Mühsam, zäh und manchmal auch ein wenig seltsam anmutend. Der Beitrag der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, des Investors also, der die "Waldschänke" abreißen und neue Wohnungen bauen will, macht das wohl am ehesten deutlich. Man haben mit dem Baumamt gesprochen, alle Auflagen erfüllt, Lärmschutzgutachten erstellt, Pläne gezeichnet, niemand habe sich je gegen das Vorhaben gestellt, jahrelang. Bis jetzt eben. Es klingt ein wenig verzweifelt, und doch nutzt es nichts. Die "Waldschänke" ist zum Politikum geworden, Spielball auch der neuen Verhältnisse im Düsseldorfer Stadtrat. Sie steht wohl nur noch, weil die Opposition eine Möglichkeit sieht, über sie den OB ziemlich blöd aussehen zu lassen. Und wegen der Anwohner natürlich.

1100 Unterschriften haben sie in den vergangenen sechs Wochen gesammelt. Dabei geht es den meisten gar nicht um den Abriss des einzelnen Gebäudes. Es geht darum, die Siedlung insgesamt zu erhalten. Wenn die Eigentümerin Wogedo abreißen lassen darf, werden auch andere abreißen wollen. Ein Anwohner erzählt, dass einer seiner Nachbarn bereits nur darauf warte.

Wieder andere fühlen sich überrumpelt, werfen der Wogedo vor, nicht ernsthaft über Alternativen nachgedacht zu haben. "Wir sind unseren Mitgliedern verpflichtet", sagt deren Vorstand. Vier Prozent Rendite, seit 60 Jahren sei man in der Siedlung, "wir bleiben in der Siedlung Freiheit." Eine Alternative, eine Idee, irgendetwas, das den Anwohnern entgegenkommt, hat die Wogedo nicht dabei.

Der OB sagt, er wolle den Ist-Zustand vermeiden, eventuelle Klagen des Investors, wenn der denn nicht bauen kann, sieht er, Schadensersatzforderungen, Belastungen für den Haushalt, wenn das Gebäude weiter verfällt. Geisel bekommt ziemlich viel Prügel von den Bürgern. Warum er sich nicht rausgehalten habe, warum er die BV, die den Abriss abgelehnt hatte, überstimmt habe, das Wohl der Stadt hänge doch wohl kaum von der "Waldschänke" ab. "Für Sie mag das ja nicht wichtig sein", sagt er. Wenn Geisel in die Enge getrieben wird, beißt er. Auch wenn Geisel im Rat könnte, wie er wollte, wäre das Gebäude schon weg.

Ein Kompromiss ist nicht in Sicht. Doch man hat sich kennengelernt, Argumente ausgetauscht. Es wird wohl einen weiteren Runden Tisch geben, in kleinerer Runde. Die Bürgerinitiative will Vorschläge machen, das geht nicht so schnell. "Immerhin steht sie noch", sagt einer.

(RP)
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