Serie Düsseldorf wächst Die Wohnung von der Stange

Düsseldorf · Ein Tag in einer Musterwohnung in Düsseldorf-Grafental: Drei Zimmer mit Bad, komplett eingerichtet, die Fenster der Schlafzimmer sind mit Sichtfolie verklebt, man blickt auf eine animierte Nachbarschaft. Die Stimmung ist gut. Bei Verkäufern und Käufern. Und doch ist da noch etwas.

Fu-Kung Shen und seine Frau Li-Yung Tsai in der Musterwohnung in Grafental. Sie haben schon gekauft und wollen im Juni einziehen.

Fu-Kung Shen und seine Frau Li-Yung Tsai in der Musterwohnung in Grafental. Sie haben schon gekauft und wollen im Juni einziehen.

Foto: Andreas Endermann

Wenige Begriffe sind so abgedroschen wie dieser: der Traum vom eigenen Heim. Dahinter steckt eine Romantisierung, die dem Geist der fünfziger Jahre entstammt, als Papa nach Feierabend noch selbst zur Kelle griff, als Mutti samstags Stullen zur Baustelle schleppte und die Kinder das Wochenende auf dem Spielplatz Baustelle verbrachten, bis irgendwann das Haus stand: steingewordener Kleinbürgertraum.

In der Musterwohnung des Baugebiets Grafental hingegen sind die Leute pragmatisch. Sie sind modern, wenn man so will, der Angestellte wird nicht zum Bauarbeiter, nur weil er Eigentum erwirbt. "Im Grunde unterscheidet sich das nicht so sehr von den Vorgängen in einem Autohaus", sagt Ulrich Tappe, Geschäftsführer der Grafental GmbH. Tappe ist einer der Entwickler. Als er hier anfing, war das Baugebiet noch "die Fläche hinter der Metro", wie er sagt. Jetzt entstehen hier knapp 1600 Wohnungen — ein neuer Stadtteil für Düsseldorf.

Der erste Bauabschnitt ist schon fertig, bis auf eine Wohnung mit zwei Zimmern ist alles verkauft. In einer ehemaligen, denkmalgeschützten Werkshalle der Hohenzollern-Werke, dort wo früher Lokomotiven montiert wurden, hat man eine Musterwohnung eingerichtet. Drei Zimmer mit Bad, komplett eingerichtet, die Fenster der Schlafzimmer sind mit Sichtfolie verklebt, man blickt auf eine animierte Nachbarschaft. "So bekommen die Menschen, die sich für eine Wohnung interessieren, ein Gefühl für die Räume", sagt Vertriebsleiter Andreas Mauska.

Jede Klientel wird angesprochen

Jeder Interessent kommt in die Wohnung. Der Vater, der für seine Tochter ein Penthouse kauft, wie die Familie, die sich das Geld mühsam zusammengespart. 80 Prozent des Marktes decke man hier ab, sagt Mauska. Er hat die Musterwohnung in den Möbelhäusern der Düsseldorfer Innenstadt eingerichtet. Böden, Armaturen, Türen, Fenster und Waschbecken geben einen Überblick über Standardausstattungen und mögliche Extras. Draußen rollen schon die Bagger für die nächsten Bauabschnitte, am Freitag ist Grundsteinlegung. Die Musterwohnung ist ein begehbarer Katalog, auch für die neuen Interessenten.

Fu-Kung Shen schaut sich den Katalog gemeinsam mit seiner Frau, Li-Yung Tsai an. Es gilt noch ein paar Kleinigkeiten zu klären, den Kaufvertrag für ihre Wohnung haben die beiden schon unterschrieben. Das Paar kommt aus Taiwan, Shen ist Vertriebsingenieur für den asiatischen Raum bei einem deutschen Maschinenbauer, sie haben zwei kleine Kinder. Lange haben sie nach einer Wohnung gesucht. Sie wollten kaufen, raus aus ihren 70 Quadratmetern, nun haben sie rund 120 Quadratmeter, ein Stück Garten und einen Stellplatz in der Tiefgarage.

"Es ist der Standard-Boden"

Dennoch ist Frau Tsai unsicher. "Wir haben uns sehr verschuldet", sagt sie. Ein Gang durch den Innenhof des ersten Bauabschnitts, wo gerade die Buchenhecken in ihr Granulat gesetzt werden. Bald kommt der Rollrasen. Frau Tsai steht auf ihrer Terrasse und fragt sich, ob der Garten nicht doch kleiner ist, als sie sich das vorgestellt hat. Ihr Mann macht Fotos von Anschlüssen. "Sehr schönen Boden haben sie ausgesucht", sagt Mauska. "Es ist der Standard-Boden", antwortet Frau Tsai.

Im Gegensatz zu anderen Neubaugebieten erweckt Grafental keinen falschen Schein, man macht nicht auf Luxus, indem man den Häusern wohlklingende Namen gibt, auch Mauska und Tappe kommen eher bodenständig daher. Bei Tsai und Shen war das ein Grund, warum sie sich für die Wohnung entschieden haben. Arrogant sei man ihnen an anderen Standorten gekommen. Zweimal haben Makler kurz vor dem Abschluss eines Kaufvertrages versucht, den Preis nach oben zu treiben, sagen sie. Ihre Suche hat insgesamt drei Jahre gedauert. Im Juni wollen sie einziehen.

(RP)
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