Düsseldorf Diese Frau macht (fast) keinen Müll

Düsseldorf · Hanna Stosik lebt "Zero Waste" - dabei verzichtet sie im Alltag fast komplett auf Verpackungen. Eine Einkaufstour durch Düsseldorf.

 Verpackungsfreie Gewürze sind nicht leicht zu finden. Im Gewürzladen von Miriam Seegers in der Altstadt ist Hanna Stosik (rechts) fündig geworden.

Verpackungsfreie Gewürze sind nicht leicht zu finden. Im Gewürzladen von Miriam Seegers in der Altstadt ist Hanna Stosik (rechts) fündig geworden.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Wie stellt man sich jemanden vor, der im Alltag fast komplett auf Verpackungen verzichtet? Der kein gewöhnliches Deo, Duschgel oder Zahnpasta benutzt? Wir treffen Hanna Stosik im Woyton am Marktplatz. Die 32-Jährige mag so gar kein Klischee erfüllen, in keine Schublade passen, in die man sie stecken möchte. Die zierliche Frau mit den schwarzen Locken und dem strahlend weißen Lächeln grüßt freundlich, bestellt sich einen frischen Minztee und kommt ins Plaudern.

Vor zwei Jahren stößt sie auf das Phänomen "Zero Waste", als sie eine Dokumentation über Bea Jonson sieht. Die Kalifornierin mit französischen Wurzeln gilt als Vorreiterin der Szene, lebt mit ihrer Familie praktisch komplett verpackungsfrei. "Ich habe auch schon vorher darauf geachtet, umweltbewusst zu leben", sagt Hanna Stosik. Der Schritt, verpackungsfrei zu leben, ist aber dennoch ein großer - und er kam von einem Tag auf den nächsten. Mittlerweile verzichtet die Radiologin, die an einem Krankenhaus arbeitet, auf gewöhnliche Zahnpasta, wäscht sich mit Kernseife und kauft fast ausschließlich verpackungsfreie Produkte.

 Auf dem Markt am Carlsplatz bekommt Hanna Stosik vor allem Obst und Gemüse verpackungsfrei.

Auf dem Markt am Carlsplatz bekommt Hanna Stosik vor allem Obst und Gemüse verpackungsfrei.

Foto: Andreas Endermann

"Mein größter Erfolg ist, dass ich auch meinen Mann überzeugt habe", sagt sie und lacht. Während Stosik auf einem Hof in Polen aufgewachsen ist, von dort die ganzheitliche Verwertung von Lebensmitteln kennt, war ihr Ehemann immer schon Stadtkind. "Darum sind manche Dinge zu Hause auch noch so geblieben, wie vorher", sagt sie. Toilettenpapier gebe es zum Beispiel nach wie vor - andere verpackungsfrei lebende Menschen nutzen stattdessen eine Wasserspülung.

Ansonsten wird der Lebensstil vor allem an zwei Orten präsent: In der Wohnung - wo früher Verpackungen in den Regalen standen, sind die Produkte jetzt in Gläsern abgefüllt. Und beim Einkaufen. "Man muss sich deutlich mehr Gedanken darüber machen, was man wirklich benötigt und wo man es bekommt", sagt Stosik. Die Einschränkung habe aber auch etwas Befreiendes. "Früher wurde ich vom Angebot oft erschlagen. Das ist heute nicht mehr so."

Manche Dinge sind nach wie vor nicht mal eben so verpackungsfrei zu finden - Gewürze zum Beispiel. "Das Gewürzhaus in Düsseldorf ist eine echte Ausnahme", sagt die 32-Jährige. Hier lässt sie sich alles in die von ihr mitgebrachten Weckgläser füllen - heute ist es grobes Salz. Die Verkäufer kennen ihre Pappenheimer. "Ich gehe gerne in kleinere Läden, weil ich dort schon erkannt werde und nicht alles erklären muss", sagt Stosik. "Außerdem haben die Mitarbeiter eher Verständnis als bei großen Ketten. Aber auch bei Bio-Läden hat man häufiger Glück."

Wenn es ihre Arbeitszeit zulässt, besucht die 32-Jährige am liebsten Märkte - heute geht es auf den Carlsplatz. "Hier bekommt man fast alles unverpackt", sagt sie. Vor allem Obst und Gemüse holt Stosik gerne auf dem Markt. Zum einen stellen die Verkäufer nicht immer automatisch Kassenbons aus, zum anderen kann sie die Ware einfach in die selbst mitgebrachten Jutebeutel packen lassen. Per Zufall entdeckt die 32-Jährige einen Stand mit Holzprodukten und nimmt für ihren Mann einen Kamm mit. Der kostet zwar 15 Euro, "hält dafür aber auch die nächsten zehn Jahre", sagt Stosik. Zum Schluss ein Besuch bei Manufactum an der Steinstraße. Hier war sie noch nie einkaufen: viel Publikumsverkehr, exponierte Lage. "Ich denke nicht, dass ich hier Erfolg haben werde", meint Stosik noch - versucht es aber trotzdem und landet sofort einen Volltreffer. Wie selbstverständlich füllt die Verkäuferin den Gouda in die selbst mitgebrachte Plastikdose und reicht ihn über die Theke. Ein weiteres Geschäft auf Stosiks Liste.

Eine müllfreie Szene gibt es in Düsseldorf übrigens noch nicht, anders als in Köln zum Beispiel. "Die Stadt tickt anscheinend doch ein wenig anders", sagt Stosik. Dabei sind es manchmal schon Kleinigkeiten: Wie der Minztee bei Woyton, der auf Beutel, Plastiklöffel und Zuckertütchen verzichtet. "Zero Waste" eben, nur ganz nebenbei.

(lukra)
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