Düsseldorf Dieser Mann zählte 15.114 Gaslaternen

Düsseldorf · Harald Schwarz erstellte ein Verzeichnis von fast allen Düsseldorfer Gasleuchten - zu Fuß. Warum bloß?

 Mit Fotokamera und GPS-Empfänger hat Harald Schwarz die Gaslaternen verzeichnet, natürlich auch schon diese in der Carlstadt.

Mit Fotokamera und GPS-Empfänger hat Harald Schwarz die Gaslaternen verzeichnet, natürlich auch schon diese in der Carlstadt.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Vor kurzem hat Harald Schwarz (56) doch noch Gaslaternen entdeckt, die er nicht kannte. Also ist er die Diepenstraße in Gerresheim abgelaufen, wie immer ausgestattet mit GPS-Sender und Fotokamera. 14 Laternen hat er gefunden. Jede hat er zwei Mal fotografiert, wie üblich. So wusste er noch alle Details, als er zu Hause die Funde notierte. Es waren Aufsatzleuchten, senkrechter Mast, vier Flammen, Betreiber: Stadtwerke. Jetzt sind auch sie bei Open Street Map vermerkt - und Schwarz ist zuversichtlich, dass kaum noch welche fehlen.

15.114 Laternen hat Harald Schwarz in der kostenlos nutzbaren Internet-Karte verzeichnet. Wie viele Stunden er dafür unterwegs war, hat er nicht nachgehalten. Es waren jedenfalls viele. Dabei ist er gar kein Gaslicht-Aktivist. Der 56-Jährige ist vor allem leidenschaftlicher Sammler - und er ist überzeugt, dass die Gesellschaft durch mehr öffentlich zugängliche Informationen besser wird. "Die Arbeit an der Karte ist schon ein politisches Ding", sagt er.

An seiner Gaslaternen-Sammlung gibt es in diesen Tagen in der Tat verstärktes politisches Interesse. In Düsseldorf tobt wieder der erbitterte Streit um den Erhalt der historischen Beleuchtung. Kritiker werfen der Stadtverwaltung vor, den Bürgern viele Infos vorzuhalten. Zum Beispiel gibt es keine offizielle Online-Karte, aus der hervorgeht, wo es überhaupt noch Gaslicht gibt.

Diese Informationen liefert das Verzeichnis, das Schwarz in seiner Freizeit erstellt hat. Sechs Jahre hat der Ratinger daran gearbeitet. Erst hat er sich mit dem Fahrrad einen Überblick verschafft. Dann ist er alle Straßen mit Gaslicht abgelaufen. Angefangen hat er in Golzheim, dann hat er zwischen Kaiserswerth und Benrath die Quartiere abgearbeitet. Mehr als 1000 der Lampen, die er verzeichnet hat, hat die Stadt inzwischen durch strombetriebene Laternen ersetzt - es gibt nur noch rund 14.000.

Schwarz, der als Kommunikationstechniker arbeitet, entdeckte 2010 das damals noch junge Projekt Open Street Map. Die Idee: Eine für jeden zugängliche Karte, die von den Nutzern erstellt wird. Damals waren in Düsseldorf nur die Hauptverkehrsstraßen verzeichnet, inzwischen ist die Karte so genau, dass sich die Mapper immer speziellere Projekte suchen müssen. Manche verzeichnen stillgelegte Bahngleise, andere Zusatzinfos für Radfahrer.

Auf die Gaslaternen ist Schwarz unter anderem durch persönlichen Bezug gekommen: Sein Vater wartete Gasleuchten für die Stadtwerke. Zudem schätzt er es, dass Düsseldorf durch das umfassende Gasleuchten-Netz ein Alleinstellungsmerkmal hat. Dass ein Großteil der Lampen verschwinden soll, kann er deshalb nicht nachvollziehen - auch bei Argumenten wie Energieverschwendung. "Bei Schloss Benrath beschwert sich auch niemand über hohe Heizkosten", meint er.

Schwarz arbeitet bereits an den nächsten Projekten: Er hat schon 240 der 277 Stolpersteine verzeichnet, die in Düsseldorf an Opfer des Nationalsozialismus erinnern - die Steine sind schwerer zu entdecken als Laternen, meint er. Und dann hat er noch ein Projekt vor Augen, dass ihn für eine Weile beschäftigen dürfte: Ein Großteil der Straßenbäume fehlt noch in der Online-Karte.

Auf der Internet-Seite des Gaslaternen-Projekts finden sich diverse Spezialkarten: http://wiki.openstreetmap.org/wiki/D%C3%BCsseldorf/Projekte/Gaslaternen

(arl)
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