Düsseldorf Drogen im Asia-Gemüse versteckt

Düsseldorf · Ein asiatischer Lebensmittelgroßhandel in Heerdt diente offenbar mehrere Jahre lang als Tarnung für die Rauschgiftgeschäfte der Betreiber. Die Zwillingsbrüder kommen demnächst vor Gericht. Die Ermittlungen dauern an.

 Fotos aus der Polizeiakte zeigen die sichergestellten Drogen (20 Kilogramm verschiedener Sorten), das Dealergeld und die Zufahrt zur Plantage.

Fotos aus der Polizeiakte zeigen die sichergestellten Drogen (20 Kilogramm verschiedener Sorten), das Dealergeld und die Zufahrt zur Plantage.

Foto: sg

Die "Lebensbeichte" eines 25-jährigen Düsseldorfers hat Andreas K. und Jens F. vom Rauschgiftkommissariat einen spektakulären Fall beschert. Denn dieser junge Mann, der im Mai 2015 von den Drogenfahndern mit 1500 Ecstasy-Tabletten gefasst wurde, hatte eine Menge zu erzählen. Mehrere Wochen wurde er befragt, dann nahmen die beiden Fahnder als Ermittlungskommission "Biaden" einen Heerdter Gemüsehandel unter die Lupe.

Allein in dem Dreivierteljahr, in dem das Unternehmen, das asiatische Restaurants und Geschäfte mit Lebensmitteln beliefert, unter polizeilicher Beobachtung stand, sollen die Besitzer mit Rauschgift mehr als eine halbe Million Euro zusätzlich umgesetzt haben. Die 33-jährigen Zwillinge sitzen seit August in Haft.

Seit 2013 soll das Drogengeschäft im Gemüseladen schon gelaufen sein. Bis dahin waren die - polizeilich völlig unbescholtenen - Zwillinge in einer anderen Branche tätig, hatten mit ihrem letzten Geschäft pleite gemacht. Mit der Eröffnung des Gemüsegroßhandels sei dann zeitgleich der Drogendeal gestartet, berichteten die Ermittler gestern. Und der lief so: Mit unauffälligen weißen Transportern fuhren die Zwillinge und ihre Mitarbeiter regelmäßig nach Holland, kauften dort Gemüse und Drogen. Zwei Sorten Cannabis (standard und extrastark) in Form von Haschisch und Marihuana, Kokain, Amphetamin und Ecstasy wurden so fast täglich zwischen Möhren und Kohl nach Heerdt kutschiert, im Kühlhaus gelagert, portioniert und verpackt. Mit den Lieferungen an die Gemüsekunden wurde auch das Rauschgift ausgeliefert. Allein nach Berlin soll aus Heerdt regelmäßig ein Transport mit fünf Kilogramm Amphetamin (Kilopreis ca. 7000 Euro) und 20.000 Ecstasy-Pillen gerollt sein. Nicht selten zahlten die Heerdter Brüder die Drogen erst nach dem Weiterverkauf, was für ihren guten Ruf in der Szene spricht.

Und sie hatten ein weiteres Standbein: Auf der Farm ihrer Champignon-Lieferantin in Nettetal investierten die Brüder den Ermittlern zufolge in eine Cannabis-Plantage mit 300 Pflanzen. Die "Champignon-Frau" pflegte sie, lieferte die Ernte und bekam im Gegenzug auch regelmäßige Pilzbestellungen. Als im vergangenen August die Ermittler den Handel auffliegen ließen, entdeckten sie auf der Champignon-Farm noch eine weitere Plantage. Diese mit 1500 Pflanzen deutlich größere Haschisch-Zucht gehörte zwei Holländern, die das Areal dafür von der 45-jährigen Nettetalerin gepachtet hatte. Dafür sind alle drei verurteilt worden.

Das Ende der Champignon-Farm war auch das Aus für den Großhandel in Heerdt: Am 10. August hatten die Ermittler mit ihren Ergebnissen Staatsanwalt und Untersuchungsrichter überzeugt, fuhren mit Durchsuchungsbeschlüssen und 120 Beamten zu den nebeneinander liegenden Wohnungen der Zwillinge in Derendorf, zur Firma und auf die Champignonfarm, ließen auch die Wohnungen eines Gemüsefahrers und eines Lageristen durchsuchen. Gegen diese vier Männer und gegen die 24-jährige Geschäftsführerin des Großhandels hatte die Polizei zudem Haftbefehle erwirkt.

Sogar ans Jugendamt hatten die Ermittler gedacht: Weil einer der Zwillinge und die Geschäftsführerin ein Kind haben, kümmerte sich das Amt nach der Verhaftung der Eltern um den Einjährigen. Der ist inzwischen wieder bei der Mutter: Sie kam nach einem umfassenden Geständnis auf freien Fuß.

Finanziell wird sie sich allerdings einschränken müssen. Drogenfahnder und Staatsanwalt haben einen dinglichen Arrest in Höhe des von ihnen errechneten, illegalen Gewinns der Brüder erwirkt. Motorräder, Sportwagen und 90.000 Euro Bargeld wurden bereits gepfändet. Doch die Brüder dürften deutlich mehr Geld verdient haben. Auch darum wird es in Prozess gehen, der im März vor dem Landgericht beginnt. Für Andreas K. und Jens F. geht der Fall aber noch weiter, mindestens 60 weitere Verfahren haben sich aus ihren Ermittlungen ergeben.

Ihr wichtigster Zeuge wurde nach seiner Generalbeichte zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er sei geläutert, habe sein Leben komplett geändert, sagen die Ermittler. Aber er habe sich mit seinem Geständnis auch in große Gefahr gebracht.

(RP)
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