Analyse Angermund ist der Streitfall für den RRX

Düsseldorf · Im Norden streiten Anwohner und Bahn über die Planung für den Rhein-Ruhr-Express. Dabei geht es auch um die Frage, wie ernst das Unternehmen die Bürgerbeteiligung nimmt. In einer anderen wichtigen Frage richten sich die Blicke nach Berlin.

 Einige Erfolge hat die kleine Bürgerinitiative schon erzielt gegen die große Deutsche Bahn.

Einige Erfolge hat die kleine Bürgerinitiative schon erzielt gegen die große Deutsche Bahn.

Foto: a. Endermann

Einige Erfolge hat die kleine Bürgerinitiative schon erzielt gegen die große Deutsche Bahn. Angermund wurde in ein eigenes Planverfahren ausgegliedert, um das Gesamtprojekt RRX nicht zu verzögern. Mit einer aufwendigen Berechnung von Fachleuten ist es der Initiative zudem gelungen, dass ihre Idee eines Tunnels ernstgenommen wird. CDU-Chef Thomas Jarzombek nennt sie "hochprofessionell" und einen "hilfreichen Beitrag zu einer Lösung". Und die Bahn hat wegen der Initiative sogar darauf verzichtet, zum gestrigen Info-Abend in Angermund ihr Maskottchen für Bauarbeiten mitzubringen. Das ist ein Maulwurf, und mit einem Tier mit einer Leidenschaft für Tunnel wollte man lieber nicht auftreten.

Bürger und Bahn streiten über die Planung für den Rhein-Ruhr-Express (RRX). Das Mammutprojekt soll in einigen Jahren das Chaos im Pendlerverkehr zwischen den Großstädten an Rhein und Ruhr beseitigen. Künftig sollen mehr und pünktlichere Züge fahren. Dafür sind viele Umbauten nötig, die auch die Nord-Süd-Strecke durch Düsseldorf betreffen (siehe Grafik).

Für die Anwohner wird der RRX einerseits noch mehr Züge an der viel befahrenen Route bedeuten. Andererseits ist er ein Glücksfall: Wegen der Erweiterung von großen Teilen der Strecke sind Bund und Bahn verpflichtet, Lärmschutz nach modernem Standard zu schaffen - bislang gibt es fast keinen. Der Umbau wird von Anwohnern in den meisten Teilen der Stadt deshalb begrüßt, oder zumindest regt sich bislang kein hörbarer Widerstand.

In Angermund ist das anders. Gestern kamen wieder mehr als 250 Zuhörer zu der Info-Veranstaltung in der Walter-Rettinghausen-Halle, auf der die Bahn ein neues Lärmschutzgutachten erläuterte. Sie will auch in Angermund vor allem durch vier Meter hohe Wände die Anwohner schützen. Die Bürgerinitiative kritisiert, dass das nicht ausreicht. Sie will, dass die vier alten und zwei neuen Gleise allesamt verschwinden. "Packt den Lärm in den Tunnel", forderte die Initiative gestern mit Plakaten.

Die Bahn hatte bereits selbst den Bau eines Tunnels in verschiedenen Varianten durchgerechnet, aber als nicht realisierbar verworfen, unter anderem, weil etliche Häuser an der Strecke abgerissen werden müssten. Mit einer kürzeren Lösung hoffen die Bürger nun einen gangbaren Weg gefunden zu haben.

Bei dem Streit geht es auch um die Frage, wie ernst die Bahn die Bürgerbeteiligung nimmt. Das Unternehmen hatte beim RRX von Beginn an viel unternommen, um ein zweites Stuttgart 21 zu verhindern. Es gab schon sehr früh Info-Veranstaltungen und Planungswerkstätten, auf Wunsch kommen die Planer sogar zu Bürgern nach Hause. Auch die Anregungen der Initiative werde man gewissenhaft prüfen, sagt Projektleiter Michael Kolle. "Wir nehmen uns dafür die nötige Zeit." Bei der Bürgerinitiative erlebt man den Prozess ganz anders. Die hat gerade die Gespräche mit der Bahn ausgesetzt, weil sie den Eindruck hat, das Unternehmen wolle doch nur seine Vorgaben durchdrücken. Es deutet sich an, dass nun ein externer Moderator eingeschaltet wird.

Wie viel Aussicht auf Erfolg die Tunnel-Variante hat, ist allerdings ungewiss. Projektleiter Kolle betont, dass eine Lösung erarbeitet werden muss, der das Eisenbahnbundesamt zustimmt. Das achtet nicht nur auf Kosten, sondern zum Beispiel auch auf Auswirkungen für die Umwelt. Zudem stellt sich die Frage, wie man auf der Strecke bei laufendem Betrieb einen Tunnel bauen soll - das würde in jedem Fall eine Baustelle auf Jahre bedeuten.

In der anderen für Düsseldorf wichtigen Frage richten sich derweil alle Blicke nach Berlin. Das Verkehrsministerium prüft immer noch, ob Benrath als zusätzlicher Halt berücksichtigt wird. Ein Gutachter soll Vor- und Nachteile für den RRX abwägen. Beobachter bewerten die Chancen ganz unterschiedlich - im kommenden Jahr soll das Ergebnis vorliegen.

(RP)
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