Düsseldorfer Kunstberater Achenbach-Anklage ist sehr wahrscheinlich

Essen/Düsseldorf · In den Akten der Familie Albrecht fand sich keine Rücknahmegarantie für zu teuer eingekaufte Kunstwerke und Autos. Eine Anklage gegen den Kunstberater Helge Achenbach wegen Betrugs könnte Ende des Jahres fertig sein.

Kunstberater und Ex-Fortuna-Präsident: Das ist Helge Achenbach
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Foto: Endermann, Andreas

Berthold Albrecht war als Erbe des Aldi-Clans ein äußerst penibler Mann. Jede Rechnung zeichnete er persönlich ab, pünktliche Zahlung war dem fünffachen Familienvater und mehrfachen Milliardär wichtig, Absprachen waren einzuhalten, eine saubere Ablage war für sein Büro Pflicht.

Knapp zwei Jahre nach seinem Tod wird Berthold Albrechts Genauigkeit nun wahrscheinlich zur Betrugsanklage des beschuldigten Kunstvermittlers Helge Achenbach führen.

Achenbach soll nach Schätzungen knapp 20 Millionen Euro von Albrecht zu viel kassiert haben, indem er die Einkaufspreise für von ihm ermittelte Kunstwerke und Oldtimer als zu hoch ansetzte. Und wichtigster Beweis für den von der Justiz vermuteten Betrug ist nun Albrechts Buchhaltung: Da finden sich nach Informationen unserer Redaktion zwar viele frisierte Rechnungen von Achenbach bei Einkäufen von Achenbach im Auftrag von Albrecht, doch in Dutzenden Akten findet sich kein Hinweis darauf, dass Achenbach wie von ihm behauptet die Rechnungen in Absprache mit Albrecht zu hoch ansetzte.

Erstaunlicherweise gibt dies ein Sprecher des nun acht Wochen in Unterschungshaft sitzenden Achenbach auch zu. "Die mögliche Rücknahme der Kunstwerke und Autos war nur mündlich vereinbart", heißt es, "erst als Berthold Albrecht gestorben war, bestätigte Herr Achenbach die Rücknahmegararantie gegenüber der Witwe Babette Albrecht in einem Brief."

Tatsächlich ergibt der zeitliche Zusammenhang ein anderes Bild. Schon bald nach Berthold Albrechts Tod am 21. November 2012 war bei der Zusammenstellung des vererbten Vermögens aufgefallen, dass viele der Kunstwerke und Autos teurer eingekauft worden waren, als sie auf dem Markt wert schienen - doch Babette Albrecht ließ die Sache erst einmal auf sich beruhen.

Achenbach war ein guter Bekannter der Familie, öffentlichen Streit mag die im Essener Süden lebende Aldi-Familie sowieso nicht, und die zusammengekauften Kunstwerke und Wagen waren ja auch nicht wertlos - also unterblieben kritische Nachfragen.

Das Bild änderte sich, als aus dem Kreis der Berenberg-Bank ein Hinweis auf seltsame Praktiken von Achenbach kam. Das Geldhaus hatte sich darum mit Achenbach zerstritten und eine Partnerschaft beendet. Denn es war herausgekommen, dass Achenbach über eine gemeinsame Firma dem Milliardenerben Christian Boehringer Kunstwerke rund eine Million Euro zu teuer vermittelt hatte. Erst nach einigem Streit zahlte Achenbach das Geld zurück.

Als Babette Albrecht von dem Vorfall erfuhr, fragte sie wiederum bei Achenbach nach einigen früheren Rechnungen ihres Mannes nach - und Achenbach antwortete im November 2013 mit einer etwas schwammig formulierten Rückgabegarantie für die Objekte. "Da merkte Achenbach wohl, dass es Ärger geben könnte", meint ein Kenner des Verfahrens, "und da schien ihm eine angeblich schon lange existierende Rücknahmegarantie als geschickter Weg, um mögliche Betrugsvorwürfe zu kontern."

Achenbachs Sprecher sagt dagegen, Albrecht und Achenbach hätten verabredet, die Preise zu hoch anzusetzen, damit Babette Albrecht von sehr hohen Vermittlungsprovisionen nichts erfuhr. Zumindest Staatsanwaltschaft und das Landgericht Essen halten von der Behauptung wenig und lassen Achenbach weiter in Untersuchungshaft.

Welche weiteren Entwicklungen sind zu erwarten? Eine Anklage wegen Betrugs könnte Ende des Jahres fertig sein. Weil der 62-jährige Familienvater in Untersuchungshaft sitzt, darf die Justiz die Ermittlungen nicht zu sehr in die Länge ziehen. Es droht im Fall des Falles eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Hauptthema der weiteren Ermittlungen ist, ob es weitere Geschädigte gibt - auch damit Achenbach keine Spuren verwischen könnte, ist er weiter in Haft. Zudem sucht die Justiz herauszubekommen, wo das viele Geld blieb. Inklusive verabredeter Provisionen verdiente Achenbach an den Geschäften mit Berthold Albrecht grob geschätzt rund 25 Millionen Euro in knapp vier Jahren.

(RP)
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