Gründer an der Uni "Düsseldorf bei Start-ups exzellent aufgestellt"

Düsseldorf · Professoren und Gründungsnetzwerker weisen Vorwürfe zurück, Düsseldorf hinke in Sachen Existenzgründung hinterher. Wir sprachen mit Eva Lutz, Thomas Heck und Detlev Riesner (nähere Angaben zur Person im Infokasten).

 Thomas Heck (l.), Geschäftsführer Diwa, Eva Lutz, Professorin für Wirtschaftswissenschaften, und Detlev Riesner, emeritierter Professor für physikalische Biologie, Mitbegründer von Qiagen und Mitglied im Hochschulrat.

Thomas Heck (l.), Geschäftsführer Diwa, Eva Lutz, Professorin für Wirtschaftswissenschaften, und Detlev Riesner, emeritierter Professor für physikalische Biologie, Mitbegründer von Qiagen und Mitglied im Hochschulrat.

Foto: Anne Orthen

In einem RP-Interview hat der Vorsitzende der Gründer-Initiative Start-up-Dorf, Hanns Tappen, beklagt, es fehle in Düsseldorf an einem Gründer-Klima. Teilen Sie diese Ansicht?

Riesner Ich werfe da einfach mal die Firma Qiagen in die Runde. Das war die erste große Ausgründung der Heinrich-Heine-Universität. Dieses Biotech-Unternehmen hat heute mehr als 3900 Angestellte. Es kann also wohl kaum jemand sagen, dass Düsseldorf in Sachen erfolgreicher Gründungen hinterher hinke.

Heck Allein seit 2012 hat es mehr als 20 Ausgründungen an der Heinrich-Heine-Universität gegeben. Die meisten sind wissens- oder technologiebasiert. Es gibt einen engen Schulterschluss zwischen der Universität und der Stadt. Die Forderung von Herrn Tappen, ein Gründerzentrum zu wollen, greift ins Leere. Ein solches Gründerzentrum gibt es schon, das Life Science Center am Merowingerplatz in Bilk.

Lutz Herr Tappens Aussage, es gebe kaum Wissenstransfer zwischen Uni und Wirtschaft, hat uns sehr verwundert - besonders mit Blick auf unsere Transferstrategie und die Positionierung als Gründeruni. Unser Ziel ist es ja gerade, Wissen in die Wirtschaft zu transferieren und zwar insbesondere über Ausgründungen. Und das Cedus (Center for Entrepeneurship) als zentrale Einheit für Gründungsfragen an der Uni sowie die Diwa (Düsseldorfer Innovations- und Wissenschafts-Agentur) sind für Gründer aller Art zentrale Anlaufstellen. Wie wichtig die Themen Transfer und Gründung für die Uni sind, zeigt sich auch darin, dass sie ihren potenziellen Gründern sogenannte Gründerbüros im Life Science Center zur Verfügung stellt und Hilfe zum Beispiel bei Finanzfragen gibt.

Wie sieht denn die Hilfe für Gründer in Finanzfragen konkret aus?

Lutz Zum einen gibt es durch uns kompetente Beratung und Vermittlung im Netzwerk. Darüber hinaus haben wir ein jährliches Budget von 200 000 Euro für Finanzierungsunterstützung. Dabei handelt es sich um einen Zuschuss, also um Mittel, die nicht zurückgezahlt werden müssen, eine Art Stipendium. Jedes Projekt ist auf maximal 75 000 Euro begrenzt. Im Gegenzug hat die Uni die Möglichkeit, sich an einem eventuell entstehenden Unternehmen zu beteiligen. So sind wir näher dran an den Gründern, können helfen und Einfluss nehmen.

Wie viele solcher Beteiligungen gibt es heute schon?

Lutz Zurzeit gibt es vier. Da ist die Firma Tunatech, die Gründer wollen Thunfische züchten. Schon vor der ersten großen Finanzierungsrunde saß die Uni mit am Tisch und hält eine Beteiligung im einstelligen Prozentbereich.

Riesner Eine weitere Beteiligung ist die Firma Autodisplay, die Enzyme für die Pharmaindustrie herstellt. Epivios beschäftigt sich mit Genom-Diagnosen. Eine weitere Gründung mit Uni-Beteiligung ist Evocatal, die entwickelt und produziert Enzyme und Feinchemikalien für die chemische und pharmazeutische Industrie Die Firma ist so schnell gewachsen, dass sie das Life Science Center bereits verlassen musste, weil sie zu groß geworden sind.

Wie werden die Gründer unterstützt?

Heck Das zentrale Element zur Steuerung der Gründerförderung ist die Ende 2009 von der Stadt und Uni gegründete Düsseldorfer Innovations- und Wissenschafts-Agentur Diwa. Sie sitzt im Life Science Center (LSC) und wurde bewusst als GmbH wirtschaftsnah konzipiert. Im Gründerbereich haben wir in Düsseldorf seit 1999 eine kontinuierliche Entwicklung. 2003 wurde das Life Science Center eröffnet. Aktuell sind rund 50 Unternehmen und Existenzgründer im LSC angesiedelt. Es gibt neben Büros auch Labore. Das unterscheidet uns von reinen Co-Working-Modellen wie zum Beispiel bei der Gründergarage in Bilk. Neben den Gründern selbst gibt es im Life Science Center auch spezielle Dienstleister für Gründer, etwa spezialisierte Steuerberater, die Start-ups beraten und diverse Landestechnologienitiativen mit umfassenden Angeboten.

Riesner Wichtig ist auch die Lage des Life Science Centers. Es ist nicht direkt auf dem Uni-Campus, aber nur wenige Minuten zu Fuß davon entfernt. Das ist wichtig für mögliche Kunden. Zentral für Düsseldorf ist auch der Lehrstuhl für Unternehmertum, der von Eva Lutz geleitet wird. Es ist eine Professur auf Lebenszeit, also kein Projekt, sondern etwas Dauerhaftes. Dort arbeiten sechs Mitarbeiter, weitere vier beim Cedus, zwei Kollegen kümmern sich nur um Patente, weitere vier arbeiten bei der Diwa. Düsseldorf ist in Sachen Unternehmensgründungen wirklich exzellent aufgestellt.

Lutz Düsseldorf hat den Vorteil überschaubarer Netzwerke. Unsere Gründungsinitiativen werden von unseren Partnern, wie Stadt, Wirtschaftsförderung, IHK und Sparkasse unterstützt. Hier sei nur das go-dus Gründernetzwerk erwähnt.

Was ist der größte Engpass auf dem Weg zu einer neuen Firma?

Riesner Das ist in der Regel die Finanzierung. Venture Capital, also Risikokapital, ist knapp. Hier besteht Nachholbedarf.

Was halten Sie von der Idee, leerstehende Büros Gründern zur Verfügung zu stellen? Immerhin steht in der Landeshauptstadt jedes achte Büro leer.

Heck Wichtig bei jeder Art von Vermietung an Gründer ist deren Vernetzung untereinander. Dies gelingt nur mit der entsprechenden Infrastruktur. Bei der von Ihnen angesprochenen Vermietung gibt es das Dilemma, dass gerade private Immobilieneigentümer gerne lange Mieterverträge anstreben. Das ist aber nichts für Start-ups, deren Zukunft ja unsicher ist.

Oberbürgermeister Thomas Geisel hat sich den Ausbau Düsseldorfs zur Start-up-Metropole auf seine Agenda geschrieben. Was erwarten Sie von ihm?

Riesner Der OB stellt die Stadt nach außen dar. Eine seiner Aufgaben ist es, Reklame für Düsseldorf und die Vorteile als Gründungsmetropole zu machen. Düsseldorf muss in dieser Hinsicht bekannter werden. Wir glauben aber, dass Herr Geisel diese Strategie verfolgen wird.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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