Düsseldorf Die letzte Stunde im Kaufhof Berliner Allee

Düsseldorf · Galeria Kaufhof an der Berliner Allee in Düsseldorf hat am Samstagabend für immer geschlossen. Zum Abschied gab es großen Andrang – und eine inoffizielle Meisterschaft im Prozentrechnen.

 Um 19.30 Uhr am Samstagabend hat der Kaufhof an der Berliner Allee seine Türen für immer geschlossen.

Um 19.30 Uhr am Samstagabend hat der Kaufhof an der Berliner Allee seine Türen für immer geschlossen.

Foto: Endermann, Andreas

Galeria Kaufhof an der Berliner Allee in Düsseldorf hat am Samstagabend für immer geschlossen. Zum Abschied gab es großen Andrang — und eine inoffizielle Meisterschaft im Prozentrechnen.

Am Ende bleiben: sechs Flaschen halb-trockener Weißwein, drei rote Rosen aus Marzipan, ein halber Schokoladen-Nikolaus und ein gutes Dutzend Lebkuchen-Herzen mit der Aufschrift "Oktoberfest". So wie in den letzten Regalen der Lebensmittelabteilung sieht es am Samstagabend auf allen vier noch geöffneten Etagen und in allen verbliebenen Abteilungen des Kaufhof an der Berliner Allee aus. Das Kaufhaus erlebt seine letzte Stunde, bietet alles zu nochmal und nochmal gesenkten Preisen an, entsprechend wild fliegen und liegen Schmuck, Bücher, Kuscheltiere, Ledertaschen durcheinander.

Vor den Kassen bilden sich lange Schlangen, die Menschen tragen stapelweise Hosen, Jacken und Oberhemden dorthin. Einer der Kassierer hat ein Mikrofon um den Kopf gebunden und verkündet regelmäßig, wie viele Minuten noch zum Einkauf bleiben und wie viel Nachlass der aktuell vor ihm stehende Kunde gerade erhalten hat.

Prozentrechnen ist die Disziplin der Stunde. Auf den Preisschildern sind die Euro-Angaben mehrfach durchgestrichen und durch geringere Summen ersetzt, zudem verkünden diverse Schilder, dass es an der Kasse einen weiteren "Sofort-Rabatt" von 10, 20 oder 50 Prozent gibt. Freundlich, aber müde beantworten die Verkäufer die Fragen, was diese oder jene Ware denn nun endgültig kostet.

Bauboom rund um den Kö-Bogen in Düsseldorf
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Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Für viele Kinder bedeutet dies ein super Weihnachtsfest. Burgen, Schlösser und Schiffe in großen Kartons und noch größeren Tüten verlassen das erste Obergeschoss — meist rechts und links des Verwandten. Für einen Kochfreund steht kein ganz so schönes Fest bevor. Er versucht den Preis für ein Topfset über alle Rabatte hinaus weiter herunterzuhandeln. "Tut mir leid, das geht nun wirklich nicht", sagt der Verkäufer. Einer seiner Kollegen in der Spielwaren-Abteilung bringt währenddessen einige Lego-Kartons wieder in die ordnungsgemäße Ausgangsposition.

Um kurz vor halb acht erfahren es die Kunden in der Parfüm-Abteilung als erste. Ein Mann von sehr unfreundlicher Statur sagt ihnen, dass sie jetzt nicht mehr schauen dürfen, sondern zur Kassen gehen sollen. Wenig später wiederholt eine Stimme vom Band die Information, dass das Kaufhaus heute schon um halb acht schließt. Die Nachricht ist schwer zu verstehen — auch für den Mann mit dem Mikrofon am Kopf. Er beginnt deshalb einen Satz mit der Ansage, jetzt brächen die letzten 30 Minuten an, wird ebenso umgehend wie lautstark von seinen Kollegen auf den Irrtum hingewiesen und endet mit "...schließen wir jetzt, vielen Dank für Ihren Einkauf."

Die Kunden tragen Tüten und ziehen Koffer (und nicht solche, die sie gerade erst erworben haben) Richtung Ausgang. Die Herren an der Tür lassen nun ausschließlich Menschen ins Gebäude, die beim Kaufhof angestellt und zur Abschlussparty eingeladen sind. Die Rolltreppen fahren nur noch Richtung Erdgeschoss. Am Ende bleiben: zwei Justin-Bieber-Kalender 2015, vier Robbie-Williams-Kalender 2015 und sehr viele Exemplare eines Wok-Kochbuchs.

(RP)
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