Düsseldorf Dieser Tunnel ersetzt den Tausendfüßler

Düsseldorf · Am 10. November wird die hochmoderne Röhre eröffnet, durch die der Autoverkehr von Norden nach Süden fließt. Damit sind alle Tunnelbauwerke des Großprojekts Kö-Bogen fertig.

Düsseldorf: So sieht der neue Kö-Bogen-Tunnel (Nord-Süd) aus
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So sieht der neue Kö-Bogen-Tunnel (Nord-Süd) aus

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Foto: Endermann, Andreas

Kann ein Tunnel schön sein? Auf jeden Fall besonders. Das gilt für den letzten Autotunnel, der im Großprojekt Kö-Bogen entsteht. Auf 675 Metern wird unter der Oberfläche der Düsseldorfer Innenstadt nämlich einiges geboten: Berg- und Talfahrt, eine elegante Gabelung - und eine S-Kurve, die am einen Ende an die Oberfläche führt. Am 10. November werden die ersten Autos durch diese Röhrenkonstruktion fahren. Zunächst ist es ein Soft-Opening, mit einspuriger Fahrbahn und Tempo 30, weil bei Verkleidung und Markierungen noch Arbeiten notwendig sind. Ab Mai 2016 soll der Tunnel in voller Funktion sein. Dann führen drei Spuren in den Untergrund, an den beiden Ausfahrten sind je zwei Spuren vorgesehen.

Dieser Tunnel, der von Norden nach Süden führt, ersetzt die Hochstraße, die sich 50 Jahre lang zwischen Hofgartenstraße und Berliner Allee über die City gestreckt hatte. Tausendfüßler hieß das denkmalgeschützte Konstrukt, das viele Feinde und Freunde hatte, schließlich nach etlichen Debatten im Februar 2013 abgerissen wurde. Was früher oben war, liegt nun in nahezu exaktem Verlauf unter der Erde.

Kurz nach der Kreuzung Maximilian-Weyhe-Allee/ Kaiserstraße mit dem Theatermuseum geht es in den Untergrund, zwei Rampen - an der Johanneskirche (Berliner Allee) und an der Immermannstraße - führen den Autoverkehr knapp 700 Meter weiter nach oben. Es sind nur wenige Minuten Fahrt - die führen aber durch ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Denn es galt, etliche knifflige Herausforderungen zu lösen.

Der Abfahrtsrampe folgt vor der Abzweigung in Richtung Heinrich-Heine-Allee erneut ein Gefälle von beachtlichen 7,5 Prozent. Dabei wird die Düssel unterquert. Am tiefsten Punkt liegt die Fahrbahn 13,5 Meter unter der Erdoberfläche. Was man nicht merkt: An dieser Stelle führt die Fahrt unter einem anderen Autotunnel durch - nämlich dem Süd-West-Zweig von der Berliner Allee in Richtung Heine-Allee. Noch im Januar war hier ein riesiges Wasserbecken. Denn die Betonplatte für den Boden wurde von Bauarbeitern in Taucheranzügen unter Wasser gebaut. Das Grundwasser konnte während der Arbeiten unter den Seitenschlitzwänden weiterhin ungehindert Richtung Rhein fließen. Erst als der geschlossene Raum fertig war, wurde das Wasser daraus abgeleitet.

Weiter im neuen Tunnel passiert man links erst die Einfahrt, dann die Ausfahrt zur Spindel, die später zum Parkhaus unter dem Gustaf-Gründgens-Platz und der Tiefgarage des Dreischeibenhauses führen wird. Noch ist die Spindel im Bau - mit einer beeindruckenden Baugrube am Rande des Gründgens-Platzes von rund 60 Metern Durchmesser. Insgesamt wird es auf unterschiedlichen Etagen elf Zu- und Ausfahrten geben. Die Spindel soll im Herbst 2016 fertig sein.

Mit beachtlicher Steigung geht es im Tunnel wieder aufwärts. Am höchsten Punkt sind es nur noch 6,5 Meter von der Fahrbahn im Tunnel zur Erdoberfläche. An dieser Stelle verbirgt sich eine weitere Besonderheit: Einige Meter unter der Fahrbahn, auf die lärmreduzierender Flüster-Asphalt aufgebracht wird, verläuft die Röhre der Wehrhahn-Linie; und über der Tunneldecke wird ein Ausgang vom neuen U-Bahnhof gebaut.

Der Platz ist beengt; um die vorgeschriebene Tunnelhöhe einzuhalten, wurden die wuchtigen Belüftungsanlagen in Nischen gepackt und nicht - wie sonst üblich - einfach unter die Decke gehängt. Kleinigkeiten, die aber von den Bauleuten Kreativität erfordern. Wie die anderen Tunnel wird auch dieser mit moderner LED-Beleuchtung und Schallschutzkassetten an den Rampen ausgestattet.

Geradeaus geht es weiter zur rund 80 Meter langen Ausfahrtrampe an der Berliner Allee. Die Steigung ist hier mit acht Prozent die maximal mögliche, um die Rampe so kurz wie möglich halten zu können. Erst kommt das Hochhaus der Stadtsparkasse ins Blickfeld, dann rechts die rote Backsteinfassade der Johanneskirche. Auch hier wurde getüftelt: Denn direkt nach der Ausfahrt folgt die Rechtsabbiegemöglichkeit zum Martin-Luther-Platz. Fast hatte man in den Jahren der Bauzeit vergessen, dass dies mal möglich war.

Wie beim Tausendfüßler gabelt sich im Tunnel die Fahrbahn — wer links fährt, kommt nach einigen hundert Metern an der Immermannstraße heraus. Die Ausfahrt bietet mit einer geschwungenen S-Kurve ein besonderes Fahrvergnügen, das hoffentlich nicht von Rasern genutzt wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sicherheitshalber eine Blitzeranlage installiert wird.

(RP)
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