Aquazoo Düsseldorf Das größte Eierversteck der Stadt

Düsseldorf · Im Aquazoo lagern 7500 Eier - vom normalen Huhn bis zum ausgestorbenen Seevogel. Die Sammlung hat einen unschätzbaren Wert.

 Präparator Ulrich Rathert im Magazin des Aquazoos. Verpackt sind die Eier in roten Schachteln, gebettet in Watte.

Präparator Ulrich Rathert im Magazin des Aquazoos. Verpackt sind die Eier in roten Schachteln, gebettet in Watte.

Foto: Andreas Endermann

Der Weg ist lang zum verborgenen Schatz des Aquazoos. Vorbei an den Besuchern am Pinguinbecken, vorbei an der Verwaltung, hinunter in den Keller, immer an den Wasserrohren entlang, aus denen ein unentwegtes Plätschern aus den Aquarien im Erdgeschoss zu hören ist. Dann geht es noch vorbei an der zooeigenen Insektenzucht und man ist da: an der Eingangstür zum Magazin des Museums. Hinter ihr verbirgt sich das größte Eierversteck der Stadt. Neben verwaisten Schildkrötenpanzern, Dokumenten und Tierfiguren lagern 7500 Eier. Klein, groß, farbig, weiß, gepunktet, von bekannten Vögeln, unbekannten, ja sogar ausgestorbenen Arten.

"Die Sammlung hat einen unschätzbaren Wert. Und das nicht nur, weil einige der Tiere, von denen die Eier stammen, ausgestorben sind, sondern auch, weil es heutzutage gar nicht mehr möglich ist, so eine Sammlung einfach so aufzubauen", sagt Ulrich Rathert, Präparator im Aquazoo. Das Sammeln von Eiern in der freien Natur ist verboten. Artenschutz. 1773 war das freilich anders. Aus diesem Jahr stammt eines der ältesten Eier der Sammlung, ein Straußenei. In sauberer Handschrift ist das Datum darauf vermerkt. Das gilt für die gesamte Sammlung: In feinen roten Kartons mit goldenen Lettern, die von innen mit bunten Vogel-Zeichnungen verziert sind, hat man die Eier ordentlich einsortiert, beschriftet oder Kärtchen mit den lateinischen Namen der jeweiligen Vogelarten beigelegt. Gebettet sind die Eier auf Watte, sie sollen auf keinen Fall kaputtgehen.

Einige von ihnen sind winzig, wie die des Zaunkönigs, die kaum größer als ein Fingernagel sind. Die größten sind natürlich die Straußeneier, von denen einige in der Sammlung auch mit Schnitzereien verziert sind. Andere fallen durch Form und Farbe auf. Die Eier der Trottellumme zum Beispiel, einem Meeresvogel. Sie sind so groß wie Birnen, dabei aber auf einer Seite viel spitzer als zum Beispiel ein Hühnerei. Blau sind sie mit schwarzen Sprenkeln. Wie bemalt sehen sie aus.

Die Eier-Sammlung hat eine lange Geschichte. Der heutige Fundus ist eine Verschmelzung gleich mehrerer Sammlungen: Der größte Teil stammt von einem Onkel des Düsseldorfer Apothekers Theodor Löbbecke. Und dessen Sammlung von Weichtieren wiederum bildete die Grundlage für das nach ihm benannte Museum, das dann schließlich zum Aquazoo Löbbecke Museum wurde. Ein weiterer Teil der Eier-Sammlung stammt aus dem Besitz des Konsuls von Monaco, Pierre Ghilain. Er befindet sich seit 1965 im Besitz des Aquazoos.

Dass der Aquazoo überhaupt noch eine so große Eier-Sammlung hat, hängt wiederum mit seiner Geschichte zusammen: Die riesige Natur-Sammlung von Löbbecke wird bis heute fortgeführt. Der Zoo beherbergt nicht nur Pinguine, Fische und Papageientaucher, sondern ist noch immer auch ein Naturkundemuseum. Allein 314.000 Schnecken und 48.000 Muscheln nennt der Zoo sein Eigen. Schmetterlinge, Käfer und Spinnen, aber auch Fossilien und Gesteine werden im Naturkunde-Teil des Zoos gezeigt. Die Sammlung ist so groß, dass sie gar nicht vollständig gezeigt werden kann. Vieles lagert mit den 7500 Eiern im Magazin des Museums. Für alles reicht der Platz nicht. "Und vermutlich würde die Besucher eine große Eier-Sammlung alleine in einer Ausstellung auch nicht wahnsinnig interessieren", sagt Ulrich Rathert.

Aufgeben würde der Zoo sie allerdings niemals. "Da sind ja Eier von Arten bei, die es gar nicht mehr gibt oder die vielleicht eines Tages ausgestorben sind. Das passiert so schnell in der heutigen Zeit", sagt er. Auch in der Wissenschaft gebe es nicht viele Experten, die sich mit dem Thema befassten. "Die Biologen heute interessiert zum Beispiel Genetik. Alles, was Fortschritt bringt." Vermutlich, meint Rathert, sei die Sammlung also aus wissenschaftlicher Sicht nur für wenige interessant.

Historisch aber ist sie zweifelsohne, bewahrend, ein Gedächtnis. Damit es bleibt, müssen sich die Mitarbeiter des Aquazoos so wie Präparator Ulrich Rathert darum kümmern. Nicht jeden Tag natürlich, aber doch regelmäßig inspiziert jemand die Eier. Weich gebettet im trockenen Magazin bei nicht allzu kalter und nicht allzu feuchter Luft - für Eier scheinen ähnliche Voraussetzungen zu gelten wie für alte Bücher und Schriften, die archiviert werden müssen - lagern sie sicher in den Regalen. Hauptsache, sie fallen nicht runter.

Die größte Kostbarkeit der Sammlung ist allerdings an einem anderen Ort gelagert, im Safe des Zoos. Es handelt sich dabei um das Ei eines Riesenalk. Der flugunfähige Seevogel ist vor langer Zeit, Mitte des 19. Jahrhunderts, ausgestorben. Das Ei ist ein Relikt - und das am besten versteckte Ei der Stadt.

(lai)
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