Düsseldorf Düsseldorf ist eine Hochburg für Bäcker

Düsseldorf · Während im Land die Bäckereiketten immer stärker auf dem Vormarsch sind, können in Düsseldorf auch Traditionsfirmen punkten.

 Bäckermeister Johannes Dackweiler in der Backstube der Bäckerei Hercules an der Ulmenstraße

Bäckermeister Johannes Dackweiler in der Backstube der Bäckerei Hercules an der Ulmenstraße

Foto: Andreas Endermann

Vor zweieinhalb Jahren ist Johannes Dackweiler, Bäckermeister, nicht nach Brasilien in die Heimat seiner Frau Maria ausgewandert, sondern vom Bodensee an den Rhein gezogen. Zurück zu den Wurzeln seiner Familie hat der 32-Jährige die Hercules-Bäckerei an der Ulmenstraße übernommen. Seitdem backt er keine kleinen, sondern Bio-Brötchen. Im Land der Brotliebhaber (rund 62 Kilogramm Brot und Backwaren werden jährlich pro Haushalt in Deutschland konsumiert) gehört Dackweiler zu jenen, die ihr Handwerk noch als Kunst ansehen.

"Dadurch, dass wir backen wie unsere Großväter, also ohne chemische Zusatz- und Hilfsstoffe, muss ein Meister durch Können glänzen", sagt Dackweiler. Mit vier Meistern und fünf Gesellen steht er von Montag bis Mittwoch von zwei Uhr in der Nacht und von Donnerstag bis Freitag ab Mitternacht in der Backstube hinter dem Ofen.

"Wir backen jedes einzelne Gebäck jeden Tag frisch. Wir benutzen Maschinen nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich", sagt Dackweiler, der zuletzt für ausgezeichnete Qualität im Lebensmittelhandwerk mit dem angesehenen Preis "Meister.Werk.NRW" geehrt wurde.

Bäckermeister Dackweiler hat seine Nische gefunden, denn er verwendet nicht nur Getreide aus biologischem Anbau, vielmehr wird das Korn täglich in der eigenen Mühle zu Vollkornmehl oder -Schrot gemahlen. Rund 20 Stunden benötigt ein Hercules-Sauerteig-Laib aus frisch vermahlenem Roggen vom Ansetzen des Vorteigs bis zum Verlassen des Backofens. Die Mühe wird belohnt, denn die Nachfrage ist groß. "Die Verbraucher haben den Einheitsbrei doch satt. Vor allem immer mehr junge Leute verlangen Qualität, wollen Genuss zum fairen Preis", sagt der Jung-Unternehmer.

Als Bio-Vollkornbäcker hat er in der Stadt eine Alleinstellung. "Und die ist vonnöten", meint Innungs-Obermeister Josef Hinkel. Schließlich sei der Preiskampf enorm. Seit die Discounter nicht mehr nur verpackte, sondern auch frische Backwaren - selbstverständlich aus Großbetrieben - anbieten, haben es Einzelbetriebe schwer. Alle suchen nach Nischen im Snackgeschäft. Kaffee im Stehen, das reicht heute nicht mehr - es muss schon Latte Macchiato sein, und dazu mehr als ein mageres Quarkbrötchen.

Gab es 2000 im Raum Düsseldorf inklusive Mettmann 60 Bäckereien, sind es heute nur noch 35. Die Anforderungen an Kleinstbetriebe seien generell zu hoch. Was dazu führt, so Hinkel, dass der Bäcker sich mehr um die Verwaltung kümmern muss als um seine Backstube. Hinzu komme ein Strukturwandel, oft fehle der Nachfolger. Aber im Vergleich zu den umliegenden Städten sei Düsseldorf ein gutes Pflaster für Bäcker. "Die Stadt ist ein Einkaufsbrennpunkt mit großem Einzugsgebiet. Die Kunden kaufen hier nicht nur Kleider, sondern nehmen auch gern ein gutes Brot mit nach Hause, weil Vielfalt und Qualität stimmen."

Außerdem behaupten sich quer durch die Stadtteile etliche "alte" Bäckereien. So versorgt das Familienunternehmen Behmer bereits seit 1898 die Düsseldorfer mit Brot. Im Stammgeschäft an der Nordstraße brummt es ab dem frühen Morgen. An der Rethelstraße bei Cölven (seit 1889) gibt es 35 Sorten Plätzchen von A wie Anisplätzchen bis Z wie Zimtsterne und die dicke Scheibe Graubrot wird wie bei Muttern dick mit Wurst oder Käse belegt. 1895 öffnete an der Fleher Straße eine kleine Feinbäckerei das erste Mal ihre Türen. Gerhard H. Terbuyken legte dort den Grundstein für eine Bäcker- und Familiengeschichte, die heute bereits in der vierten Generation weitergeschrieben wird. Ob Betriebe wie Pass, Puppe oder Hinkel - sie alle stellen ihre Spezialitäten her nach alten Hausrezepten, und der Teig wird per Hand gemacht. "Das ist eine Frage der Ehre", sagt Johannes Dackweiler. Denn schließlich vertraue der Kunde seinem Bäcker um die Ecke.

Doch wie kann der Laie erkennen, was ein Brot enthält, ob es tatsächlich von Hand gebacken oder als tiefgefrorener Rohling weiterverarbeitet worden ist? "Immer der Nase nachgehen", raten die Experten. Frisch gebackenes Brot aus hochwertigem Mehl, nur durch natürliche Säuerung oder natürliche Hefe hergestellt, duftet vielfältig: getreidig, würzig, fein säuerlich. Und so lässt Michael Hofhoff, Geschäftsführer von "Brot & Butter" bei Manufaktum an der Steinstraße, gleich an Ort und Stelle im Steinofen das Sauerteigbrot backen - und sein Duft zieht verführerisch an.

(RP)
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