Central Business District "Düsseldorf ist international unbekannt"

Düsseldorf · Makler, eine Architektin und ein Wirtschaftsförderer diskutierten mit Oberbürgermeister Thomas Geisel über Düsseldorfs Zentrum.

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Foto: dpa infografik

Seit gut zwei Jahren vermarkten die Düsseldorfer Makler die Innenstadt als so genannten Central Business District (CBD). Was soll das bringen?

GEisel Also, ich denke nicht unbedingt, dass so etwas der Vermarktung Düsseldorfs dient. Eine Umbenennung löst keine Probleme.

Abel Wir haben uns das sicher nicht aus Langeweile ausgedacht. Durch diesen international üblichen Begriff schaffen wir eine Vergleichbarkeit mit anderen Städten. Dass dieser Begriff Englisch ist, ist dem internationalen Standard geschuldet. Ärzte haben auch weltweit die gleichen Fachworte für eine Blinddarm-OP. Das dient der Verständigung.

 v. l.: Hubert Breuer, Denisa Richters (RP), Marcel Abel, Thorsten Breitkopf (RP), Claudia Roggenkämper, Christoph Meszelinsky, Thomas Geisel, Sven Bliso, Nicole Lange (RP), Uwe Kerkmann und Uwe-Jens Ruhnau (RP)

v. l.: Hubert Breuer, Denisa Richters (RP), Marcel Abel, Thorsten Breitkopf (RP), Claudia Roggenkämper, Christoph Meszelinsky, Thomas Geisel, Sven Bliso, Nicole Lange (RP), Uwe Kerkmann und Uwe-Jens Ruhnau (RP)

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Breuer Im Ausland ist es schwer genug, Düsseldorf an sich zu vermarkten, weil die Stadt unbekannt ist. Bevor wir sagen müssen "In der Nähe von Köln" sollten wir nach anderen Lösungen suchen. Der Begriff CBD vereinfacht die Navigation. Von Australien bis Kanada können potenzielle Investoren damit etwas anfangen und wissen, der CBD liegt nicht auf der grünen Wiese.

Meszelinsky Es zeigt, dass es in Düsseldorf einen hohen Grad an Zentralität gibt. Nicht jede Stadt hat die Voraussetzungen, einen CBD auszuweisen. Vor 20 Jahren hätten wir noch vom Bankenviertel gesprochen. Aber Banken sind heute im CBD nicht mehr die prägende Nutzergruppe.

Roggenkämper Es ist ja nicht so, dass man nur einen Kringel auf der Landkarte um das Zentrum gemacht hat. Nicht jede Stadt kann ein Element solch großer Zentralität vorweisen.

Geisel Ich bin aber skeptisch, was den Begriff Central Business District angeht. Ich denke da an Houston, Texas. Der dortige CBD ist eine Hochhauswüste, in der ab 18 Uhr kein Mensch mehr auf der Straße ist. Das ist ja in Düsseldorf ganz anders. Daher ist der Begriff nicht treffend für unsere Stadt.

Abel Herr Geisel, da muss ich Ihnen widersprechen. Es gibt ja keine Legaldefinition für Central Business District. Der von Düsseldorf ist nicht der von Houston. Hier gibt es neben Büros auch Hotels, Geschäfte, Wohnungen und eine hervorragende Infrastruktur, gerade, was den Öffentlichen Personennahverkehr angeht.

Was bringt der CBD konkret? Ist der Leerstand niedriger? Welche Firmen kamen wegen des CBD nach Düsseldorf?

Bliso Der Leerstand im CBD liegt bei acht Prozent, der in ganz Düsseldorf aber bei 10,5 Prozent. Da ist der zentrale Bereich der Stadt deutlich besser aufgestellt. Und bei den Firmen, die kamen, möchte ich etwa Alltours oder Linklaters nennen.

Geisel Natürlich bevorzugen hochwertige Dienstleister und exklusive Unternehmen diese Innenstadtlagen. Alltours sehe ich eigentlich nicht als typisches Beispiel.

Abel Doch, da es inhabergeführt ist. Ein gutes Beispiel ist auch noch Boston Consulting, die vom Stadttor in den CBD gezogen sind.

Besteht die Gefahr, dass eine einseitige Vermarktung des CBD den anderen Bürostandorten wie Seestern oder Unternehmerstadt schadet?

Bliso Auf keinen Fall, es gibt keine Verdrängung. Es ist eine Erweiterung des Düsseldorfer Portfolios. Alle anderen Areale, etwa Medienhafen oder Airportcity, haben ihre Daseinsberechtigung. Autobauer bieten ja auch für jeden Wunsch ein passendes Auto - von der A-Klasse bis zur S-Klasse etwa.

Aber Hand aufs Herz, ist die Bezeichnung Central Business District nicht ein Marketing-Gag der Düsseldorfer Makler, um höhere Mieten durchzusetzen?

ABel Keinesfalls. Wir haben die Grenzen ja nicht willkürlich gezogen. Wir haben uns an den Bodenrichtwerten des Gutachterausschusses für Grundstückswerte orientiert. Und die besagen eindeutig, dass die teuersten und besten Lagen rund um die Kö liegen.

Roggenkämper Das ist ja auch veränderbar, wie die Entwicklung der Westseite der Kö zeigt ...

Geisel Aber die Mietpreise sind dort so hoch, weil es dort so attraktiv ist und nicht, weil es CBD heißt.

Abel Sie dürfen aber nicht vergessen, dass auch die Vermieter in der Nachbarschaft des CBD davon profitieren.

Kerkmann (lacht) Das kann ich so nicht gelten lassen, das ist so, als würde Düsseldorf mit der Nachbarschaft zu Köln werben.

Roggenkämper Aber nein, es ist vernünftig, mit dem Begriff CBD zu werben. Das ist eine Versachlichung ohne negative Konnotation.

Geisel Aber warum muss man dem Düsseldorfer Zentrum als Namen einen Anglizismus geben?

Kerkmann Genau, wo soll das hinführen? Sagen wir dann bald auch Seastar zum Seestern?

Roggenkämper Bei CBD handelt es sich um einen international üblichen Fachbegriff, und der ist nun mal Englisch.

Eine Studie von Ernst & Young hat gerade nachgewiesen, dass Düsseldorf hinter London und Paris bei den Auslandsinvestitionen Platz 3 belegt, aber beim Image unter "Ferner liefen" rangiert. Ist der CBD gut fürs Image?

Kerkmann Der Begriff Central Business District ist aus unserer Erfahrung bei der städtischen Wirtschaftsförderung kein Suchkriterium für Investoren. Speziell chinesische Unternehmen suchen nicht gezielt in dem Bereich, den die Makler als CBD bezeichnen, sondern suchen den für sie passenden Standort, bevorzugen linksrheinische Standorte, etwa Huawei in Heerdt. Wir bei der Stadt waren immer skeptisch bei dem Begriff CBD, weil man schon aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten dann sehr schnell bei einem zweitbesten Standort landet.

Aber wie vermarkten Sie denn Düsseldorf international konkret?

Geisel Bei der Investoren-Konferenz in China haben ich die acht Kostbarkeiten Düsseldorfs genannt. Die Frage nach dem CBD stellt sich doch sowieso erst, wenn die Wahl schon auf Düsseldorf gefallen ist. Insgesamt ist Düsseldorf untervermarktet. Wir müssen es erst mal schaffen, neben Berlin oder Hamburg international wahrgenommen zu werden. Die unschlagbare Lage und die hervorragende Verkehrsanbindung und die Lebensqualität sind die Argumente, die wir bei der Investorengewinnung in den Ring werfen sollten, nicht primär den Central Business District.

Breuer Bei internationalen Verhandlungen fällt aber immer die Frage nach dem CBD und wie hoch dort in Düsseldorf die Mieten sind. Aber natürlich gibt es in Düsseldorf nicht nur den CBD als Bürostandort. Es gibt auch Kunden, die nach dem Seestern fragen, aber die nächste Frage ist sofort: Wie weit ist das vom CBD entfernt? Dabei geht es nicht um Hochhäuser, der Begriff ist positiv besetzt.

Meszelinsky Ich habe eine Zeitlang in dem von uns definierten CBD gewohnt und gearbeitet. Ich habe so gut wie kein Auto gebraucht, weil alles zu Fuß zu erreichen war.

Geisel Aber das Interessante an Düsseldorf ist doch, dass es attraktive Standorte für unterschiedliche Zielgruppen gibt. Am Flughafen, der Medienhafen, die Unternehmerstadt, die Theodorstraße.

Bliso Die Stadt wirbt ja schon mit ihren Teilmarktberichten in Englisch, vielleicht sollte man auch den CBD als einen neuen Teilmarkt darstellen, um damit auf Messen wie der Mipim in Cannes für Investoren zu werben.

Kerkmann Aber Sie können die beste Botschaft haben und es hilft nichts, wenn Sie nicht die richtige Bühne haben, das zu präsentieren.

Welche Plattformen gäbe es denn für diese Botschaft?

Abel Schauen Sie, wie Shanghai sich vermarktet, mit einer 360-Grad-Shanghai-Rotunde. Wenn wir das machen, was sähe der Betrachter dann? Die Kirmes? Die Wahrheit ist doch: Düsseldorf kennt von unseren internationalen Kunden keiner.

Meszelinsky Die meisten wollen in Frankfurt am Main, Hamburg oder Berlin investieren. Die Mipim zum Beispiel ist eine reine Investorenmesse, da sind keine Büronutzer. Dort ist CBD ein gängiges Werkzeug.

Geisel Auf der Mipim werde ich tatsächlich den Begriff CBD verwenden. Unterschiedliche Ansprachen für unterschiedliche Zielgruppen.

Breuer Ich wünsche mir, dass die Stadt dieses Werkzeug wirklich benutzen würde: Düsseldorf, Stadt der kurzen Wege, CBD. Das ist ein Plus.

Geisel Wir haben als Landeshauptstadt aber kein Interesse daran, dass sich die Preise bei den Mieten zu hoch entwickeln. Ich will nicht auf der Mipim sagen, unser CBD ist ein Eldorado für Großinvestoren, sondern zeigen, dass Düsseldorf ein Wachstumsstandort ist - und zwar in der Vielfalt von Lagen. Dazu gehört auch die Theodorstraße.

Breuer Ein gutes Beispiel: Die Stärke dieses Standorts ist, dass er nur einen Kilometer vom Flughafen entfernt ist. In München zum Beispiel bedeutet diese Flughafennähe aber, dass man fern von der Stadt ist. Wir aber könnten sagen: Die Theodorstraße ist einen Kilometer vom Flughafen und fünf vom CBD entfernt. Dann weiß jeder internationale Kunde, dass Düsseldorf den einzigartigen Vorteil der Kompaktheit hat.

Geisel Ich bleibe dabei: Mit der Definition in festen Grenzen tue ich mich schwer. Die Botschaft ist: No risk, no regret (kein Risiko, kein Bedauern, d. Red.). Natürlich kann man das bewerben, aber nicht als einzigen Exklusiv-Standort.

Roggenkämper Aber im Düsseldorfer CBD heißt das Business nicht nur Büro, sondern Mode, Gastronomie, Hotels - das macht ihn so attraktiv.

Was fehlt denn noch im CBD?

Breuer Von unseren Kunden höre ich oft Kritik an schlechter Ausschilderung, vor allem bei Radwegen, auch an der fehlenden Aufenthaltsqualität in der Mitte der Königsallee. Und wir heben die Einmaligkeit des Kö-Grabens nicht ausreichend heraus: Er sollte nicht nur beleuchtet, sondern inszeniert werden.

Abel Wir hören oft Wünsche nach mehr Sicherheit und Kameras etwa im Hofgarten.

Geisel Das ist politisch schwierig durchzusetzen. Außerdem steigt dadurch zwar das subjektive Sicherheitsgefühl, aber nur, wenn eine entsprechende Kontrolle garantiert ist. Wichtiger ist vernünftige Beleuchtung, vor allem aber Belebung.

Viele sagen, dass es früher mehr Gastronomie an der Kö gab...

Kerkmann Mit den angestrebten Top-Preisen im CBD erreichen wir nie, dass es zum Beispiel auf der Kö wieder auch abends belebte Cafés gibt.

Abel Das kann die Stadt doch über städtebauliche Verträge regeln.

Breuer Außerdem gibt es in der Umgebung der Kö reichlich solcher Cafés, die Sie angesprochen haben.

Geisel An sich müsste die Gemeinschaft aus allen dafür kämpfen, dass der gesamte Standort Düsseldorf international bekannter wird.

THORSTEN BREITKOPF, NICOLE LANGE, DENISA RICHTERS UND UWE-JENS RUHNAU FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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