Kampf gegen den Verkehrsinfarkt Wie ein Logistiker Düsseldorfs Straßen entlasten will

Düsseldorf · Die Firma Incharge sammelt im Düsseldorfer Hafen Waren von Kurier- und Paketdiensten und liefert sie zu Randzeiten in die Stadt. Das soll den Verkehr entlasten, die Luft verbessern - und bei der Argumentation gegen das Diesel-Fahrverbot helfen.

 Holger te Heesen hat bereits 15 Kunden, die ihre Waren in den Hafen liefern lassen.

Holger te Heesen hat bereits 15 Kunden, die ihre Waren in den Hafen liefern lassen.

Foto: Quelle: Incharge Foto: Bretz Grafik: Zörner

Düsseldorf kämpft gegen den Verkehrsinfarkt. Die Luft muss besser werden, das drohende Diesel-Fahrverbot ist das aktuelle Top-Thema. Es gibt in Düsseldorf 300.000 Einpendler, viele Besucher auch am Abend und am Wochenende. Zudem finden in Düsseldorf täglich 120.000 Lkw-Fahrten statt. Rund die Hälfte hat laut einer Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey ein oder mehrere Ziele. Konsumgüter des Alltags und Sammelgüter machen gut ein Drittel aus, also 40.000 Lkw. Ein Düsseldorfer City-Logistiker will diese Zahl reduzieren. Holger te Heesen sammelt mit seinem neuen Unternehmen Incharge Lieferungen im Hafen und fährt sie außerhalb der Stoßzeiten in die Innenstadt. Nach einjähriger Testphase startet am Freitag der offizielle Geschäftsbetrieb.

Der Unternehmer ist in der Stadt gut vernetzt. Seit rund 20 Jahren gibt es seine Firma ABC Logistik im Hafen, te Heesen hat 80 Fahrzeuge im Fuhrpark und 260 Mitarbeiter. Er wickelt national und international Aufträge ab. Incharge ist eine Neugründung und hat das Ziel, die Innenstadt zu entlasten. Angesichts des drohenden Diesel-Fahrverbots im kommenden Jahr erfährt er bei dieser Überlegung viel Zuspruch, sei es von der Stadtspitze oder der Industrie- und Handelskammer (IHK).

Wie wichtig die Initiative ist, hat erst im August eine Befragung von Kurier-, Express- und Paketdienstleistern durch die IHK gezeigt. 27 Prozent der Befragten sagten, dass sie mehrmals täglich von außerhalb nach Düsseldorf hinein fahren. Die meisten Lieferanten kommen zwischen 8 und 10 Uhr in die Stadt und verlassen sie über den Nachmittag verteilt. Die Zahl der Stopps liegt bei 31 und meist bleibt das Auto nach Aussage der Fahrer auf der Straße oder am Fahrbahnrand stehen. Das werden die meisten (genervten) Autofahrer bestätigen können.

Holger te Heesen hat bereits 15 Kunden, die ihre Waren in den Hafen liefern lassen. UPS oder DHL halten dann nicht mit Einzelstopps irgendwo in der City, sondern an der Cuxhavener Straße. Saturn auf der Kö ist so ein Fall. Zig Pakete werden durch Incharge erst am Abend auf der Kö angeliefert. Der Logistiker nennt weitere Beispiele: Foto Koch sei dabei, die Bäckerei Hinkel oder der Weinhändler Concept Rießling. Auch Franzen an der Kö wolle mitmachen. "Hotels, Anwälte, große Firmen: Für jeden, der täglich viele Anlieferungen hat, ist der einmalige Liefertermin interessant", sagt te Heesen.

Die neue L'Oréal-Zentrale am Kennedydamm kommt ebenfalls auf die Kundenliste. Rund 2000 Mitarbeiter werden in dem Hochhaus arbeiten und ihre privaten Waren dorthin liefern lassen, te Heesen will in dem Neubau eine Packstation bestücken und rechnet mit 100 bis 200 Paketen am Tag. Die Menschen bekommen einen Code, öffnen ihr Fach und nehmen das Paket mit nach Hause.

Heute wickelt der Unternehmer am Tag 50 Lieferungen mit circa 200 Paketen ab. 500 seien möglich. Im Hafen wird für Incharge nächstes Jahr eine 12.000 Quadratmeter große Halle gebaut. Kosten: 15 Millionen Euro. In zwei Jahren will der 57-Jährige, dessen Sohn Michael Incharge in ganz Deutschland an den Start bringen will, umgerechnet 4000 Lkw-Fuhren in die City abwickeln. Das sind zehn Prozent des heutigen Aufkommens. Heute schickt te Heesen Fahrzeuge mit Euro 6-Norm und AdBlue-Tank in die City, im kommenden Jahr soll der erste 7,5 Tonner als E-Mobil in die Flotte integriert werden.

Intercharge im Unternehmensprofil

Firma ABC Logistik wurde 1997 gegründet. Mit 260 Mitarbeitern werden 30 Millionen Euro Logistikumsatz erwirtschaftet. 50.000 Quadratmeter an Lagerflächen etc. stehen zur Verfügung.

Kosten Die Lieferung eines Pakets zur Packstation kostet einen Euro (inklusive Retourmöglichkeit), ohne Packstation zwei Euro.

(ujr)
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