Düsseldorf Museum Kunstpalast steht am Abgrund

Düsseldorf · Nach dem Rückzug von Eon muss die Stadt Düsseldorf alleine zahlen. "Die Zitrone ist ausgepresst", sagt der Vorstand.

 "Das Museum steht am Scheideweg", sagt der Vorstand.

"Das Museum steht am Scheideweg", sagt der Vorstand.

Foto: Bretz, Andreas

"Die Zitrone ist ausgepresst!" Das sagt der Doppelvorstand im Museum Kunstpalast (MKP), Beat Wismer und Harry Schmitz, nach der Ansage von Eon, über das Jahr 2017 hinaus keine Unterhaltszahlungen für das Kunsthaus in Düsseldorf zu leisten. Bei der Konstruktion des seinerzeit auf Langfristigkeit angelegten Sponsoringmodells hatte man nicht bedacht, dass die Geschicke des Museums einmal abhängig vom Cashflow des Unternehmens werden könnten. Der Fall ist nun eingetreten. Hausintern, sagt Schmitz, sehe er keine weiteren Einsparmöglichkeiten, ohne den Ausstellungsbetrieb einschneidend zu gefährden. "Das Museum steht am Scheideweg."

Was leistet eine Public Private Partnership (PPP)?

Der CDU-Kulturpolitiker Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff hatte 1998 dieses noch wenig erprobte Modell des Kultursponsorings mit der damaligen Konzernspitze ausgehandelt - nicht, ohne massive Kritik der Kulturschaffenden einstecken zu müssen, die eine Einflussnahme der Wirtschaft auf die freie Kunst fürchteten. Die PPP ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit und nicht Ausdruck von Mäzenatentum. Das Unternehmen spekuliert für seine Gaben auf Imagegewinn durch die schöne oder gute Kunst; es will am Erfolg der Erfolgreichen partizipieren. Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft gibt das jährliche Kultursponsoringaufkommen mit 250 Millionen Euro an. Das macht etwa vier bis fünf Prozent der deutschen Kulturetats aus, die sich auf 7,5 Milliarden Euro belaufen.

Wie hoch waren die Zuwendungen?

Fast 20 Jahre lang hat das Museum von Eon profitiert. Es gab einen Sockelbetrag von 1,1 Millionen Euro als jährliche Unterstützung und auf Zuruf Zuschüsse zu Ausstellungen, die Eon förderungswert erschienen. Die ungleichen Partner waren fest verbunden, der eine ein weltweit operierender Energieriese, der andere ein städtisches Museum von überregionaler und mitunter internationaler Strahlkraft. Ab 2006 schmolzen die Zuwendungen sukzessive. Infolge des Atomreaktorunfalls von Fukushima 2011 geriet Eon zudem in die Krise. Seit 2015 bis 2017 einschließlich gibt der Energieversorger nur noch 750.000 Euro jährlich als Sockelbetrag, was rund ein Zehntel des städtischen Zuschusses ausmacht. Für 2018 und 2019 wurden einmalige Bezuschussungen für Ausstellungen zugesagt - sozusagen als Abschiedsgeschenk.

Wie ging das Gegengeschäft?

Für sein Engagement im MKP erhielt Eon das Grundstück am Ehrenhof, die Genehmigung, den alten Kunstpalast abzureißen und an seiner Stelle einen Neubau für den Konzernsitz zu errichten. Nach der Aufkündigung der PPP wurde aufgerechnet: Eon habe über die knapp 20 Jahre 60 Millionen Euro springen lassen für die Kunst. Harry Schmitz präzisiert die Summe: 30 bis 40 Millionen davon seien unmittelbar den Museumsaktivitäten zugeflossen, sagt er, der Rest in die Bauaktivitäten gegangen. Wenn demnächst der ehemalige Eon-Firmensitz veräußert werde, wovon er ausgeht, dann wäre trotz allem kein großes Geschäft damit zu machen.

Wie geht es weiter?

"Mir fällt nichts mehr ein, wo wir sparen könnten, ohne den Klassenabstieg zu riskieren." Das sagt Harry Schmitz, der 2012 als Sparkommissar eingesetzt wurde und seitdem im Vorstand die Geschäfte führt. Man habe die Verluste aufgefangen, drei Millionen eingespart durch harte und schmerzhafte Einschnitte. Das Haus stehe strahlkräftig da mit attraktivem Programm und erfreulich vielen Besuchern. Werde keine Lösung gefunden, seien die Konsequenzen unausweichlich. Schmitz glaubt, dass es vielleicht nur noch eine große Ausstellung im Jahr geben könne. "Dann haben wir keinen Kunstpalast mehr", sagt er, und man finde erst recht keine Sponsoren mehr. Er empfehle der Stadt, ihre Zusagen von 2011 einzuhalten und jährlich die damals gewährten 7,7 Millionen zu leisten. Mit der inflationsangepassten Summe von rund 8,3 Millionen käme man auch ohne Eon hin.

Was bedeutet das für die Kunststadt Düsseldorf?

Düsseldorf ist dabei, seinen Ruf als Kunststadt zu verspielen, wenn es nicht Prioritäten setzt. Zu lange schon doktert man an einem Kulturentwicklungsplan herum. Als Posse kann man nur verstehen, dass seit Jahren niemand eine praktikable Lösung für den Gutachterstreit um das undichte Museumsdach findet. Der Fall Eon erfordert eine beherzte Entscheidung: Setzt man sich weiter ein für das Museum Kunstpalast, behält man mit dem städtischen Schatzhaus eine edle Visitenkarte der Kunst in der Hand.

(RP)
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