Rhein-Retter Ramo Begovic "Ich wollte dieser Frau unbedingt helfen"

Als Ramo Begovic am Samstagabend in den Rhein springt, um einer 19-jährigen Krefelderin das Leben zu retten, fürchtet er immer wieder auch um sein Leben. Dennoch würde er immer wieder so handeln, sagt der 25-jährige Schiffsmitarbeiter.

Schon nach ein paar Metern im kalten Rheinwasser kommen Ramo Begovic die ersten Zweifel. "Durchhalten, durchhalten", ruft er der 19-jährigen Frau zwar zu, die mehrere Meter vor ihm im Wasser treibt und um Hilfe ruft. Doch auch sich selbst muss der 25-jährige Schiffsmitarbeiter sagen, dass alles gut gehen wird: "Ich spürte schnell, dass mein Körper unterkühlt und runterfährt, denn das Wasser hatte gerade mal elf Grad." Aufgeben kommt für ihn aber nicht infrage: "Ich wollte dieser Frau unbedingt helfen!"

Im Video erzählt Begovic, wie er die Rettungsaktion erlebt hat:

Am Samstag rettet der 25-Jährige einer Krefelderin in Düsseldorf das Leben: Die 19-Jährige war gegen 18.40 Uhr von der Oberkasseler Brücke kopfüber bei dem Versuch in den Rhein gefallen, ihr über das Brückengeländer gefallene Handy aufzufangen. Der "Bild" zufolge soll es sich bei dem Sturz doch nicht um einen Unfall handeln, sondern um einen Selbstmordversuch. Das bestätigt die Düsseldorfer Polizei am Montagabend aber nicht.

Doch mehrmals droht die Rettungsaktion in einer Katastrophe zu enden: Denn die Strömung ist so stark, dass Begovic fast seine ganze Kraft aufwenden muss, um mit dem Rettungsring bis zu der Frau zu gelangen. Mit seinen letzten Kräften schwimmt er dann mit der kaum noch ansprechbaren Krefelderin zum nächsten Schiff, das am Rheinufer nahe der Theodor-Heuss-Brücke festgemacht ist. Dort kann er sich aber an der Außenwand kaum festhalten: "Es hat mich eine Überwindung gekostet, doch ich habe losgelassen und gehofft, dass wir es schaffen, das Seil am nächsten Schiff zu fassen zu kriegen."

Nur wenige Minuten später sind die Krefelderin und der gebürtige Bosnier sicher, aber auch unterkühlt an Bord der MS Warsteiner. Schon am Tag drauf nimmt Ramo Begovic wieder seine Arbeit an der Rezeption der MS Amadeus Silver 3 auf, die wegen der Kunststoffmesse zurzeit am Rheinufer festgemacht ist. "Ich wollte unbedingt wieder in den Alltag", sagt der 25-Jährige, als er am Montag an Deck seines Schiffes über die Ereignisse von Samstagabend spricht.

Eigentlich habe er es vermeiden wollen, in den Rhein zu springen, weil er wisse, wie lebensgefährlich das sei. Doch alle seine vorherigen Rettungsversuche seien gescheitert. "Ich holte mir erst auf einem Schiff einen Rettungsring und bat darum, das Rettungsboot ins Wasser zu lassen. Doch das dauerte zu lange, also lief ich mit dem Rettungsring zum Fahrrad und versuchte die Frau vom Ufer aus einzuholen." Als er ihr ein gutes Stück voraus ist, springt er an Bord eines anderes Schiffes, läuft zum Deck und will ihr den Rettungsring zuwerfen. "Doch die Stelle war ungünstig. Also musste ich eine Entscheidung treffen: Ich habe mir alles bis auf die Unterhose ausgezogen und bin mit dem Rettungsring reingesprungen."

DLRG sieht Rettungsaktion kritisch

Bei der Düsseldorfer Polizei und Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ist man einer Meinung, dass der 25-Jährige durch seinen mutigen und selbstlosen Einsatz der Krefelderin sehr wahrscheinlich das Leben gerettet hat. Dennoch sieht man die Rettungsaktion auch kritisch. Denn immer wieder würden solche Versuche nicht so glimpflich enden. Oft würden die Menschen die Gefahren des Rheins unterschätzen, sich selbst durch einen Rettungsversuch in Gefahr bringen und sogar die Arbeit der Rettungskräfte erschweren. "Vor ein paar Monaten versuchten fünf Menschen in Bonn einer im Wasser treibenden Person zu helfen und sprangen in den Rhein. Am Ende mussten sie alle gerettet werden", sagt Julian Meichsner von der DLRG. Bei den Rettungsversuchen der DLRG versuche man immer, den Sprung in den Rhein zu vermeiden: Sei es unumgänglich, würden die Mitarbeiter dies mit Rettungswesten und angeleint ans Boot tun.

Düsseldorf: Dramatische Rettung am Rheinufer - Fotos
19 Bilder

Dramatische Rettung am Rheinufer

19 Bilder
Foto: Patrick Schüller

"Ramos Tat war heldenhaft, aber auch lebensgefährlich", findet sein Kapitän Roland Bosman. Eigentlich schreiben die Reedereien ihren Mitarbeitern vor, dass der Schiffsführer im Fall eines "Mann über Bord" einen Rettungsring oder eine Leine zu der Person im Wasser ausbringen lässt oder ein Rettungsboot losschickt. "Doch der Einsatz war ja nicht bei uns auf dem Schiff: Ramo hat für sich als Privatperson abgewogen, was er tun will und der Frau so das Leben gerettet."

Am Dienstag verlässt Ramo Begovic mit seinem Schiff die Stadt. Gerne würde er vorher mit der 19-jährigen Krefelderin sprechen: "Das war eine sehr schwierige Situation, und ich würde ihr gerne helfen, das alles aufzuarbeiten." Sie soll sich aber unbestätigten Berichten zufolge in einer psychiatrischen Klinik befinden. Er versucht es schon auf seine Art: "Ich bin die ganze Strecke abgelaufen und habe auch dem Schiff einen Besuch abgestattet, auf dem ich mir den Rettungsring ausgeliehen hatte." Nie werde er vergessen, wie er auch um sein eigenes Leben fürchtete: "Doch ich würde es jederzeit wieder tun."

(semi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort