Düsseldorf Stadt verliert ihre Subkultur

Düsseldorf · Zum Jahreswechsel schließen das "Les Halles" in Derendorf und die "Trinkhalle" in Flingern, das "Boui Boui Bilk" darf vorerst keine Partys mehr ausrichten. In der städtischen Marketing-Tochter beklagt man, dass die "Subkultur wegbricht".

 Auch das "Boui Boui" wird bald endgültig verschwinden: Auf dem Gelände soll gebaut werden. Die Betreiber wissen nicht, wie lange sie noch bleiben können, und hoffen, dass sie 2015 überstehen.

Auch das "Boui Boui" wird bald endgültig verschwinden: Auf dem Gelände soll gebaut werden. Die Betreiber wissen nicht, wie lange sie noch bleiben können, und hoffen, dass sie 2015 überstehen.

Foto: 0049-Event

Mit den Partys im "Boui Boui Bilk" ist vorerst Schluss. Die Betreiber des Clubs an der Suitbertusstraße haben die Vorbereitungen für die Silvesternacht gestoppt, weil sich Anwohner über Lärm beschwert hatten. Andere Reihen wie der Nachtflohmarkt laufen weiter; wenn der Lärmschutz verbessert ist, soll es auch wieder einzelne Abendveranstaltungen geben. "Aber das Boui Boui wird keine große Party-Location mehr sein", sagt Stefan Schmidl vom Betreiber 0049 Events.

Damit verliert die Szene einen der vielversprechendsten neuen Orte der vergangenen Jahre. Die aus München stammenden Betreiber haben die ehemalige Schraubenfabrik zu einem außergewöhnlichen Veranstaltungszentrum umgebaut - und viel Publikum angezogen.

Zwei weitere feste Adressen des Nachtlebens stehen zum Jahreswechsel vor dem endgültigen Aus. Das Café "Les Halles", Restaurant und Club in Pempelfort, zählt die letzten Tage wie einen Countdown herunter. Silvester wird kräftig gefeiert, am 2. Januar ist Kehraus. Die beliebte Ausgehadresse an der Schirmerstraße muss einem Hochhaus weichen, das dem Quartier Central ein Hotel bescheren soll.

Als dies im Sommer bekannt geworden war, war eine teils sehr emotionale Debatte losgebrochen. Viele Bürger kritisierten, dass erneut ein Stück Industriegeschichte, das dem Viertel Charakter verlieh, verschwindet. Entsprechend fallen auch jetzt die Kommentare in den sozialen Netzwerken aus. So meint eine Nutzerin: "Schade, schade, Du so reiches Düsseldorf, dass Du Dich selbst so arm machst."

Am 2. Januar öffnet auch die "Trinkhalle" an der Ackerstraße zum letzten Mal ihre Türen. Der Hinterhof-Club im 70er-Jahre-Ambiente muss Wohnungen weichen, genau wie das benachbarte Theater Flingern. Damit verschwindet einer der Orte, die Flingern-Nord in den vergangenen Jahren zu einem Szene-Viertel gemacht haben - und für die steigende Attraktivität des Viertels sorgten, die die Mieten stark steigen ließ.

Die Suche nach neuen Standorten ist für die Clubs schwer. "Trinkhalle" und "Les Halles" haben bislang keine neue Adresse gefunden. "Trinkhallen"-Betreiber Mani Kianzad plant inzwischen, in einer anderen Stadt weiterzumachen. Klar ist: Hohe Mieten, aber auch immer wieder Auflagen und rechtliche Rahmenbedingungen sorgen für Schwierigkeiten, die Clubs und anderen Treffpunkten der Subkultur den Start erschweren.

Leichter könnte es werden, wenn die Stadt eine Agentur für Zwischennutzungen von Gebäuden und Hallen eingerichtet hat. Diese hat Oberbürgermeister Thomas Geisel angekündigt, um der Subkultur bessere Bedingungen anbieten zu können. Wenn dies gelingt, spielt es auch der Düsseldorf Marketing und Tourismus (DMT) in die Hände, die intern bereits beklagt, "dass uns in Düsseldorf die Subkultur wegbricht". Ob "Trinkhalle", Theater Flin oder "Les Halles": Diese Adressen steuert man mit Reisejournalisten immer wieder an, um Auswärtigen zu zeigen, dass Düsseldorf nicht nur aus beeindruckenden Shopping-Palästen und Hochhäusern besteht. Jetzt werden diese Rundgänge zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Auch das "Boui Boui" wird bald endgültig verschwinden: Auf dem Gelände soll gebaut werden. Die Betreiber wissen nicht, wie lange sie noch bleiben können, und hoffen, dass sie 2015 überstehen. Das "Boui Boui" gilt andererseits als Paradebeispiel dafür, wie gut Zwischennutzung funktionieren kann - es war von Anfang an als Projekt für begrenzte Zeit angelegt. Man werde sich deshalb nicht gegen die Schließung wehren, sagt Stefan Schmidl von 0049 Events. "Das wäre unfair dem Eigentümer gegenüber."

(RP)
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