104-Jähriger in Düsseldorf totgespritzt Angeklagte Altenpflegerin vor Urteil verschwunden

Düsseldorf · Im Prozess um den Tod eines 104-Jährigen in einem Düsseldorfer Pflegeheim ist am Mittwoch das Urteil gefallen. Angeklagt waren zwei Altenpflegerinnen, von denen nun überraschend nur eine vor Gericht erschien.

 Eine der angeklagten Altenpflegerinen ist verschwunden. Hier ist sie rechts im Bild und hält sich einen Aktenordner vors Gesicht.

Eine der angeklagten Altenpflegerinen ist verschwunden. Hier ist sie rechts im Bild und hält sich einen Aktenordner vors Gesicht.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Für eine der zwei Altenpflegerinnen, die sich seit einem Monat beim Landgericht für den Tod eines 104-jährigen Pflegeheimbewohners verantworten müssen, war die Prozessbelastung offenbar zu groß: Kurz vor dem Urteil am Mittwoch ist die 51-Jährige plötzlich verschwunden. Ihr Arbeitgeber habe sie als vermisst gemeldet, auch für die Polizei war die Frau in ihrer Wohnung nicht zu finden, zudem fehlten ihr Auto, die Papiere dazu und der Schlüssel. Das gab der Vorsitzende Richter am Mittwoch bekannt.

In Abwesenheit der 51-Jährigen kam das Gericht trotzdem zu einem Urteil. Beide Frauen wurden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, die 51-Jährige muss 6000 Euro Strafe zahlen, bei ihrer Kollegin wurde die gleiche Strafe sogar zur Bewährung ausgesetzt. Anfangs war die Anklage noch von Mord ausgegangen.

Milde Strafen

Am Tag vor Heiligabend 2014 hatten diese Pflegerinnen (35 und 51 Jahre alt) den betagten Mann in einem Pflegeheim am Volksgarten zuletzt versorgt. Die jüngere zog auf Anreichung ihrer Kollegin eine Spritze auf und verabreichte sie dem 104-Jährigen. Der Mann starb.

Doch die Morphin-Dosis war laut Anklage versehentlich hundertfach überhöht, der Bewohner habe sofort mit Atemnot reagiert. Als die Ältere zum Telefon greifen und einen Notarzt rufen wollte, habe die Jüngere das gestoppt, so die Anklage. Durch Untätigkeit hätten beide dann den wenig später eintretenden Tod des Seniors verschuldet — um ihren Behandlungsfehler zu verdecken. Die Mordanklage hatte das Landgericht schon bei Prozessbeginn Anfang Januar in den Vorwurf des versuchten Totschlags abgemildert.

Und nach Anhörung von Gutachtern und Zeugen ging auch der Staatsanwalt am Mittwoch nur noch von einer fahrlässigen Tötung des 104-Jährigen aus. Er beantragte für jede der Pflegerinnen jeweils 18 Monate Bewährungsstrafe. Das Gericht urteilte noch milder. Offenbar hielt das Schwurgericht das Ausmaß der Fahrlässigkeit bei beiden Pflegerinnen für derart gering, dass die ältere mit 6000 Euro Strafe belegt wurde. Bei der jüngeren begnügte sich die Kammer sogar mit einem formellen Schuldspruch und mit einer Verwarnung. Die gleiche Geldstrafe von 6000 Euro wurde gegen sie unter Vorbehalt ausgesetzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

(wuk)
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