Düsseldorf Verletzter hat HIV: Unfall-Ersthelfer müssen zum Bluttest

Düsseldorf · Am Freitag holten mindestens sechs Rheinbahn-Fahrgäste im U-Bahnhof Nordstraße einen verletzten Mann von den Gleisen, der vom Bahnsteig gefallen war. Jetzt stellte sich heraus, dass der Mann HIV-infiziert ist.

 U-Bahnhof Nordstraße: Hier stürzte der HIV-positive Mann wohl nach einem Zuckerschock vom Bahnsteig, zog sich blutende Verletzungen zu. Besorgte Ersthelfer können sich beim Gesundheitsamt testen lassen.

U-Bahnhof Nordstraße: Hier stürzte der HIV-positive Mann wohl nach einem Zuckerschock vom Bahnsteig, zog sich blutende Verletzungen zu. Besorgte Ersthelfer können sich beim Gesundheitsamt testen lassen.

Foto: Georg Salzburg

Es waren dramatische Minuten: Am Freitagabend um 19.25 Uhr sah Marianne Hagen, die zeitunglesend auf ihre Bahn wartete, wie ein gehbehinderter Mann samt seinem Rollator ins Gleisbett im U-Bahnhof Nordstraße stürzte. "Laut Anzeige sollte die Bahn in einer Minute kommen", sagt die Kieferchirurgin. Sie drückte auf einen Knopf an der Notrufsäule, während gleich mehrere andere Wartende vom Bahnsteig sprangen und den Gestürzten nach oben hievten. "Sekunden, bevor die Bahn einfuhr, haben die Helfer auch den Rollator noch vom Gleis geholt — das war wirklich knapp."

Die Ärztin kümmerte sich um den stark blutenden Mann, stellte Fragen, von denen sie wusste, dass sie für den alarmierten Notarzt wichtig wären. Der Mann, der kurzzeitig das Bewusstsein verlor, verriet ihr, dass er Diabetiker sei, offenbar einen Zuckerschock hatte. "Unter den Helfern wurden währenddessen Papiertücher ausgetauscht, mit denen sie sich das Blut abwischten", sagt Hagen, die ihre Hände später mit Desinfektionsmittel vom Rettungswagen-Personal reinigte. Die anderen Helfer — Hagen schätzt, dass sechs bis acht Menschen geholfen hatten — waren da schon weg.

Und die werden nun gesucht. Denn der Verletzte, das stellte sich im Krankenhaus heraus, ist mit dem HI-Virus und mit Hepatitis C infiziert. Marianne Hagen erfuhr davon am Samstagmorgen — sie hatte dem Rettungsdienst ihre Visitenkarte dagelassen. Jetzt lässt sie regelmäßig Bluttests machen. Als Mitglied der Identifizierungskommission des Bundeskriminalamts hat sie zwar größtmöglichen Impfschutz, aber gegen HIV und Hepatitis C gibt es keine Impfung. Erst in sechs bis neun Wochen kann sie sicher sein, dass sie sich nicht infiziert hat. "Aber auch die anderen Helfer waren mit dem Blut in Kontakt — sie müssen sich auch untersuchen lassen", sagt die Ärztin.

Von den anderen Helfern wusste der Rettungsdienst nichts, versichert Feuerwehrsprecher Heinz Engels. "Wenn wir gesehen hätten, dass da noch wer blutige Hände hatte, hätte der von uns auch sofort Desinfektionsmittel bekommen." Und nach Bekanntwerden der bestehenden Risiken hätte man dann schon früher versuchen können, die Leute zu finden.

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Foto: AP

Die Rheinbahn will nun auch mit Hilfe von Aushängen und Bildern der Videoüberwachung versuchen, sie zu finden. Die Videos waren für alle Fälle gesichert worden, "falls es noch Fragen zu dem Sturz geben sollte", sagt Rheinbahn-Sprecherin Heike Schuster. "Natürlich ist es super, dass die Leute geholfen haben. Aber sie hätten sich nicht auf die Gleise und so selbst in Gefahr bringen müssen: Man hätte mit dem Notknopf vom Bahnsteige aus die Züge stoppen und unsere Sicherheitsleute alarmieren können." Die wären auch bei der Ersthilfe durch ihre Kleidung und durch Handschuhe geschützt gewesen.

Stadtsprecher Michael Buch rät den Betroffenen, sich beim Hausarzt oder auch direkt beim Gesundheitsamt zu melden. "Das gilt für jeden, der in solch einer oder ähnlichen Situationen hilft und sich hinterher Sorgen macht." Beim Amt werden nicht nur die medizinischen Tests gemacht, sondern der ganze Fall wird dokumentiert. Das kann, sagt Buch, "im schlimmsten Fall auch für versicherungsrechtliche Fragen wichtig werden".

(sg)
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