Düsseldorf Wie gefährlich ist "Pegida"?

Düsseldorf · Anti-Islam-Aktivisten wollen am Montag in Düsseldorf demonstrieren. Die Polizei geht von über 1500 Teilnehmern aus.

Dezember 2014: Pegida stößt in Dresden auf Widerstand
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Weil sie sich vor der "Islamisierung des Abendlandes" fürchten, demonstrieren die Anhänger des rechtsgerichteten Demonstrationsbündnisses "Pegida" seit Oktober Montag für Montag in Dresden. Bei der ersten Demonstration marschierten noch 500 gegen "Glaubenskriege auf deutschem Boden", vor einer Woche waren es schon 7500. Am Montagabend kommt das Bündnis nach Düsseldorf.

Damit erreicht die neue Bewegung erstmals eine westdeutsche Großstadt. Die Anhänger wollen sich um 18.30 Uhr vor dem Landtag versammeln und nach ein paar Reden zu einem "Schweigemarsch" am Rhein entlangziehen. Als wäre "Pegida" ein Franchise-Unternehmen, haben sie sich für Düsseldorf einen lokal angepassten neuen Namen ausgedacht: Aus den "Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) werden Montagabend die "Düsseldorfer" gegen dasselbe - also "Dügida".

Nach der Straßenschlacht Ende Oktober in Köln, wo mehrere Tausend rechtsradikale Hooligans einer in weiten Teilen überforderten Polizei gegenüberstanden, sind die Sicherheitskräfte in Düsseldorf jetzt auf der Hut. Man habe "ausreichend Kräfte" zur Verfügung und "mit den Verantwortlichen Kooperationsgespräche geführt", heißt es im Düsseldorfer Polizeipräsidium. Die Polizei geht "bislang grundsätzlich von einem friedlichen Verlauf aus". Anders als in Köln werde in Düsseldorf "ja eher das bürgerliche Spektrum" erwartet, so ein Sprecher - und man weiß nicht, ob einen genau das beunruhigen soll.

Einer aus diesem augenscheinlich "bürgerlichen Spektrum" ist der Düsseldorfer Anwalt Alexander Heumann. Er ist einer der "Dügida"-Veranstalter und tritt Montagabend vor dem Landtag als Redner auf. "Es werden noch zwei weitere Personen sprechen, aber die Namen nenne ich nicht", sagt Heumann. Er ist AfD-Mitglied. "Die Veranstaltung hat mit der AfD aber nichts zu tun", so Heumann. Was ihm auch noch wichtig ist: "Rechtsradikale Sprüche oder Symbole dulden wir nicht. Wir sind nicht rechtsradikal." Auf der Internet-Plattform Facebook habe er am 26. November zu der Demonstration aufgerufen. "Drei Tage später hatte ich schon 3000 Likes", sagt er. 1150 Teilnehmer hätten sich dort angemeldet. Die Polizei geht von 1500 bis 2000 Teilnehmern aus.

Jäger warnt vor "ausländerfeindlicher Hetze"

Wer den Eintrag auf Facebook genauer studiert, bringt den Begriff "bürgerlich" nicht mit allen Teilnehmern in Verbindung, deren Fotos dort zu sehen sind. Aber darf man bullige Männer mit kurzgeschorenen Haaren und kragenlosen Jacken schon als rechtsextrem abtun? Oder tappt man damit selbst in die Diskriminierungsfalle? Wie rechts ist "Dügida"? Der Rechtsextremismus-Forscher Hajo Funke von der Freien Universität Berlin ordnet die Bewegung so ein: "Nicht rechtsextrem. Aber sie spielen mit rechten Klischees. Sie schüren bewusst Ressentiments gegen Ausländer, die bei etwa 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung beobachtbar sind." Das gefährliche sei "die Pauschalisierung", mit der die Aktivisten alle Ausländer über einen Kamm scherten. Dügida-Organisator Heumann findet sich nicht gefährlich. Er findet nur, "dass der Islam unsere Gesellschaft zum Nachteil verändert".

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) warnte gegenüber unserer Redaktion vor der "ausländerfeindlichen Hetze von Dügida". Zu der Teilnahme werde "in rechtsextremistischen Kreisen mobilisiert". Jäger sagte: ""Dügida" bietet Rechtsextremisten und Rechtspopulisten eine Plattform. Ihnen geht es ausschließlich darum, diffuse Ängste zu schüren und für die eigene Propaganda zu nutzen."

Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel und Landtagspräsidentin Carina Gödecke rufen sicherheitshalber zu einer friedlichen Gegendemo im Bereich des Johannes-Rau-Platzes auf. Hier werden 1000 Demonstranten erwartet. Geisel und Gödecke kleiden ihren Aufruf in ein paar Selbstverständlichkeiten: "Der Landtag und die Landeshauptstadt setzen sich geschlossen und mit größtem Engagement für Toleranz und Integration, für Verständigung und Aufklärung und damit ganz entschieden gegen Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft ein."

Hoffentlich bleibt es dabei. Ein paar Selbstverständlichkeiten auf der einen Seite, ein paar leicht widerlegbare Vorurteile gegen Muslime auf der anderen Seite. Dazwischen ein paar Tausend selbsternannte Abendland-Retter, die am Rhein auf und ab spazieren. Es könnte aber auch ganz anders kommen.

Ein Hooligan-Anführer beschreibt, wie seine Szene die Pegida-Bewegung nutzt. Er möchte anonym bleiben. "Die Montagsdemos in Dresden und Düsseldorf sind nur der Anfang. Die werden sich auf weitere Städte ausbreiten." Die Hooligans würden bewusst friedlich mitdemonstrieren, um der Polizei keinen Anlass für die Auflösung der Veranstaltung zu geben. Das hätten "die Kameraden auch in Dresden erfolgreich gehandhabt". Seiner Szene reiche es, wenn "nur 50 Leute mitmarschieren am Anfang". Schon das binde viele Polizeikräfte. "Stellen Sie sich vor, solche kleinen Demos finden mal zeitgleich in 50 Städten statt. Die Polizei kann das nicht mehr kontrollieren. Da wollen wir hin", sagt der Hooligan.

Kann sie? Kann sie nicht? Ein Polizeisprecher sagt dazu: "Das weiß ich jetzt nicht."

(RP)
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