Zu knapp, zu teuer Wohnungsnot in Düsseldorf hat den Mittelstand erreicht

Düsseldorf · Caritas und Betroffene fordern eine Zweckentfremdungssatzung. Die Chancen im Rat stehen schlecht.

 Blick auf Düsseldorf aus der Luft.

Blick auf Düsseldorf aus der Luft.

Foto: Gabriel

Weniger Sozialwohnungen, kurzfristige Vermietung, Luxussanierungen: Die Lage auf dem Düsseldorfer Wohnungsmarkt ist angespannt. Menschen aus dem Mittelstand gehen immer öfter leer aus. Betroffene erzählen.

Franco Gianserra

 Franco Gianserra (79) wollte ins Parterre ziehen. Doch nach einer Sanierung ist diese Wohnung für ihn zu teuer.

Franco Gianserra (79) wollte ins Parterre ziehen. Doch nach einer Sanierung ist diese Wohnung für ihn zu teuer.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Seit 1970 wohnt der gebürtige Italiener in einer früheren Mannesmann-Werkswohnung in Oberbilk. Für die 74 Quadratmeter in der dritten Etage zahlte er damals 165 D-Mark. "Als Heizkörper den Kohleofen ersetzten, wurde das auf 190 D-Mark erhöht." Vor ein paar Jahren kaufte eine neue Gesellschaft die Wohnungen. Inzwischen berappt der 79-Jährige rund 680 Euro für die Warm-Miete. Gerne wäre er in diesem Jahr im selben Haus ins Parterre gezogen. Doch die frei gewordene Wohnung wurde saniert. "Und die Gesellschaft schrieb mir, dass die Warmmiete künftig bei 1000 Euro liegt, da muss ich bei 1250 Euro Rente leider passen", sagt er.

Susanne Knaup

Einige Jahre lebte die heute 44-Jährige mit ihrer Tochter im Schatten des Landtages in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Dann kam die Eigenbedarfskündigung. Gegen die ging sie vor, weil gleich mehreren Parteien mit derselben Begründung gekündigt wurde. Als nach einem Urlaub wegen Sanierungsarbeiten das Wasser abgestellt war, gab sie auf und wich in möblierte Wohnungen aus. Erst nach fünf Monaten fand sie in Friedrichstadt ein neues Heim mit gut 100 Quadratmetern. "Das kostet 1400 Euro warm, zahlen kann ich das nur, weil ich wieder in einer Partnerschaft lebe", sagt sie.

Birgit H.

Ganz ähnlich geht es Birgit H. Von ihrer 120-Quadratmeter Altbauwohnung in Unterbilk schwärmt sie bis heute. Gut 1000 Euro zahlte die Familie damals. Dann gab es zwei Verkäufe in nur einem Jahr und eine Eigenbedarfskündigung. Heute wohnt sie mit Kindern und neuem Partner in einer 84-Quadratmeter-Wohnung auf der vierten Etage. "Ein Haus ohne Aufzug aus den 1960ern mit labilen Stromleitungen, aber dafür mit moderater Miete von 850 Euro."

Markus Plaza

 Markus Plaza zahlt für 16-Quadratmeter 460 Euro. "Düsseldorf kann ich mir kaum leisten", sagt er.

Markus Plaza zahlt für 16-Quadratmeter 460 Euro. "Düsseldorf kann ich mir kaum leisten", sagt er.

Foto: H.-J. Bauer

Der 41-Jährige lebt in einer Wohngemeinschaft in Benrath. Sein Zimmer ist 16 Quadratmeter groß. 460 Euro zahlt der gelernte Einzelhandelskaufmann dafür. "Inklusive Strom und Internetnutzung", fügt er hinzu. Bekommen hat er das Zimmer, "weil ein guter Freund von meinem Cousin den Vermieter kannte." Ansonsten, da ist er sicher, hätte er in Düsseldorf mit seinem damaligen Ein-Euro-Job wohl keine Chance gehabt. In zwei Wochen beginnt er einen Job bei einer Zeitarbeitsfirma. Die setzt ihn in einem Logistikzentrum in Kempen ein. "Wird daraus eine Festanstellung, würde ich über einen Umzug nachdenken. Düsseldorf kann ich mir eigentlich nicht mehr leisten."

Caritas und Betroffene fordern eine Zweckentfremdungssatzung, um die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. "In unserem Don Bosco-Haus für Wohnungslose stellen wir jährlich einen steigenden Bedarf von circa zehn bis 15 Prozent fest", sagt Einrichtungsleiter Johannes Böttgenbach. Vor diesem Hintergrund findet es Caritas-Chef Henric Peeters "fatal", dass die von SPD, Grünen und Linken befürwortete Zweckentfremdungssatzung in der Ratssitzung am Donnerstag möglicherweise keine Mehrheit findet. "Natürlich ist das nur einer von mehreren Hebeln, um der Verknappung von Mietwohnungen entgegenzuwirken, aber Städte wie München zeigen, dass solche Instrumente greifen", sagt Peeters.

(jj)
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