Drogenhändler-Bande hat sieben Menschen getötet Düsseldorfer Immobilienmakler hingerichtet

Düsseldorf (dto). Wegen einer in Deutschland fast beispiellosen Mordserie im Drogenmilieu hat das Bochumer Landgericht am Mittwoch drei Mitglieder einer Drogenhändler-Bande zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Drei weitere Angeklagte erhielten Haftstrafen zwischen dreieinhalb und zehneinhalb Jahren. Erstes Opfer der Mordserie war ein Düsseldorfer Immobilienmakler.

"Es musste sein." Diese drei Worte sind alles, was der als Serienmörder verurteilte Eugen Neufeld am Mittwoch zu seiner Verteidigung zu sagen hat. Dabei hat der 21-jährige gebürtige Kasache nach Überzeugung des Gerichts sieben Menschen auf dem Gewissen und ist damit "schon fast eine Person der Kriminalgeschichte", wie es Richter Johannes Kirfel bei seiner Urteilsverkündung formuliert. "Wann sonst gab es einen so jungen Mann, der so viele Morde begangenen hat?", fragt der Richter sichtlich betroffen bei der Urteilsverkündung.

Regungslos nahm der gepflegt wirkende 21-jährige am Mittwoch vor dem Bochumer Landgericht das Urteil entgegen: Lebenslängliche Haft für ihn und zwei weitere Mitglieder seiner Drogenhändlerbande, sowie Haftstrafen von dreieinhalb bis zehneinhalb Jahren für drei weitere Angeklagte. Lächelnd und per Handschlag hatte Neufeld wenige Minuten zuvor noch die ehemaligen Mitglieder seiner Bande begrüßt. Die Gruppe hatte zeitweise die Drogenszene in Bochum, Herne und Düren kontrolliert und das ganz große schmutzige Geld gemacht. Dass die Männer dabei im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen gingen, hat ihnen in der Region den Namen "Killer-Bande" eingebracht.

Nach Überzeugung der Kammer war es Neufeld als jüngstes Bandenmitglied, der fünf wehrlose Menschen ohne Anzeichen von Gefühlen nach teilweise stundenlangem Martyrium hinrichtete und die Tötung von zwei weiteren betrieb. Sein Motiv: unliebsame Konkurrenten und Mitwisser aus dem Weg zu schaffen.

"Sehr kalt und absolut erbarmungslos"

"Sehr planvoll, sehr kalt und absolut erbarmungslos" so beschreibt Staatsanwalt Michael Nogaj das Vorgehen des Hauptangeklagten, der zum Zeitpunkt der Taten erst 19 und 20 Jahre alt war. Es war wohl der Traum, vom arbeitslosen Außenseiter am äußersten Rand der deutschen Gesellschaft zum König des Drogenmilieus aufzusteigen, der Neufeld so hemmungslos vorgehen ließ.

Die sechs Männer, die am Mittwoch auf der Anklagebank im Hochsicherheitstrakt des Bochumer Landgerichts Platz nahmen, haben ihre Wurzeln in Kasachstan, Russland, Usbekistan und Tadschikistan und kamen als Jugendliche oder halbe Kinder nach Deutschland. "In manchen Fällen gegen ihren eigenen Willen", wie Richter Kirfel betonte. "Wer weiß, ob Eugen Neufeld ein solch kaltblütiger Mörder geworden wäre, wenn er in Kasachstan im mütterlichen Haushalt geblieben wäre."

Der fast beispiellose Gewaltexzess begann im Juli 2003, als der Hauptangeklagte einen befreundeten Georgier zu einer Grube in einem Waldstück bei Herne lockte, die er zuvor eigenhändig ausgehoben hatte und dort tötete. Einige Monate später versuchte Neufeld, einem Jugendrichter genau jenen Mann als angeblichen Entlastungszeugen zu verkaufen, den er im Juli 2003 eigenhändig hingerichtet und vergraben hatte. Die Tatsache, dass er bei diesem Mord ausgesprochen kühl und professionell vorging, brachte Richter Kirfel zu der Vermutung, dass er womöglich noch mehr als die bekannten sieben Opfer geben könnte.

Mordmotiv: Porsche

Ebenfalls in Herne tötete Neufeld im Dezember 2003 einen Düsseldorfer Immobilienmakler, den er mit mehreren Kopfschüssen hinrichtete. "Eigentlich nur aus Gefälligkeit und um an dessen Porsche zu kommen", beschrieb es der Richter. Doch meistens steckten Rivalitäten in der Drogenszene dahinter, wenn Neufeld zur Waffe griff: Bei einem Drogendeal in Rotterdam erschoss Neufeld im Januar 2004 drei Niederländer, die er zuvor gedemütigt und gequält hatte. "Die Opfer lagen an Händen und Füßen gefesselt auf dem Bauch die Situation kann man sich kaum schlimmer vorstellen", so der Richter. Maßgeblich beteiligt war er auch, als ein Mitglied seiner Bande in eine Falle gelockt und mit drei Schüssen in den Rücken ermordet wurde.

Einen Eindruck davon, welch unermessliches Leid die Bande über die Angehörigen ihrer Opfer gebracht haben muss, bekamen die Prozessbeobachter während der Urteilsverkündung. Tränenüberströmt brach die Mutter eines der Opfer zusammen. Als Richter Kirfel erklärt, weshalb er den zweiten Beteiligten an den drei Rotterdamer Hinrichtungen nicht wegen Mordes sondern nur wegen Beihilfe verurteilte, rastete der Vater eines der Opfer aus und drohte: "Ich nehme die Sache jetzt selbst in die Hand."

Eugen Neufelds Verteidiger Heinrich Kill zuckte nur mit den Schultern, als er am Ende der Urteilsverkündung auf die Zukunft seines Mandanten angesprochen wurde: "Ich hoffe, dass er im Gefängnis eine Ausbildung machen kann. Damit er vielleicht noch etwas Sinnvolles anfängt mit seinem Leben."

(ap)
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