Düsseldorf Düsseldorfer lieben Möbel wie vom Flohmarkt

Düsseldorf · Auf Trödelmärkten erzielen Muttis Küchenschränke Rekordpreise, neue Teppiche werden auf benutzt gemacht und vom Stilwerk direkt in die Neubauten in Pempelfort oder Bilk getragen. Woher kommt der Run?

 Frank Thoelens Laden gleicht einer Wohnung. Hier sitzt er auf einem Sofa von de Sede aus den Siebzigern, eine Schweizer Manufaktur für Polstermöbel. Thoelen hat ein Netz von Händlern, die ihm die Stücke besorgen.

Frank Thoelens Laden gleicht einer Wohnung. Hier sitzt er auf einem Sofa von de Sede aus den Siebzigern, eine Schweizer Manufaktur für Polstermöbel. Thoelen hat ein Netz von Händlern, die ihm die Stücke besorgen.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Ach ja, der Eames Lounge Chair, wie viele Leute den nur haben wollen und sich wundern, was das Ding noch kostet, wenn man es tatsächlich irgendwo findet. Frank Thoelen hat es eh nicht so mit Eames, jenem amerikanischen Möbeldesignerpaar, deren Lounge Chair nicht nur einen Ehrenplatz im Museum of Modern Art hat, sondern auch im kollektiven Stil-Gedächtnis der westlichen Zivilisation.

"Eames, das ist Helene Fischer unter den Designern", sagt er, Mainstream also. In seinem Laden "Neurreich" an der Mendelsohnstraße hat er einen Eames-Tisch stehen, Original natürlich. Schöner Tisch, aber die Leuchte, die drüber hängt, die ist wirklich etwas Besonderes: Ein Venini-Leuchter aus den Vierziger Jahren. Er stammt aus der Aula einer italienischen Schule, und spätestens in drei Wochen ziert er wohl ein Wohnzimmer in Flingern oder Bilk oder in den anderen Szene-Vierteln der Republik, in Berlin, Hamburg, München. Thoelen verkauft an Händler in ganz Deutschland. Vier Wochen bleiben die Sachen stehen, dann sind sie weg.

 Kombiniere: Vasen aus Glas, bunte Keramik, ein Vintage-Spiegel und eine alte Werkbank.

Kombiniere: Vasen aus Glas, bunte Keramik, ein Vintage-Spiegel und eine alte Werkbank.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Plunder von Oma beliebt wie nie

Düsseldorf ist ein Mekka für die Liebhaber von alten Möbeln, und nie war der Plunder von Oma beliebter als heute. In Zeiten, in denen neue künstlich gealterte Teppiche teuer verkauft werden, sind Originale aus der Zeit eben noch begehrter. Und weil die Düsseldorfer in den Sechziger und Siebziger Jahren schon gern teure Möbel gekauft haben, ist hier das Angebot groß. In Berlin etwa, wo die Nachfrage nach Möbeln aus jener Epoche riesig ist, konnte sich die feinen Stücke damals kaum jemand leisten.

 Handwerkskunst aus den Fünfzigern: Kleine Blumen aus Kristall verteilen das Licht der Deckenlampe.

Handwerkskunst aus den Fünfzigern: Kleine Blumen aus Kristall verteilen das Licht der Deckenlampe.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Der Run auf die Schätzchen hat mehrere Gründe. In der Modewelt gilt der Auftritt von Julia Roberts bei der Oscar-Verleihung 2001 in einem fast 20 Jahre alten Valentino-Kleid als Initialzündung. In den USA gilt auch die Fernsehserie "Mad Men" als stilbildend. Für Thoelen ist ein Grund auch schlicht die Qualität der Möbel. "Heute besteht das Meiste doch aus einfacher Spanplatte. Die modernen Möbel selbst namhafter Hersteller haben kaum die Qualität." Ein anderer Aspekt ist der ökologische Faktor. Wer alte Sachen weiter benutzt, schont die Ressourcen, sagt Thoelen. Das ist anders als bei vielen Möbel, die nur für den einmaligen Gebrauch gebaut zu sein scheinen und beim ersten Umzug als Sperrmüll an der Straße stehen. Und doch ist auch der Markt für gebrauchte Möbel Trends unterworfen. "Was gar nicht mehr geht, sind Biedermeier oder altdeutsche Möbel. Selbst wenn die von erlesener Qualität sind, werden sie kaum nachgefragt", sagt Thoelen. Dabei könnte gerade solch ein Stück wirken, wenn man es gut kombiniert. Geschmack entstehe aus der Kombination von Flohmarkt, modernem Design und Antiquitäten.

(RP)
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