Land will keine einheitliche Regelung Düsseldorfer Rektoren gegen Vollverschleierung an Schulen

Düsseldorf · Die Debatte um das sogenannte Burka-Verbot betrifft auch die Schulen. In Düsseldorf sprechen sich der Stadtdirektor und Rektoren gegen eine Vollverschleierung im Klassenzimmer aus. Eine landesweite einheitliche Regelung wird es aber wohl nicht geben: Schulministerin Löhrmann hält das für überflüssig.

 Wie viel Verschleierung darf sein? Darüber tobt derzeit in Deutschland eine Debatte.

Wie viel Verschleierung darf sein? Darüber tobt derzeit in Deutschland eine Debatte.

Foto: Radowski

Stadtdirektor Burkhard Hintzsche schließt aus, dass in Düsseldorf vollverschleierte Schüler unterrichtet werden. "Wichtig ist, dass Lehrer die Identität einer Schülerin sowie deren Mimik und Gestik feststellen können", sagt Hintzsche, der im Rathaus den Schulbereich verantwortet. Freilich stellt der Beamte klar, dass es sich um seine persönliche Meinung handelt. Die Entscheidung liege bei den Schulleitern. Und deren Dienstherr sei das Land.

Bei den Rektoren der Landeshauptstadt rennt Hintzsche offene Türen ein. Angelika Pick, Leiterin des Lore-Lorentz-Berufskollegs, sagt: "Vollverschleiert im Unterricht — das lehne ich rundheraus ab. Es wäre mit unseren schulischen 'Regeln für das Miteinander' nicht vereinbar." Die Entscheidung eines Osnabrücker Gerichts, einer Nikab-Trägerin die Teilnahme am Unterricht eines Abendgymnasiums zu untersagen, findet sie richtig. Ohnehin hält sie die Rechtslage für eindeutig. "Wenn ich Individuen unterschiedlich benoten soll, muss ich Individuen voneinander unterscheiden können." Einer ehemaligen Schülerin, die zum Islam konvertiert war und plötzlich vollverschleiert aufs Kolleg-Gelände kam, erteilte sie Hausverbot. Andere Schüler hätten verängstigt auf die Ehemalige reagiert.

"Ich muss meine Schülerinnen erkennen können"

Ähnlich sieht es Klaus-Peter Vogel, Leiter der Gemeinschaftshauptschule an der Bernburger Straße. Einem Schüler, der in einem langen weißen Kaftan in seine Klasse kam, redete er das aus. "Sein Gesicht war zu erkennen, trotzdem habe ich ihm klar gemacht, dass er sich so zum Außenseiter macht." Man könne eben an einer Schule nicht tragen, was man wolle. Das gelte schließlich auch für zu knappe "Hotpants" oder Super-Mini-Kleider. Anderthalb Wochen nach dieser Ansage verließ der Zehntklässler die Hauptschule. Skeptisch ist Vogel allerdings mit Blick auf Regelungen in der Schulordnung. Die Adolf-Klarenbach-Grundschule in Holthausen hatte vor Kurzem festgelegt, dass Mütter von Schulkindern nicht mit Vollschleier ins Gebäude kommen dürfen. "Es gibt womöglich moderatere Strategien", meint Vogel.

Pavle Madzirov, CDU-Schulpolitiker und stellvertretender Leiter des neuen Jüdischen Gymnasiums, ist ebenfalls gegen Verschleierungen im Unterricht. Sie würden für Irritationen sorgen. "Ich muss meine Schülerinnen erkennen können", sagt er. Das sei besonders bei Klassenarbeiten so. Zur Kommunikation gehörten zudem Mimik und Gesten. Ihm wäre es am liebsten, wenn es bundes- oder landesweit eine einheitliche Regelung gäbe.

Doch danach sieht es nicht aus. NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) möchte keine explizite Regelung im Schulgesetz schaffen, wie sie am Mittwoch gegenüber unserer Redaktion bekräftigte. Sie sehe keinen Bedarf, etwas zu verbieten, wenn es auch anders gehe. "Ich kenne keinen Konfliktfall in NRW, der nicht konstruktiv gelöst werden konnte." Die Landesregierung befürworte Lösungen durch die Schulkonferenzen. Diese habe es bereits gegeben nach der Formel "keine Vollverschleierung, aber Kopftuch oder Kippa". Das Grundrecht auf Religionsfreiheit und der Bildungsauftrag der Schule seien dann gewahrt.

Sprecher der Elternschaft mahnt zu Gelassenheit

Klar ist die Haltung der konfessionellen Gymnasien. "Muslime erfahren bei der Anmeldung, dass sie am katholischen Religionsunterricht teilnehmen müssen und auch kein Kopftuch tragen dürfen. Deshalb kommen nur Kinder aus liberal eingestellten muslimischen Familien", sagt Michael Baltes vom St. Ursula-Gymnasium. Dass das Thema an Bedeutung gewinnt, glaubt Michael Jacobs vom evangelischen Theodor-Fliedner-Gymnasium. "Wir haben Förderklassen für Migranten, darunter sind viele Muslime."

Zu Gelassenheit mahnt Thomas Rahm, Sprecher der Elternschaft Düsseldorfer Schulen (EDS). "Eine Verbotsdebatte halte ich beim Thema Pokémon-Manie eher für angebracht. Mit Blick auf die Vollverschleierung ist sie entbehrlich."

(jj)
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