Düsseldorf "Echte Provinzposse": Streit um Erwin-Platz voll entbrannt

Düsseldorf · Oberbürgermeister Thomas Geisel schlägt Empörung entgegen, weil er bei der Platzbenennung nach seinem verstorbenen Amtsvorgänger Joachim Erwin seine Zusage gegenüber der Familie und den Jonges gebrochen hat.

Es war ein Sommerabend, im August, vielleicht Anfang September. Hille Erwin, ihre Tochter Angela, Thomas Geisel und seine Frau Vera sowie Wolfgang Rolshoven, Baas der Düsseldorfer Jonges, saßen vier Stunden im privaten Kreis zusammen. Man sprach darüber, wo Joachim Erwin (CDU), der 2008 verstorbene Oberbürgermeister mit einer Platzbenennung geehrt werden könnte. Geisel hatte im Wahlkampf dem damaligen Rathaus-Chef Dirk Elbers (CDU) vorgeworfen, dass der seinen Amtsvorgänger nicht geehrt hatte, und wollte es anders machen.

Die Runde spielte mehrere Möglichkeiten durch und einigte sich auf den Bereich vor dem Breuninger-Haus im Kö-Bogen. Rolshoven besprach es später im Vorstand der Jonges — und erhielt Zustimmung. "Es gab eine ganz klare Vereinbarung mit den Jonges und der Familie, Herr Geisel hat uns versichert, dass er das durchbekommt", sagt Rolshoven. Die Bilker Arcaden werden die Jonges laut Rolshoven nicht akzeptieren. "Man sollte sich nicht von Dr. Strack-Zimmermann durch die Stadt treiben lassen", sagt er mit Blick auf den Vorstoß der FDP-Chefin, den Bereich vor den Arcaden zu benennen, der von den Ampel-Partnern SPD und Grünen akzeptiert wurde und Geisel von seinem ursprünglichen Plan abrücken ließ.

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Foto: Anne Orthen

Die Jonges wollen der Platzeinweihung vor den Arcaden, sofern sie denn kommt, fernbleiben. Auch Erwins Familie wird dort kaum anzutreffen sein. Hille Erwin zeigt sich tief enttäuscht von Geisels Wortbruch und darüber, dass er die Familie nicht von sich aus über seinen Sinneswandel informiert hat. Ihr Sohn Markus schrieb in einer öffentlichen Stellungnahme: "Bevor ich eine derart unpassende Ehrung akzeptiere, laufe ich lieber durch unser schönes Düsseldorf und erfreue mich an den Dingen, auf denen nicht der Name meines Vaters steht, die er aber realisiert und geprägt hat." Thomas Geisel sagt, dass er "sehr bedauern" würde, wenn der Platz ohne die Familie benannt würde. Es sei aber eine "absolut angemessene Würdigung an einem passenden Ort".

Die Arbeitsgemeinschaft der Düsseldorfer Heimat- und Bürgervereine — sie vertritt mehrere 10 000 Mitglieder — hat jetzt nach eigenen Angaben in Geisels Beisein ihren 2012 formulierten Antrag bekräftigt, im Bereich des Kö-Bogens eine Fläche nach Erwin zu benennen. Er solle nicht als Bürgermeister von (Unter-)Bilk, sondern müsse als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt an einem zentralen Platz geehrt werden.

Die frühere FDP-Chefin Gisela Piltz kritisierte das Verfahren als "unprofessionell und unwürdig, eine echte Provinzposse". Bei Geisel sei "der OB-Lack jetzt ab". Sie verstehe die Haltung ihrer eigenen Partei nicht. Erst heiße es, Erwin solle nach zehn Jahren geehrt werden, nun werde ein "zweitklassiger Platz" vorgeschlagen. FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann kontert ihr und Rolshoven: "In der Politik sollte man sich bewegen, beide sind nicht im täglichen politischen Bereich unterwegs." Sie räumt ein, dass ihre Idee mit den Bilker Arcaden "nicht unkomisch" gewesen sei.

"Es ist in der Kommunikation sehr unglücklich gelaufen", räumt Grünen-Fraktionschef Norbert Czerwinski ein. Die nun ausgebrochene emotionale Auseinandersetzung passe zu Erwin: "Er hat schließlich auch polarisiert.

Lesen Sie hier unsere Pro- und Contra-Kommentare zur Debatte um den Erwin-Platz.

(RP)
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