Düsseldorf Ehrung zählt in Düsseldorf nichts

Düsseldorf · 2004 entwickelte der Düsseldorfer Psychosomatiker Matthias Franz mit seinem Team das Elterntraining "Palme" für alleinerziehende Mütter. Gestern gab es dafür in Berlin den Heigl-Preis.

Düsseldorf: Ehrung zählt in Düsseldorf nichts
Foto: AP, AP

Zuhause will man vom Preisträger aber nichts wissen. Die Freude über die Auszeichnung ist getrübt. Gestern erhielt das an der Heinrich-Heine-Universität entwickelte "Präventive Elterntraining für alleinerziehende Mütter geleitet von Erzieherinnen", kurz "Palme", in Berlin den Heigl-Preis — die mit 10 000 Euro höchstdotierte Würdigung im Bereich der psychosomatischen Medizin.

Doch für Matthias Franz und sein Team hat die Ehrung einen Beigeschmack. Denn bis heute will ausgerechnet die Stadt Düsseldorf von dem Programm keine Notiz nehmen.

Rund um Düsseldorf etabliert

In den Städten rund um Düsseldorf ist Palme hingegen etabliert, in Neuss, in Hilden, in Dormagen und Langenfeld. Das Programm hat Anerkennung von der ehemaligen Familienministerin Ursula von der Leyen, von ihrer Nachfolgerin Kristina Schröder, von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. "Nur hier werden wir mit spitzen Fingern angefasst", beklagt der Mediziner.

Bei einem Infotag für Alleinerziehende in Bilk fehlte "Palme", war nicht eingeladen. Franz: "Ich habe keine Erklärung dafür. Unser Programm ist hochwirksam. Das bestätigen uns Fachleute und Studien. Und immer wieder fragen Mütter bei uns an, warum es ,Palme' hier nicht gibt." Bei dem Programm geht es darum, die alleinerziehenden Mütter aufzufangen, die demoralisiert sind, oder bei denen psychosomatische Beschwerden vorliegen. "70 Prozent der alleinerziehenden Mütter sind mit ihrer Situation unzufrieden. Die finanzielle, gesundheitliche und seelische Belastung ist enorm", erklärt Franz. "Das kann sich auch auf die Beziehung zum Kind und letztlich auf dessen Entwicklung auswirken."

In Gruppensitzungen werden Selbstwahrnehmung, Anforderungen, Belastungen und Emotionen besprochen. Von den Ergebnissen der Studiengruppen ist Franz überzeugt. "Die Depressionsrate ging um mehr als die Hälfte zurück, die Rate der psychosomatischen Belastungen sogar von 65 auf acht Prozent." Argumente, die die Stadt nicht beeindrucken. "Der Jugendhilfeausschuss hat sich für ein anderes Projekt entschieden", erklärt der stellvertretende Leiter des Jugendamtes, Klaus Kaselofsky.

"Familie leben" heißt es und wird vom Jugendamt in Verbindung mit vier Familienbildungswerken und den Kindertagesstätten in den Stadtteilen angeboten. "Wir machen gute Erfahrungen damit", sagt Kaselofsky. Es gibt offene Treffs, Gesprächskreise und Wochenendseminare. "Wir denken, das deckt unseren Bedarf ab."

Franz hingegen greifen die "nicht auf die emotionalen Belastungen miteinander abgestimmten Angebote" auf Sicht nicht weit genug. "Das sind nicht evaluierte Ansätze." Und er stellt klar, dass es ihm nicht allein um finanzielle Förderung der Mütter gehe. "Wir wollen, dass Erzieher Kenntnis von unserem Programm bekommen, sich weiterbilden können, um Müttern im Rahmen von ,Palme' zu helfen."

Immerhin wird sein Ruf im eigenen Hause gehört. Die Gleichstellungsbeauftragte der Uni hat dafür gesorgt, dass "Palme" in den Kindertagesstätten der Uni angeboten wird. Außerdem wird die Uniklinik "Palme" in Kürze in ihre psychosomatische Ambulanz einbauen.

(RP)
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