Düsseldorf Ein Eiscafé kann Erinnerungsort sein

Düsseldorf · Das Projekt der Heinrich-Heine-Universität zum kollektiven Gedächtnis der Stadt trifft auf das Interesse der Bürger. Die Düsseldorfer sollen dabei Dinge vorstellen, die ihnen persönlich erinnerungswert sind und das Bild der Stadt prägen.

 Mitarbeiter Matteo dal Forno reicht das Eis im Café Unbehaun stets im Becher. Derzeit ist das Café allerdings geschlossen.

Mitarbeiter Matteo dal Forno reicht das Eis im Café Unbehaun stets im Becher. Derzeit ist das Café allerdings geschlossen.

Foto: Andreas Endermann

Zusammen mit dem Düsseldorfer Geschichtsverein, dem Stadtarchiv und der Heinrich-Heine-Universität (HHU) ruft die RP die Düsseldorfer dazu auf, typische Dinge aus ihrer Heimatstadt vorzustellen.

Gesucht werden sogenannte "Erinnerungsorte", ein Begriff, mit dem nicht nur topografische Punkte gemeint sind, sondern auch Personen, Ideen, Ereignisse oder Institutionen. Dem Projektteam im Haus der Universität liegen schon zahlreiche ausgefüllte Fragebögen vor, in denen Bürger etwas nennen, das unmittelbar mit Düsseldorf verbunden und für sie selbst identitätsstiften ist. Dazu gehören für viele Kindheitserinnerungen, Plätze also, an denen sie sich gerne aufhalten und Menschen, die sie bewundern.

Unter den bisherigen Favoriten ist die berühmte Kaiserpfalzruine am Kaiserswerther Rheinufer. Ein Bürger wählte die alte Festung, weil dort zeitweise "die Geschichte Europas geschrieben wurde" und "die Geschichte hier immer noch lebendig ist." Der ehemalige Reisewohnsitz der Kaiser diente im Mittelalter auch als Zollfeste für den Schiffsverkehr auf dem Rhein. Für viele Düsseldorfer und Touristen ist er ein beliebtes Ausflugsziel. Die gut gepflegte historische Stätte lädt bei gutem Wetter zu historischen Führungen oder einfach als Ausflugsziel zum Picknick ein.

Das 2002 abgerissene Rheinstadion ist für viele ein ebenfalls ein Ort, an dem Geschichte geschrieben wurde - sei es die des Fußballclubs Fortuna oder die der Fans, die dort ihre Helden bei Heimspielen anfeuerten. "Das Stadion hatte ein gewisses Flair und einen eigenen Charakter. Dort gab es viele packende Fortuna-Spiele", steht als Begründung auf einem Fragebogen, der das Stadion vielleicht zu einem der Düsseldorfer Erinnerungsorte machen wird.

Auch das Eiscafé Unbehaun hat einen großen emotionalen Wert für die Stadt. Seit 100 Jahren gibt es diese Düsseldorfer Institution an der Aachener Straße, zur Saison windet sich die Schlange der anstehenden Eisfreunde weit die Straße entlang. Ein Einreicher erklärt die enge Bindung der Stadt an das urige Lokal: "Frau Unbehaun hatte immer ein Herz für Kinder. Dort gibt es Eis nach altem Rezept, ohne modischen Schnickschnack."

Sonja Grulke, die als wissenschaftliche Hilfskraft zusammen mit Christoph auf der Horst die Erhebung durchführt, freut sich über die eingereichten Fragebögen. Allerdings seien die Erinnerungsorte, unter ihnen neben Fußballer Andreas "Lumpi" Lambertz auch die Kö, der Grafenberger Wildpark und die Kuppel des Botanischen Gartens, bisher sehr "topografielastig", also auf konkrete Bereiche bezogen. "Der Begriff des Erinnerungsorts ist etwas schwierig. Wir fragen nach Dingen, die überdauern, die müssen nicht unbedingt aus der Vergangenheit stammen", erklärt Grulke. "Es geht auch nicht nur um räumliche Orte, sondern um alles, was das Bewusstsein der Düsseldorfer schafft." Auch die Studenten der HHU sind zur Umfrage aufgerufen worden, einen Schlusstermin gibt es noch nicht. "Wir hoffen auf viele Einreichungen", sagt Grulke.

Nach der Auswertung der Bögen sollen Experten aus Bürgerschaft und Universität zu den einzelnen Vorschlägen Aufsätze schreiben. Die Schriften werden abschließend in einer bebilderten Publikation präsentiert. Das Auswertungsergebnis soll schon vorher auf der Internetseite www.zsu.hhu.de/erinnerungsorte vorgestellt werden.

(bur)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort