Düsseldorf Ein Marathon ist nichts für Einzelgänger

Düsseldorf · Am Sonntag starten am Joseph-Beuys-Ufer rund 17.000 Läufer zum 13. Düsseldorf-Marathon. Ein Gespräch mit einer Debütantin und einem ehemaligen Laufprofi zeigt: Konkurrenz gibt es nur unter denen, die aufs Treppchen wollen.

 Latifa Lalee bereitet sich seit Monaten auf den Düsseldorf-Marathon vor - ihren ersten Lauf dieser Länge. Auf der Strecke am Sonntag motiviert sie sich, indem sie die mehr als 42 Kilometer lange Strecke im Geiste aufteilt.

Latifa Lalee bereitet sich seit Monaten auf den Düsseldorf-Marathon vor - ihren ersten Lauf dieser Länge. Auf der Strecke am Sonntag motiviert sie sich, indem sie die mehr als 42 Kilometer lange Strecke im Geiste aufteilt.

Foto: Andreas Bretz

Latifa Lalee wird in wenigen Tagen ihren ersten Marathon laufen. Eine Wette mit einer Kollegin war es, die sie vor einem halben Jahr dazu brachte, an einem Halbmarathon teilzunehmen. Da packte die Hobbyläuferin der Ehrgeiz, seit Januar bereitet sie sich auf die fast 43 Kilometer vor, durch die sie sich kämpfen will. In ihren tausenden Mitläufern sieht sie keine Gegner, sondern eine Motivation.

In viereinhalb Stunden will Lalee die Strecke schaffen - eine ambitionierte Zeitmarke für den ersten Lauf. "Ich habe in einem Buch gelesen, dass man sich in drei Monaten auf einen Marathon vorbereiten kann, wenn man es schafft, zehn Kilometer in einer Stunde zu laufen", sagt Lalee.

Die afghanischstämmige Logopädin versuchte sich vor ihrem jetzigen Job schon als Schauspielerin und Sängerin, sportlich war sie bis vor eineinhalb Jahren nur beim Ballett und Yoga. "Eigentlich keine Sportarten, bei denen man viel laufen muss", sagt Lalee. Das Laufen brachte ihr Sohn Lando bei: "Mit vier Jahren lernte er Fahrradfahren, ich bin immer nebenher gejoggt."

Aus kleinen Jogging-Einlagen in der Mittagspause wurden später größere Trips, bald suchte Lalee Gleichgesinnte. Die fand sie im "Running Team Grafenberg", mit dem sie für den Marathon trainierte. "In einer Gruppe mit 20 oder 30 Personen zu laufen, ist viel motivierender", sagt Lalee. Außerhalb des Marathons bedeutet der Laufsport für sie Erholung, Spaß und Ausgleich. "Man kann sich freilaufen, danach ist der Kopf richtig klar."

Am Sonntag wird es zum ersten Mal ernst. Dafür hat die Debütantin ein Geheimrezept: "Ich denke nicht an die ganze Strecke, sondern stelle mir vor, dass ich nur zehn Kilometer laufe - die schafft man immer." Ist sie dann am Ende einer Etappe, fängt sie im Geiste wieder bei Null an: "Das ist etwas, dass ich auch im Leben wichtig finde. Zu wissen, dass man jederzeit wieder neu anfangen kann." Körperliche Fitness sei zwar wichtig, noch wichtiger aber mentale Stärke und der Wille zum Weiterlaufen.

Laufexperte Bruno Reble, der mit seinen 65 Jahren auf insgesamt 50 erfolgreich absolvierte Marathons zurückblickt, machte andere Erfahrungen. Der erste Düsseldorf-Marathon im Jahr 2003 war gleichzeitig der letzte Marathon für Reble. Mit einer Zeit von sechs Stunden kam er gerade noch ins Ziel. Dort war ihm klar, dass er es nicht noch einmal versuchen würde. "In dem Moment, wo man sich quälen muss, sollte man sich andere Sportarten suchen", sagt Reble. Die zweite Hälfte war für ihn gewissermaßen ein Spaziergang: Er musste gehen.

Auch zu Beginn seiner Läuferkarriere 1989 hatte er mit der Langstrecke kämpfen müssen. "Mein erster Marathon war ein Fiasko. Am Anfang ist man beflügelt, die Endorphine schießen ins Blut - und dann kommt der Mann mit dem Hammer." Aber er versuchte es weiter. Seine Bestzeit von drei Stunden und 14 Minuten erreichte er 1994 bei einem Lauf am Timmendorfer Strand.

Erstläufer wie Lalee ermutigt Reble, "ins kalte Wasser zu springen". Wichtig sei es, sich im Training auf keinen Fall zu große Strecke zuzumuten, sondern sich stufenweise und mit kleinen Erfolgserlebnissen an die Marathondistanz heranzutasten. Bevor er den ersten Lauf angeht, müsse ein Läufer die Laufroute "erfassen" - ohne eine Proberunde geht es nicht. Wichtig sei auch die richtige Einstellung gegenüber den Mitläufern. "Beim Lauf braucht man Ablenkung, man muss miteinander reden", sagt Reble.

Wirkliche Konkurrenzkämpfe gebe es bei Marathons nur unter den Top-Ten, die "Marathoni des Mittelfelds" seien durchaus für ein Schwätzchen gut. "Wenn man sich nicht mehr unterhalten kann, ist man zu schnell", sagt der Experte. Eine der besten Motivationen seien der Rückhalt und das "Wir-Gefühl" einer Lauf- oder Trainingsgruppe: "Wichtig ist auch die Pokalübergabe nach dem Lauf. Vor allem von Pokalen, die so eine Schaumkrone oben drauf haben."

(bur)
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