Düsseldorf Ein Zentrum für Schilddrüsen-Leiden

Düsseldorf · Jeder dritte Düsseldorfer leidet an einer Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse. Hilfe bietet das Kaiserswerther Kompetenzzentrum Schilddrüse. Operiert wird dort nur, wenn es nicht anders geht.

Diese Krankheit ist ein Allerweltsleiden: Jeder dritte Düsseldorfer leidet an einer Störung der Schilddrüse. Mit gravierenden Folgen. Denn das Organ im Hals produziert lebenswichtige Hormone für den Stoffwechsel, das Nervensystem und das Herz. Dazu braucht die Schilddrüse Jod, das in Nahrungsmitteln nicht unbedingt ausreichend vorhanden ist. "Rechtzeitig erkannt, können die meisten Störungen durch Medikamente behoben werden", versichert Professor Karl-Heinz Schultheis vom Kompetenzzentrum Schilddrüse am Florence-Nightingale-Krankenhaus in Kaiserswerth, einem von 21 solcher Zentren in ganz Deutschland. Seine Botschaft: "Wir operieren nur, wenn es unbedingt sein muss."

Die Krankheit bleibt oft lange unbemerkt. Denn erste Symptome sind ganz unterschiedlich, je nach dem, auf welche Weise die Schilddrüse aus dem Takt geraten ist. So löst eine Überfunktion Nervosität aus, manchmal auch Herzrasen und Hunger bei gleichzeitiger Gewichtsabnahme. Bei einer Unterfunktion wird der gesamte Stoffwechsel gedämpft, das Herz schlägt langsamer, der Mensch fühlt sich schlapp, hat Verdauungsprobleme. Außerdem kann sich das Organ stark vergrößern, dann bildet sich ein Kropf. Schultheis: "Der entsteht, weil die Schilddrüse versucht, das wenige Jod optimal zu nutzen."

Wie gut die Schilddrüse arbeitet, ist vor allem genetisch bedingt. Allerdings lässt sich durch die Ernährung die Jodzufuhr beeinflussen – 200 Milligramm pro Tag sollten es sein. Heute steht jodiertes Salz in jedem Supermarktregal, auch die Bäcker verwenden es für ihr Brot. Seefisch ist außerdem stark jodhaltig, deshalb sprechen Experten immer noch von einem Nord-/Südgefälle: in Bayern, wo der Kropf früher bei den alten Frauen fast selbstverständlich war, wird deutlich weniger Fisch gegessen als in Norddeutschland. Und Düsseldorf? Schultheis: "Liegt in der Mitte, nicht nur geografisch."

Eine Unter- oder Überfunktion der Schilddrüse wird durch einen Bluttest und die Ultraschalluntersuchung diagnostiziert. Und meistens reichen Medikamente aus, um die Störung zu regulieren. Wenn die Medizin aber nicht wirkt, oder sich Knoten bilden, die im Hals Druckgefühle auslösen, "dann muss operiert werden", so Schultheis. Zumal wenn Gefahr besteht, dass diese Knoten bösartig sind. Im Düsseldorfer Zentrum werden jedes Jahr mehr als 300 Patienten operiert, eine Zahl, die seit Jahren steigt. Schultheis möchte seinen Patienten die Angst vor der OP nehmen: "Wir arbeiten mit Lupenbrillen, Komplikationen sind bei uns extrem selten." So würden die gefürchteten Stimmbandlähmungen nur bei unter einem Prozent aller Patienten auftreten. Wichtig sei es auch, dass die lebenswichtigen Nebenschilddrüsen nicht beschädigt werden. Denn ihre Funktion könne man durch Medikamente nicht so einfach ersetzen.

Bei weniger als zehn Prozent aller Patienten sind die Schilddrüsenknoten bösartig, dann wird das Organ komplett entfernt. Die Experten versichern, dass die Prognose trotzdem sehr positiv sei.

(RP)
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