Königsallee in Düsseldorf Eine Frau für die Sicherheit

Düsseldorf · Tatjana Schächterle arbeitet als "Doorman". In Geschäften nahe der Kö begrüßt sie die Kunden und schaut möglichen Ladendieben auf die Finger. In einer männlich geprägten Branche ist sie ein seltener Anblick.

 Entschieden und selbstbewusst, die Haare streng nach hinten: Tatjana Schächterle ist als "Doorman" im Einsatz - hier bei Manefactum.

Entschieden und selbstbewusst, die Haare streng nach hinten: Tatjana Schächterle ist als "Doorman" im Einsatz - hier bei Manefactum.

Foto: Anne Orthen

Wer rund um die Kö einkaufen geht, für den sind Herren in dunkler Kleidung am Eingang ein gewohnter Anblick. "Doormen" werden sie auch genannt. Sie begrüßen die Kunden und sollen schon durch ihre Anwesenheit Ladendiebe abschrecken. Tatjana Schächterle ist so ein Doorman - den passenderen Begriff der Doorwoman gibt es nicht.

Wenn sie bei Manufactum oder anderen Geschäften rund um die Kö im Einsatz ist, dann stutzen manche Kunden für einen kurzen Moment und schauen noch einmal genauer hin. Die Haare straff zurückgekämmt, sehr schlank und trainiert, strahlt sie eine große Portion Entschiedenheit und Selbstbewusstsein aus. "Ich werde häufig angesprochen, oft gerade auch von Frauen", sagt Tatjana Schächterle und lacht.

Dass sie als einzige Frau bei dem Unternehmen Mitsafeguard arbeitet, ist für sie nichts Besonderes. "Ich habe schon als Kind mit Jungs Fußball gespielt. Ich mag Menschen und arbeite gerne mit Männern zusammen", sagt die 29-Jährige, die als alleinerziehende Mutter nahe bei ihren Eltern in Bilk lebt.

Nach Düsseldorf kam die Familie aus der Ukraine, als sie 16 Jahre war. Das erste Jahr an der Gesamtschule war hart, erinnert sich Schächterle. Sie lernte fleißig und machte die Fachoberschulreife. "Ich wollte gerne mit Beamten zusammenarbeiten, der Polizei oder dem Zoll." Um dort selbst eine Ausbildung zu absolvieren, fehlte ihr aber die Qualifikation, und so besuchte sie in Ratingen die Akademie für Sicherheit und Wirtschaft.

Für ihren ersten Job, bei einer Firma in Düren, pendelte sie viel, sammelte aber auch etliche interessante Erfahrungen: Bei Konzerten in Dortmund war sie für Künstler wie die Sängerin Anastacia als Personenbegleitung eingesetzt, bei Fußballspielen hat sie erlebt, wie Situationen mit randalierenden Fans auch einmal eskalieren können. "Langweilig ist das nie", sagt Schächterle. Und genau das ist schließlich auch ein wichtiger Grund, warum sie ihren Beruf so mag. Gefragt sind auch große Geduld, Menschenkenntnis und gute Kommunikation. "So etwas lernt man nicht in der Ausbildung, sondern im Laufe der Zeit durch Beobachtung", sagt sie.

All das sind Fähigkeiten, die sie auch für den Job bei ihrem jetzigen Düsseldorfer Arbeitgeber gut gebrauchen kann. So ist sie gemeinsam mit Kollegen auch für eine Hausverwaltung in einem sozialen Brennpunkt in Hassels im Einsatz. In der Vergangenheit hatten dort immer wieder Brände für Schlagzeilen gesorgt. "Wir kontrollieren zum Beispiel Keller, Treppenhäuser und leerstehende Wohnungen", berichtet Schächterle. Seit ein, zwei Jahren ist in dem Wohngebiet Ruhe eingekehrt, auch weil die Sicherheitsfirma rund um die Uhr die Stellung hält.

Ihren professionellen Blick schaltet Schächterle auch nicht ab, wenn sie privat mit Freunden unterwegs ist. "Ich muss immer beobachten, das macht mir Spaß. Außerdem bin ich jemand, der immer gerne in Bewegung ist." Und noch etwas hat sie mit der Zeit bei der Begegnung mit fremden Menschen verinnerlicht. "Ich vertraue niemandem." Denn sie hat mitbekommen, wie sich andere von schick gekleideten Menschen im Geschäft haben täuschen lassen.

Überhaupt, sagt sie, darf man sich von der äußeren Erscheinung nicht in die Irre führen lassen. Schließlich bezahlen auch Menschen in abgerissener Kleidung wie die meisten anderen die Ware an der Kasse. "Verdächtig ist nur das Verhalten", sagt sie. Wenn beispielsweise jemand verschiedenste Produkte immer wieder in die Hand nimmt, kann er ihrer Aufmerksamkeit sicher sein.

Dass Situationen eskalieren, erlebt sie ganz selten. Dafür gewappnet ist sie schon. Sonntags trainiert sie mit ihren Kollegen Boxen und Selbstverteidigung. Wird sie gefragt, wie sie diese respektgebietende Ausstrahlung erzielt, zuckt die selbstbewusste 29-Jährige die Achseln, lacht und sagt: "Das ist Erfahrung, die man nach außen bringt. Wirklich erklären kann man das nicht."

(RP)
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