Thomas Görner Eine Paketstation für die Schadowstraße

Düsseldorf · Der Geschäftsführer von Foto Koch spricht über Ideen, mit denen lokale Händler im digitalen Zeitalter bestehen können sowie über Gastronomie und Events für die Schadowstraße nach ihrem Umbau.

 Thomas Görner an der neuen U-Bahn-Haltestelle an der Schadowstraße: "Die Wehrhahn-Linie hilft uns schon sehr."

Thomas Görner an der neuen U-Bahn-Haltestelle an der Schadowstraße: "Die Wehrhahn-Linie hilft uns schon sehr."

Foto: Anne Orthen

Was haben Sie zuletzt im Internet gekauft - und warum?

Thomas Görner Ich habe zum ersten Mal Wein übers Internet bestellt, sonntags auf der Couch und aus denselben Gründen, die auch alle anderen haben, die von der Couch aus einkaufen: weil es bequem ist, weil man Zeit hat zu recherchieren und weil man die Ware nach Hause geliefert bekommt.

Was machen Sie jetzt mit Ihrem schlechten Gewissen?

Görner Als stationärer Händler muss man differenzieren zwischen Online-Geschäft und Amazon. Ich bin Online-Shopper, versuche aber, kein Amazon-Kunde zu sein. Ich möchte, dass die Steuergelder in Deutschland bleiben und hier Arbeitsplätze entstehen. Online-Handel schafft Wirtschaftskraft.

Auch bei Ihnen?

Görner Wir haben mit Foto Koch seit den 70ern einen Versandhandel und haben schon 1999 einen Online-Shop aufgebaut. Damals sind wir belächelt worden, weil wir unseren Katalog so früh abgeschafft haben, heute genießen wir die Vorteile unseres Vorsprungs.

Welche sind das?

Görner Bei uns ist es egal, ob jemand eine Ware übers Internet bestellt und hier abholt oder sich hier beraten lässt und die Ware nach Hause schicken lässt. Für den Berater muss der Abholer genauso ein Kunde sein wie jeder andere. Couch-Shopping ist super - wenn die Leute beim lokalen Einzelhändler kaufen.

Warum könnten die Kunden das denn tun?

Görner Das kann gelingen, wenn der Händler alle Vorteile des Internets auch bietet: Das sind vor allem Verfügbarkeit und Flexibilität. Wir brauchen ein großes Lager und müssen bei der Abholung beziehungsweise Lieferung verschiedene Modelle anbieten. Dann können wir unseren Vorteil ausspielen: Wir kuratieren im Geschäft, bieten dem Kunden so eine Orientierung und Inspiration sowie Beratung. Das alles kann Amazon nicht. Amazon ist letztlich eine Suchmaschine.

Bleibt die Frage des Preises. Wie können lokale Einzelhändler, die Miete für gute Lagen bezahlen müssen, mit dem Internetanbieter konkurrieren?

Görner Da ist einiges im Umbruch. Es wird keine Mietverträge mehr über 20 Jahre geben. Die Vermieter müssen sich darauf einstellen, erfolgsbezogene Mieten zu entwickeln. Nehmen Sie unseren Nachbarn hier: Mazda ist für einen Monat dort eingezogen. Die wollen gar keinen Umsatz machen, die wollen einen Monat für ihre Wagen werben. Ähnlich war es mit dem temporären Weinladen von Aldi auf dem Schadowplatz, da sollte das Produkt Wein nach vorne gebracht werden. Das ist richtungsweisend.

Wie setzten Sie solche Gedanken in Ihrem Geschäft um?

Görner Auch unser Geschäft erhält stärker den Charakter eines Showrooms. Wir hatten zum Beispiel am Photo-Weekend sonntags geöffnet. Der Laden war voll, obwohl die Kunden nichts kaufen konnten. Es könnte also in Zukunft eine Idee für uns sein, häufiger sonntags zu öffnen.

Letztlich bleibt aber das Problem, dass der Internethändler immer geöffnet hat. Wie reagieren Sie auf diesen Nachteil?

Görner Ich könnte mir eine Art Paketstation für die Schadowstraße vorstellen. Kunden, die länger als bis 20 Uhr arbeiten müssen, bestellen ihre Ware auf der Schadowstraße und können sie aus der Station holen, wenn sie Feierabend haben.

Was sagen die anderen Händler der Schadowstraße dazu?

Görner Es erscheint aktuell noch schwierig, 20 Logistiksysteme und 20 Warensysteme für eine solche Station unter einen Hut zu bringen. Ich hoffe aber, dass wir das Experiment noch dieses Jahr angehen. Mittelfristig müssen wir auch über Bike- und Carsharing reden.

Warum?

Görner Die Kunden dürfen nicht die Ausrede haben, dass es so schwierig ist, in die Stadt zu kommen. Deshalb könnten wir, wenn die Schadowstraße zur Fußgängerzone geworden ist, Ständer fürs Bike-Sharing etwa auf den Platz vor Karstadt stellen oder Plätze in den umliegenden Parkhäusern für Carsharing vorhalten. Die Wehrhahn-Linie hilft uns schon sehr, das müssen wir aber noch mit anderen Verkehrsarten kombinieren.

Sie haben für eine Fußgängerzone gekämpft. An der Nordstraße wehren sich die Händler gerade gegen eine Fußgängerzone. Wer hat Recht?

Görner Vermutlich beide. Wir haben hier ja eine Hybridlösung gefunden. Vormittags darf Anliegerverkehr fahren, tagsüber und bis abends ist es dann eine Fußgängerzone. Ich finde den Entwurf für die Schadowstraße nicht uninteressant, aber es fehlt die Aufenthaltsqualität. Sie haben zwischen Wehrhahn und Schadowplatz keinen Grund, sich mal auf eine Bank zu setzen.

Wie könnte man das ändern?

Görner Die Mieten sind hier zu hoch für Gastronomen, deshalb gehen die Menschen, die hier im Umfeld arbeiten, mittags zur Immermannstraße oder in die Schadow Arkaden. Die Stadt könnte aber Flächen auf der Straße günstiger vermieten und Gastrozonen schaffen. Die Immermannstraße hat sich schon toll entwickelt, das könnte jetzt hier anschließen.

Das wird angesichts der Bauarbeiten für den Kö-Bogen II aber noch bis 2019 oder 2020 dauern. Wie wollen Sie diese Zeit überbrücken?

Görner Ich hoffe auf Entgegenkommen der Stadt, so dass schon mal temporäre Lösungen möglich werden, etwa ein Foodtruck. Mit Events wie einem neuen Schadowstraßenfest oder einem Open-Air-Kino müssen wir sicher noch bis 2020 warten, aber vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit, sich am Japan-Tag zu beteiligen. Es wäre doch schön, wenn man auch hier etwas davon mitkriegen würde.

NICOLE LANGE UND CHRISTIAN HERRENDORF FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

(RP)
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