Kolumne Mein Düsseldorf Eine Stadt geht vor die Hunde

Meinung | Düsseldorf · Professionelle Hundesitter, Physiotherapeuten und Luxusboutiquen - des Menschen bester Freund ist heute zum Statussymbol geworden.

Am Anfang wollen wir kurz die fiesen Sachen schildern: In Düsseldorf leben (offiziell) rund 20 000 Hunde, täglich hinterlassen sie ca. fünf Tonnen von dem Zeug, dessen Name vorne mit Sche- anfängt und hinten mit -iße endet. Wer, wie ich, linksrheinisch nicht weit vom Fluss wohnt, glaubt sich am Rande eines riesigen Hundeklos. Würden wir hier in jede Hinterlassenschaft ein Fähnchen stecken, die Deiche und Wiesen wären beflaggt wie zu einer Parade.

Ach ja, das zur Klärung noch - wir haben auch einen Hund, seit Anfang 2014. Davor lebte der Letzte bei uns bis 1995, das ist also 20 Jahre her. Düsseldorf und seine bellenden Vierbeiner haben in dieser Zeit ihr Zusammenleben sehr verändert, vor allem ist es komplizierter, aufwendiger, ergo: teurer geworden. Als Nicht-Hundehalter ist dieser Trend völlig an mir vorbeigegangen. Jetzt jedoch bin ich mitten drin - oft staunend, oft verärgert, bisweilen fassungslos, nicht selten amüsiert.

Wann ging das eigentlich los mit diesen Hunde-Service-Anbietern? Einen einsamen Dienstleister namens Hundeausführdienst gab's damals schon. Aber nur einen. Heute sind ein Dutzend unterwegs, mindestens. Einige machen ihren Job gut, Respekt dafür. Andere nicht, wie man sehen kann, wenn eine völlig überforderte Mittvierzigerin in Barbourjacke und Gummistiefeln mit sechs unerzogenen Kötern an der Leine versucht, Max, Lola, Minchen und-wie-sie-alle-heißen daran zu hindern, Kaninchen zu jagen, andere Hunde zu beißen oder auf die Wege zu . . . na ja, Sie wissen schon. Gelingt ihr das? Nun ja, manchmal.

Und dann sind da noch die echt Betroffenen. Sie sind leicht zu erkennen, weil sie mit ihren Hunden diskutieren - im Stil von "Du, Amadeus, das macht mich jetzt aber richtig traurig, dass Du der Umbra ins Ohr beißt!" Amadeus ist das so wurscht wie Mozart die letzte Weinrechnung, und Umbra hat künftig nicht nur einen doofen Namen, sondern auch noch ein perforiertes Ohr. Andere Dog-Sitter (so heißt das heute) machen es besser, bieten sogar die Huta an - abgekürzt für Hundetagesstätte. Oder Physiotherapie, wie bei Gangwerk. Letzteres kann zumindest nicht schaden, hoffen wir jedenfalls.

Der Gipfel ist jedoch das am Hund orientierte Einzelhandelskonzept. Coco von Knebel, Dog's-Deli, Hundestolz: alles Luxus-Läden nur für Hunde - spätestens dort mutieren Dackel und Dobermann zum ausstaffierten Statussymbol, für das tausende Euro auszugeben kein Problem ist. Eher für Otto-Normal-Herrchen sind Einkaufszentren wie Fressnapf da. Sie bieten eine derartige Vielfalt von Tierfutter an, dass es schon die Spürnase einer bayrischen Bracke braucht, um das Richtige zu finden. Zumal die Ernährung der Viecher - einst Chappi, Pal und sonst nix - zur Wissenschaft geworden ist. Auf der Speisekarte stehen Entenfleisch, Büffel, Pferdefleisch, mit Getreide, ohne Getreide, Rind oder Schwein, gerne auch mit verschiedenen Kräutern oder Gemüse. Ernsthaft wird über das Barfen diskutiert - man ist ebenso heftig dafür wie dagegen. Dahinter steckt - ich kannte den Begriff bis vor kurzem nicht - die Frage, ob man dem Hund rohes Fleisch gibt oder nicht. Glaubt man den Gegnern, ist das pures Gift - was Fuchs, Wolf und andere Verwandte unseres canis lupus familiaris kalt lässt, ihnen bekommt die frisch gejagte Mahlzeit auch ohne grüne Beilage gut. Der Haushund dagegen soll Trockenfutter mampfen, was er gerne tut, uns dafür aber mit einem regelrecht explodierenden Stoffwechsel bestraft: Offenbar kann er den größten Teil dieses Zeugs nicht verdauen und scheidet es wieder aus. Mehrmals am Tag, in enormen Mengen.

Womit wir wieder bei Sche vorne und iße hinten und der Sache mit den Fähnchen - s.o. - wären.

(RP)
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