Düsseldorf Eine Zentrale gegen Jugendkriminalität

Düsseldorf · An der Klosterstraße in Düsseldorf wird derzeit das "Haus des Jugendrechts" vorbereitet. Jugendamt, Polizei und Staatsanwaltschaft sollen dort gemeinsam arbeiten. Wann es eröffnet wird, ist noch nicht klar.

 Im ehemaligen Caritas-Gebäude an der Klosterstraße (rechts mit Balkonen) soll das Haus des Jugendrechts entstehen.

Im ehemaligen Caritas-Gebäude an der Klosterstraße (rechts mit Balkonen) soll das Haus des Jugendrechts entstehen.

Foto: sg

Wo früher die Caritas Familien etwa in Erziehungsfragen beriet, soll das Haus des Jugendrechts einziehen. Die Planungen sind schon im Gange, derzeit ermittle die Stadt "gemeinsam mit den Partnern" die Kosten für notwendige Umbauten, teilte eine Sprecherin des städtischen Jugenddezernenten Burkhard Hintzsche mit. Erst wenn die Zahlen auf dem Tisch liegen, kann der Zeitplan aufgestellt werden.

Ob die für Ende des Jahres geplante Eröffnung tatsächlich dann stattfinden kann, ist derzeit offen. Denn nach der Kostenfeststellung wird auch darüber diskutiert werden, wer die Rechnung am Ende bezahlt. Und da könnte zum Knackpunkt werden, was einerseits den Reiz des Projekts ausmacht: Es gibt viele Beteiligte - mit eigenen Budgets. Das Haus mit Leben füllen sollen nämlich die Stadt, die einen Teil des Jugendamts schickt, die Polizei, deren Jugendkommissariat dort einziehen wird, die freien Träger der Jugendgerichtshilfe und die Justiz, die den Jugenddezernenten der Staatsanwaltschaft schickt.

Bislang lief die Zusammenarbeit vor allem per Telefon und E-Mail, und sie lief, wie der kontinuierliche Rückgang der Jugendkriminalität belegt, nicht schlecht. Doch der Innen- und der Justizminister haben sich nach dem Erfolg des ersten Jugendrechtshauses in Köln dafür stark gemacht, das Konzept landesweit anzuwenden. Und inzwischen sehen auch in Düsseldorf die Beteiligten eine Menge Vorteile im gemeinsamen Gebäude. Der größte wird das Tempo sein, in dem die Institutionen reagieren können.

Die Rollenverteilung der künftigen Büro-WG ist klar: Die Polizei bringt die Arbeit ins Haus - wenn ein Kind oder ein Jugendlicher ins kriminelle Milieu abzurutschen droht, sind die Jugendfahnder die ersten, die davon erfahren. Sie suchen dann in der Regel zuerst auch den Kontakt zu den Eltern. Und wenn sie im Elternhaus auf Probleme stoßen, schalten sie das Jugendamt ein. Bislang geht das über Einschätzungsberichte, künftig dann eben auch mal auf dem kurzen Dienstweg. Die Idee: Jugendamt und Polizei behalten ihre Klientel und deren Entwicklung so noch besser im Auge, können früh reagieren und überlegen, welche Maßnahmen für einen Fall - für das Kind und seine Familie - geeignet sind. Die verschiedenen Präventionsprogramme wie "Kurve kriegen" für straffällig gewordene Kinder und "Gelbe Karte" für jugendliche Ersttäter werden ebenso im Haus des Jugendrechts organisiert, und auch die Termine für die Fallkonferenzen über jugendliche Intensivtäter werden einfacher zu arrangieren sein.

Dass das Projekt sich rechnen wird, kann Hintzsche wissenschaftlich belegen. Laut einer Studie der Prognos AG verringert sich durch die konsequente Umsetzung der Präventionsprogramme auch der gesellschaftliche Schaden. "Jeder jugendliche Intensivtäter soll demnach die Gesellschaft im Schnitt fast 1,7 Millionen Euro kosten", sagt Hintzsche. "Das Geld, das wir zum Gegensteuern in die Hand nehmen, ist also gut angelegt."

Die Zahl der Intensivtäter - Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die innerhalb eines Jahres mindestens fünf Straftaten und darunter mindestens eine Gewalttat begangen haben - ist derzeit mit etwa 70 niedrig wie nie. Sorgen macht der Polizei aber die Intensität der Straftaten. "Die Gewaltbereitschaft ist hoch, ebenso das Aggressionspotenzial, das sich bei Jugendlichen oft schon in ihrer Sprache zeigt", sagt Wolfgang Wierich, Leiter des Jugendkommissariats. Empathie sei seltener geworden, und auch die Fähigkeit, Konflikte durch Gespräche zu bereinigen, sei nicht nur den jungen Leuten abhandengekommen. "Auch Eltern lösen typische Schulhofauseinandersetzungen nicht mehr untereinander, sondern schalten gleich die Polizei ein."

(RP)
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