Zug der Erinnerung Eklat in Düsseldorf: "Nazi Mehdorn"

Düsseldorf · Der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise, hat den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Hartmut Mehdorn, als Nazi und als "Führer der neuen Reichsbahn" bezeichnet.

Mehdorn als "Nazi" beschimpft
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Bei der Eröffnung der mobilen Ausstellung "Zug der Erinnerung" über die Deportation von Kindern und Jugendlichen im Nationalsozialismus sagte Szentei-Heise gestern im Düsseldorfer Hauptbahnhof: "Wenn Herr Mehdorn im Dritten Reich in derselben Position gewesen wäre wie heute, hätte er mit großer Überzeugung Deportationen angeordnet." Mehdorn habe "bewiesen, dass er ein innerlicher Nazi" sei.

Hintergrund ist der Ärger der Ausstellungs-Macher über die Haltung der Bahn AG: Sie unterstütze die Ausstellung nicht finanziell, sondern berechne vielmehr u.a. bis zu 40 Euro pro Stunde Aufenthalt in einem Bahnhof. Für den viertägigen Halt in Düsseldorf müssen die Organisatoren nach eigenen Angaben 10000 Euro aufbringen.

"Für mich hat es den Anschein, als ob es den heutigen Verantwortlichen im Nachhinein leid tut, Kleinkinder damals kostenlos in den Tod befördert zu haben", sagte Szentei-Heise. Diese Geldeinbuße, sagte er weiter, wolle man heute wohl durch Gebühren für den "Zug der Erinnerung" gutmachen. Er spielte damit darauf an, dass Erwachsene damals für die eigene Deportation ein Ticket der Reichsbahn lösen mussten; Unter-Sechsjährige fuhren gratis. "Ich fordere die Reichsbahn von heute auf, sie möge die Finanzierung der Fahrten dieses Zuges von lächerlichen 100000 Euro aus den Gewinnen entnehmen, die sie seinerzeit mit den Todestransporten der erwachsenen Deportierten gemacht hat", so Szentei-Heise.

Der "Zug der Erinnerung" dokumentiert das Schicksal Hunderttausender Kinder und Jugendlicher, die in der NS-Zeit mit Zügen der Reichsbahn in Vernichtungslager gebracht wurden. In Düsseldorf waren es mindestens 123, die vom Güterbahnhof Derendorf in den Tod fuhren. An sie und alle anderen - Juden, Sinti, Roma und andere Opfergruppen - erinnert die Ausstellung im Zug mit Fotos und Dokumenten. Auch die Rolle der Reichsbahn und ihr Erbe spricht die Schau an. Der Leiter der Gruppe Sonderzüge, zu der Deportationen zählten, wurde nach Kriegsende Amtsrat bei der Hauptverwaltung der Bundesbahn in Frankfurt.

Ziel des Zuges, der auf ehemaligen Deportationsstrecken fährt, ist am 8. Mai die Gedenkstätte Auschwitz in Polen, an dem Tag, an dem 1945 der Zweite Weltkrieg endete.

(RP)
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